Philosophie des verkehrlichen Miteinanders
Verkehrskonzept "Shared Space"
Ehrenfeld - (cb). Kommt „Shared Space“ für die Heliossstraße? Das war die
Leitfrage für eine Diskussionsrunde im Foyer des Ehrenfelder Vereins
für Arbeit und Qualifizierung (eva), zu der die Bürgerinitiative
Helios eingeladen hatte. Die fordert, die Heliosstraße in einen
„Raum für alle“ umzugestalten. „Die Idee der Bürgerinitiative
Helios, die Heliosstraße in einen Shared Space, also einen Raum für
alle, zu verwandeln, wurde 2012 im Beteiligungsverfahren
„Heliosforum“ vertieft und im Kodex als Grundlage der weiteren
Planung fixiert. Es ist nun an der Zeit, die Zukunft der
Straßenräume rings um das Heliosgelände zu diskutieren und ein
innovatives Verkehrskonzept umzusetzen“, erklärt Hawe Möllmann,
Sprecher der Bürgerinitiative Helios.
Denn das Heliosgelände wird sich in den nächsten Jahren zu einem
neuen Stadtquartier im Herzen von Ehrenfeld verwandeln: Die inklusive
Universitätsschule IUS, ein bundesweit einzigartiges Modellprojekt
der Universität und der Stadt Köln, ist in Planung. Für weitere
Neubauten, eine Veranstaltungshalle mit Ateliers, Wohngebäude,
Geschäfte, Büros und Gastronomie, die sich um die denkmalgeschützte
Rheinlandhalle gruppieren, wird ein Bebauungsplan verabschiedet.
Ebenfalls würden im weiteren Planungsprozess Freiflächen eingeplant
und für Durchgängigkeit auf dem Heliosgelände gesorgt, betonte die
Leiterin des Stadtplanungsamts, Anne-Luise Müller.
Die Heliosstraße und der Übergang an die Venloer Straße zum Bahnhof
Ehrenfeld erhalten künftig also eine völlig neue Bedeutung.
„Shared Space“ scheint da ein probates Mittel, um Verkehr zu
entschleunigen und Begegnungsräume zu schaffen. Verkehrliches
Miteinander im öffentlichen Straßenraum sei nicht neu. Denn schon
vor 100 Jahren sei es normal gewesen, dass sich Fußgänger mit
Kutschen, Pferdefuhrwerken, ersten Straßenbahnen und Automobilen den
Straßenraum geteilt hätten, sagte Stadt- und Verkehrsplaner
Jörg-Thiemann-Linden. In nachfolgenden Jahren musste man sich von
diesem Mischprinzip allerdings verabschieden, als die Dichte der
motorisierten Verkehrsteilnehmer zunahm. Zur Sicherheit von
Fußgängern wurden Bürgersteige notwendig, um Verkehrsflächen durch
Trennung zu ordnen und im Sinne einer autogerechten Stadt Konflikte zu
vermeiden. Seit den 1990er-Jahren setze nun mit dem Konzept von
„Shared Space“, dem „gemeinsamen Raum“, eine Gegenbewegung
ein, durch die in ganz Europa in Städten bereits neue
„Begegnungsräume“ geschaffen wurden. Nach dieser
Planungsphilosophie soll der vom Kfz-Verkehr dominierte öffentliche
Straßenraum lebenswerter, sicherer sowie im Verkehrsfluss verbessert
werden. Charakteristisch ist dabei die Idee, auf Verkehrszeichen,
Signalanlagen und Fahrbahnmarkierungen zu verzichten. Gleichzeitig
sollen die Verkehrsteilnehmer vollständig gleichberechtigt werden,
wobei die Vorfahrtsregel weiterhin Gültigkeit besitzt.
Die IG Helios sieht in dieser Philosophie des entspannten Miteinanders
aller Verkehrsteilnehmer, die bislang noch nicht in der
Straßenverkehrsordnung verankert ist, eine Chance für die
Heliossstraße, speziell für den geplanten öffentlichen Platz
unterhalb des „Heliosturms“ und den Einmündungsbereich an der
Venloer Straße. „Shared space für die Heliosstraße und den neu
geschaffenen Bahnhofsvorplatz als attraktiver Begegnungsraum aller
Verkehrsteilnehmer würde funktionieren“, konstatierte
Verkehrsplaner Thiemann-Linden. Und auch die Verwaltung scheint der
Idee nicht abgeneigt zu sein.
Klaus Harzendorf, Leiter des Amtes für Straßen- und Verkehrstechnik,
ließ in der anschließenden Diskussion durchblicken, dass er sich
zumindest für einen Teil der Heliosstraße „Shared Space“
vorstellen könne. „Wir haben aber dazu allerdings noch keinen
Entwurf. So weit sind wir noch nicht. Problematisch könnte allerdings
die Anbindung an die Venloer Straße werden“, so der Amtsleiter.
Kein Fall für „Shared Space“ ist nach Ansicht von Verkehrsplaner
Thiemann-Linden der stark befahrene Ehrenfeldgürtel. Aber auch die
Vogelsanger Straße sei ein „schwieriger Fall“, der in
Abhängigkeit vom Wandel von der Gewerbeanbindung zum Schulumfeld zu
sehen sei. „Die Kreuzung Vogelsanger Straße/ Ehrenfeldgürtel ist
verkehrlich gesehen hochbelastet. Durch den künftigen Zugang zur
Schule und die Platzflächen nahe an der Kreuzung ergeben sich
sicherlich Konflikte, die gelöst werden müssen. Aber wenn das alles
so einfach wäre, würden wir hier nicht stehen“, räumte Klaus
Harzendorf ein.
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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