Weiterer Rechtsstreit droht
6. Änderung des Bebauungsplans 14.3 Gewerbegebiet Ost III

Erweiterungsmöglichkeiten für den Netto-Markt sind Bestandteil der vorgesehenen Änderung des Bebauungsplans. | Foto: Archiv/Deitenbach
  • Erweiterungsmöglichkeiten für den Netto-Markt sind Bestandteil der vorgesehenen Änderung des Bebauungsplans.
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Eitorf - Die sechste Änderung des Bebauungsplans 14.3 Gewerbegebiet Ost III
„Im Auel“ steht auf der Tagesordnung des Planungsausschusses heute
und droht weiteren Rechtsstreit im Zusammenhang mit der Neuordnung im
Gewerbegebiet zu verursachen. Es laufen bereits eine Klage vor dem
Verwaltungsgericht Köln gegen den Rhein-Sieg-Kreis im Kontext der
Ablehnung einer Bauvoranfrage zur Etablierung neuen Einzelhandels im
früheren Extra-Baumarkt sowie eine Klage auf gerichtliche
Überprüfung der gemeindlichen Veränderungssperre vor dem
Oberverwaltungsgericht Münster.

Aktuell steht die Abwägung eingegangener Bedenken gegen die
Bauleitplanung im vorgezogenen Beteiligungsverfahren zur Debatte.
Bedenken von Trägern öffentlicher Belange werden unter anderem
vorgebracht von der Industrie- und Handelskammer wegen unpräziser
Angaben zu erlaubten Verkaufsflächen des Supermarktgebäudes und
erheblicher Funktions-, Nutzungs- und Wertverlusten der ehemaligen
Baumarktimmobilie, seitens des Rhein-Sieg-Kreises bezüglich einer
unzureichenden Vermassung und seitens des Einzelhandelsverbands, der
Bedenken äußert, Eitorf könne Gefahr laufen, im Wettbewerb mit
großflächigen Einzelhandelsstandorten in Nachbarkommunen
zurückzufallen und Kaufkraftabflüsse zu erleiden. Kritisch sieht der
Einzelhandelsverband auch die Verhinderung von Investitionen, die die
Stadt im Ganzen als Wirtschafts- und Versorgungsstandort stärken und
zusätzliche Arbeitsplätze und Gewerbesteuern generieren könnten.
Auf einige Anregungen geht die Verwaltung in ihren
Abwägungsvorschlägen ein, in maßgeblichen Punkten hält sie jedoch
an ihrer Auffassung fest.

Potential für weitere Klagen bieten aber vor allem die Einwendungen
von Privaten. Dabei handelt es sich um die Hans Josef Limbach KG als
Eigentümerin der Immobilien von REWE-Markt und ehemaligem
Extra-Baumarkt sowie REWE West als Hauptmieter beider Gebäude und
PETZ REWE als Untermieter derselben. PETZ REWE betreibt den REWE Markt
und hat auch den ehemaligen Baumarkt langfristig gemietet. Seit 2015
bestehen weitere Untermietverträge mit Aldi, dm und dem bislang im
Supermarkt integrierten Blumenmarkt. Sowohl Limbach wie auch REWE und
PETZ REWE haben ihre Einwände über ihre Anwälte mitteilen lassen.

Der Anwalt von REWE/PETZ REWE bezweifelt, ob eine Schwächung des
Gewerbegebiets, dem auch nach dem gemeindlichen BBE-Gutachten eine
wesentliche Versorgungsbedeutung zukomme, städtebaulich sinnvoll sei.
Des Weiteren reklamiert er eine Ungleichbehandlung, wenn einerseits
dem benachbarten Netto-Markt eine signifikante Erweiterung zugebilligt
werden solle, andererseits der REWE-Markt nicht nur planerisch auf den
derzeitigen Bestand festgeschrieben, sondern nach der planerischen
Konzeption künftig nicht einmal in der vorliegenden Form weiter
betrieben werden dürfe. Die rechtlichen Anforderungen an die
vorgeschriebene Interessensabwägung seien nicht im Ansatz
ersichtlich, auch sei es nicht zu rechtfertigen, einzelne
Einzelhandelsbetriebe zum Nachteil von anderen zu stärken, führt der
Anwalt weiter aus. Dies bezieht er nicht nur auf Netto, sondern
verweist auf weitere großflächige Einzelhandelsbetriebe nördlich
des aktuellen Plangebiets (Lidl), die, wenn man ein konsequentes
städtebauliches Konzept verfolgen würde, ebenfalls zu überplanen
wären.

