Chaos beim Einzelhandel
Bezirksregierung unterbindet Erweiterungen
Eitorf. Während alle Versuche einer Einzelhandelsentwicklung auf Schulgassen- oder Rathausareal bisher gescheitert sind, arbeitet die Gemeindeverwaltung weiterhin zielstrebig daran, die weitere Einzelhandelsentwicklung im Gewerbegebiet „Im Auel“ zu unterbinden. Genötigt hierzu sieht sie sich einmal mehr durch Weisung der Bezirksregierung (BezReg), die jetzt verlangt, die Verfestigung einer sogenannten Einzelhandelsagglomeration zu verhindern. Eine solche liegt vor, wenn die räumliche Konzentration mehrerer, auch für sich einzeln nicht großflächiger Einzelhandelsbetriebe, zur Beeinträchtigung zentraler Versorgungsbereiche wie dem Ortskern führen könnte. Die Verhinderung einer möglichen Agglomeration war bisher nicht Teil der Bauleitplanung, doch in der von der Gemeinde vorgelegten Begründung zum Bebauungsplanentwurf wurde die Frage einer Agglomeration aufgeworfen und im März von der BezReg bestätigt. Direkte Folgen hat das zwar aktuell nur für die Planungen auf REWE- und Nettoareal, da nur sie von der anstehenden Änderung des Bebauungsplans 14.3 betroffen sind, aber auch eine künftige Flächenvergrößerung beim Discounter LIDL, der benachbart im Bereich des B-Plans 14.2 liegt, wäre damit nicht mehr möglich. Ausweislich der Begründung gilt es darüber hinaus inzwischen als wahrscheinlich, dass auch die anderen Teilgebiete des B-Plans 14.3 einer gerichtlichen Überprüfung nicht standhalten würden. Konsequenzen hieraus wurden bisher noch nicht weiter thematisiert.
Um nun bei der aktuellen Änderung des B-Plans der Agglomeration entgegen zu wirken schlägt die Verwaltung vor, lediglich noch den baurechtlich genehmigten Bestand festzuschreiben, ohne die nach ihrer Lesart im ersten Entwurf noch zugestandenen Puffer für Entwicklungen. Massive Kritik kommt erneut von der Eigentümerin des REWE-Areals, der Hans Josef Limbach KG, vertreten durch Geschäftsführer Thomas Limbach.
Beim REWE-Markt, der seit zwölf Jahren nicht mehr modernisiert wurde, hat zwar die Verwaltung inzwischen ihre lange umstrittene Flächenberechnung korrigiert, will jedoch mit Blick auf die Gesamtverkaufsfläche neuerdings die Flächen von kik-Markt und Blumengeschäft getrennt vom Lebensmittelmarkt als eigenständige Einheiten ausweisen. „Das widerspricht der Genehmigung des Kreises, die ausdrücklich ein zusammenhängendes Einkaufszentrum beinhaltet. Darüber hinaus ist auch eine Festlegung auf die aktuellen Nutzungen für Bekleidung und Blumen, die willkürlich zustande gekommen ist aufgrund weiterer Untervermietung durch die selbst nur als Untermieter von REWE fungierende PETZ REWE, nicht zu rechtfertigen“, empört sich Limbach, mit dem die Gemeinde nach seinen Angaben bisher keinerlei Abstimmungsgespräche geführt hat. Auch die neu festgelegte Obergrenze für den Baumarkt, basierend auf einer PETZ REWE erteilten Baugenehmigung, beschnitten seine durch Urteile des Verwaltungsgericht Köln begründeten Rechte, ergänzt Limbach, der durch die Pläne der Gemeinde den kompletten Standort bedroht sieht. Seine Anwälte hatten bereits bei der letzten Offenlage erhebliche Rechtsfehler moniert und eine Klage angekündigt. Die Geschäftsführung von PETZ REWE wollte sich auf Anfrage nicht zum Sachstand ihres Eitorfer Standorts äußern.
Nicht nur die komplexe Rechtslage und das langjährige Verfahren erschweren der Politik ihre Aufgabe. Auch die komplizierten Vertragsverhältnisse, die Rechte und Pflichten zwischen Eigentümer Limbach, Mieter REWE sowie Untermieter und Betreiber PETZ REWE regeln und sich auch auf die Vertragsparteien im ehemaligen Baumarkt erstrecken, tragen zur Konfusion bei. Dazu kommen völlig konträre Aussagen beteiligter Fachleute. So sieht die BBE Handelsberatung in ihrem Gutachten Risiken für den Ortskern, während der Einzelhandelsverband Bonn-Rhein-Sieg-Euskirchen fordert, die Bauleitplanung im Auel grundlegend zu Gunsten marktgerechter Entwicklungschancen zu überdenken. Auch die Verknüpfung der Bauleitplanung im Auel mit der Städtebauförderung für den Ortskern trägt weiterhin zur Verunsicherung bei.
So kündigte Sascha Liene (FDP) gleich zu Beginn der Beratung im Fachausschuss an, seine Fraktion werde den Verwaltungsvorschlag ablehnen. Die Bezirksregierung habe die Daumenschrauben mit den neuen Vorgaben nochmals angezogen und verhindere damit jegliche Entwicklung, garantiere im Gegenzug aber keinesfalls Fördermittel fürs Zentrum. Mit geschätzten zwei Millionen Euro Eigenanteil an der Neugestaltung des Marktplatzes könne man ohne Auflagen und Einschränkungen auch selbst viel erreichen. Für die Grünen schloss sich Martin Otten diesen Ausführungen voll und ganz an, für Dietmar Tendler (SPD) ergab sich daraus erneuter Beratungsbedarf in der Fraktion. Stadtplanerin Michaela Straßek-Knipp drängte hingegen, die BezReg erwarte konkrete Signale der Gemeinde. Bürgermeister Rainer Viehof warb für den neuen B-Plan, weil seines Erachtens auch ohne diesen künftig keine Flächen über den Bestand hinaus genehmigt werden dürften. Nachdem sich aber auch Laura Fassbender (CDU) für eine Verschiebung, möglichst in eine Sondersitzung in vier Wochen, ausgesprochen hatte, erhob Tendler seinen Vorschlag für einen Aufschub zum Antrag, der einstimmig angenommen wurde.
Freie/r Redaktionsmitarbeiter/in:Renate Deitenbach aus Eitorf |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.