Lesen-Hören-Resonanzen
Seniorin initiiert Literaturkreis für Seniorenhausbewohner
Ehrenfeld - (as). „Ich denke, in diesem Bild benutzte Chagall die Farbe Rot
als Platzhalter für das pralle Leben“, meint eine ältere Dame.
„Für mich steht die Leiter als Symbol für die Verbindung zwischen
Himmel und Erde“, ergänzt ein Herr im Rollstuhl mit Blick auf die
DINA-4-große Farbkopie von Chagalls Bild „Die Jakobsleiter“, die
auf seinem Schoß liegt.
Für die acht Senioren, die sich an diesem Morgen in der Kapelle des
Seniorenhauses Heilige Drei Könige eingefunden haben, liegt die
letzte Bildbeschreibung schon Jahrzehnte zurück, was jedoch ihrer
Interpretations- und ihrer Diskussionsfreudigkeit keinen Abbruch tut.
„Ich glaube, das Fazit ist, dass man Tagträume einfach zulassen
sollte“, philosophiert eine andere Teilnehmerin und schaut
erwartungsvoll in die Runde. „Lesen-Hören-Resonanzen“ lautet seit
Mai ein neues Angebot für Literatur interessierte Bewohner des
Seniorenhauses Heilige drei Könige in Ehrenfeld. Ins Leben gerufen
und geleitet wird das Projekt von Barbara Poeplau-Wahle. „Ich kenne
diese Einrichtung noch aus der Zeit, in der mein verstorbener Ehemann
hier betreut und gepflegt wurde. In dieser Zeit wurde mir schnell
klar, dass helfende Hände immer willkommen sind.“ Nach dem Tod
ihres Mannes wollte sich die Kölnerin gerne im Haus und für die
Bewohner ehrenamtlich engagieren. „Als ausgebildete Lehrerin
begleitete mich die Liebe zur Literatur und zur Sprache durch mein
ganzes Leben. Die Leitung des Literaturkreises bietet eine wunderbare
Möglichkeit, dem nachzukommen und auch andere dafür zu
begeistern.“ Unterstützung bei der Konzeption des Projektes erhielt
die engagierte Seniorin von Marc Stutenbäumer, dem Leiter des
Seniorenhauses.
Seit fünf Monaten fährt Poeplau-Wahle nun alle vier Wochen, immer
dienstags für zwei Stunden, ins Seniorenhaus nach Ehrenfeld, um dort
mit den Bewohnern zu lesen. Passend zur Jahreszeit sucht sie Gedichte,
kleine Geschichten oder Buchpassagen zum Vorlesen aus. „Manche der
Literaturkreis-Teilnehmer hören einfach nur zu, andere kommen
miteinander ins Gespräch. Nicht selten wecken die Texte auch
Erinnerungen bei einigen Teilnehmern“, sagt Barbara Poeplau-Wahle.
Zu sehen, wie sich daraus dann lebhafte Diskussionen entwickeln, freut
sie sehr. „Anfangs hatte ich Sorge, dass das Angebot keine Resonanz
bei den Bewohnern auslöst. Aber das ist offensichtlich nicht der
Fall. Ich bin erstaunt, wie froh auch ich nach den Literaturstunden
nach Hause gehe“, fährt die rüstige Seniorin fort.
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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