Auch der Anwalt der Limbach KG sieht den Gleichbehandlungsgrundsatz
verletzt und befürchtet neben den drastischen
Nutzungseinschränkungen für den ehemaligen Baumarkt langfristig auch
einen Leerstand des Lebensmittelmarkts. Er reklamiert einen Verstoß
gegen das Abwägungsgebot und sieht einen Eingriff in das
Eigentumsgrundrecht seiner Mandantin, das einer (Teil-)Enteignung
gleichkomme. Im Fazit erweise sich die vorliegende Bauleitplanung
weder städtebaulich erforderlich noch abwägungsfehlerfrei.

Die Einwände allein bergen bereits reichlich Zündstoff, doch
wirklich verärgert zeigt sich Thomas Limbach, Geschäftsführer der
Limbach KG, über die Abwägungsvorschläge der Verwaltung an die
Politik, die seines Erachtens eine Reihe von Fehlinformationen
enthalten. So entbehrten die angeführten Zahlen der Verkaufsflächen
jeder Grundlage. Alleine der REWE-Markt einschließlich
Blumengeschäft umfasse knapp 3.000 Quadratmeter Verkaufsfläche, dazu
kämen etwa 472 Quadratmeter für den kik-Markt. Eine Festschreibung
auf 2.500 Quadratmeter für das Kerngeschäft plus 175 auf die
Bereiche Backwaren, Lotto und Feinkost biete also keinesfalls wie
behauptet Erweiterungsreserven sondern sei faktisch eine
Verkaufsflächenreduzierung.

Hinsichtlich des ehemaligen Baumarkts begründe die Verwaltung ihre
Nutzungseinschränkungen unter anderem mit für einen Baumarkt nicht
ausreichenden Stellplätzen. Sie unterstelle auf dem gemeinsamen
Parkplatz beider Immobilien derzeit maximal 35 Stellplätze für den
Baumarkt. Die im Zuge einer Änderung der Stellplatzaufteilung 2014
seitens des Rhein-Sieg-Kreises erteilte Genehmigung weise hingegen
für die gemeinsame Nutzung der verschiedenen Geschäfte einen
Gesamtbedarf von 258 Plätzen als erforderlich, vorhanden und
nachgewiesen aus. Als unhaltbar bezeichnet er auch die
Verwaltungsbehauptung, eine Ausweisung des Baumarktareals als
eingeschränktes Gewerbegebiet stelle mit deutlich größerer
Nutzungsvielfalt auch bessere Entwicklungsmöglichkeiten für den
Eigentümer dar als die alte Bauleitplanung. Für Limbach ist diese
Behauptung der Gipfel der Unverschämtheit, denn er entspreche nicht
den Tatsachen und stelle einen unberechtigten Eingriff in seinen
Besitzstand dar. Die künftig zulässigen Nutzungen seien kaum
realisierbar, schon gar nicht ohne erhebliche Investitionen. Zudem sei
die Immobilie langfristig für Einzelhandelsnutzung vermietet und der
Mietzins für eine künftig beispielsweise erlaubte Lagernutzung stehe
in keinem Verhältnis hierzu. Darüber hinaus seien bisher für beide
Immobilien zusammen rund 14.000 Quadratmeter baurechtlich zulässig,
da zweigeschossige Bebauung möglich. Die neuen Festsetzungen stellten
schon alleine aufgrund ihrer Flächenvorgaben eine Enteignung dar.
Auch erschließe sich nicht, wieso ausschließlich seine Immobilie den
Entwicklungsabsichten im Ortszentrum entgegenstehen sollte. Noch vor
gut zehn Jahren habe die Gemeinde in unmittelbarer Nähe ein
Fachmarktzentrum genehmigen wollen, aktuell werde in geringem Abstand
eine Lidl-Filiale komplett neu gebaut und im Zuge der
Bebauungsplanänderung solle dem benachbarten Netto-Markt eine
großzügige Erweiterung zur Standortsicherung ermöglicht werden.
Gerade letzteres schwäche jedoch tatsächlich die bisherigen
Entwicklungspläne im Ortskern. Sollte doch Netto als wichtiger
Ankermieter eigentlich ins geplante Fachmarktzentrum im
Schulgassenareal übersiedeln. Nicht nur die einseitig gegen sein
Unternehmen gerichtete Neuordnung des Gewerbegebiets Im Auel sei
rechtlich unhaltbar, auch das ausgewiesene Ziel der
Bebauungsplanänderung, die Stärkung des Ortszentrums und die
Verhinderung defizitärer Entwicklungen im zentralen
Versorgungsbereich, werde mit der vorliegenden Planung konterkariert.

Redakteur/in:

RAG - Redaktion

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