Kleinod zeitgenössischen Kirchenbaus
Denkmalschutz für St. Josef aufgeschoben

Die Denkmaleigenschaft von St. Josef umfasst ausdrücklich auch die beeindruckende Deckenkonstruktion. | Foto: Archivbild: Deitenbach
  • Die Denkmaleigenschaft von St. Josef umfasst ausdrücklich auch die beeindruckende Deckenkonstruktion.
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Eitorf - Neben der pastoralen Zukunft von Sankt Josef beschäftigt eine Gruppe
engagierter Gemeindemitglieder auch die Sorge um das
außergewöhnliche Bauwerk selbst, das nach Plänen des Siegburger
Architekten Hans Lob Ende der 1960er-Jahre gebaut wurde. Der
zwölfeckige Zentralbau, einzigartiges Kleinod zeitgenössischen
Kirchenbaus, gilt als herausragendes Zeugnis
architekturgeschichtlicher Entwicklung. Im März 2017 bekundete der
Kirchenvorstand (KV) in einer Sitzung des Pfarrgemeinderats (PGR)
erstmals öffentlich seine Absicht die Kirche zu schließen. In die
Suche nach Nachnutzungsmöglichkeiten sollten die Gemeindemitglieder
eingebunden werden. Da der KV als letzte Alternative auch einen Abriss
der gesamten Anlage, verharmlosend „Rückbau“ genannt, nicht
ausschloss, beantragte die Konzeptgruppe Sankt Josef im April 2017,
unterstützt von gut 50 Unterzeichnern, die Kirche unter Denkmalschutz
zu stellen.

Seither läuft ein Verfahren, das nun im Eitorfer Rat seinen Abschluss
finden sollte. In einer Vorlage für den vorberatenden Bauausschuss
räumte der Erste Beigeordnete Karl-Heinz Sterzenbach ein, dass selbst
ohne Anträge eine Prüfpflicht der Gemeinde als Untere
Denkmalbehörde „von Amts wegen“ bestände, die jedoch seit
Jahrzehnten nicht systematisch wahrgenommen würde. Mit Bezug auf ein
Gutachten des LVR und eine eingehende Prüfung im Austausch mit der
Fachbehörde hielt Sterzenbach fest, dass die vorhandenen
Denkmaleigenschaften eine ermessenslose Eintragung in die Denkmalliste
erforderten. Das Gutachten liegt seit Juni 2019 vor. In der
Begründung der Denkmaleigenschaft hält die Gemeinde fest, dass an
Erhalt und Nutzung von St. Josef ein öffentliches Interesse besteht,
weil sie architekturgeschichtliche, kirchengeschichtliche,
ortsgeschichtliche und städtebauliche Bedeutung habe. Die
Unterschutzstellung betrifft dabei das äußere Erscheinungsbild der
gesamten Anlage ebenso wie sichtbares Tragwerk und Deckenkonstruktion
im Innenraum.

In einer Stellungnahme von Februar 2020 wendet sich die
Kirchengemeinde vehement gegen eine Unterschutzstellung. Sie
unterstellt persönliche Interessen der Initiatorin und hält andere
Bauten Lobs für ausreichend zur Würdigung seines Lebenswerks. Als
Gründe gegen eine Unterschutzstellung führt sie an, die Kirche habe
keine pastorale Zukunft, der aktuelle bauliche Zustand sei
grenzwertig, der hohe Instandsetzungs- und Unterhaltungsaufwand nicht
zumutbar und die wirtschaftliche Zukunft der Kirchengemeinde
gefährdet. Durch den (2019 per Beschluss des PGR selbst
herbeigeführten) Status der „Nicht-Notwendigkeit“ der Kirche,
seien Zuschüsse des Erzbistums nicht zu erwarten, zudem würden
Nachnutzungsmöglichkeiten extrem eingeschränkt und eine
Veräußerung erschwert. Dass auch ein Abbruch nicht mehr möglich
wäre wird nicht explizit erwähnt, klingt aber an beim Argument, eine
Unterschutzstellung stehe einer zukunftsorientierten städtebaulichen
Entwicklung im Weg.

All diese Einwände hat die Gemeindeverwaltung abgewogen, als
nicht-entscheidungserheblich zurückgewiesen und den politischen
Gremien die Unterschutzstellung dringlich nahegelegt. Dennoch drängte
die CDU-Fraktion, unterstützt von der SPD, auf weiteren Aufschub der
Angelegenheit. Markus Reisbitzen begründete den CDU-Antrag auf
Vertagung mit Fragen seiner Fraktion hinsichtlich der Auswirkungen
einer Unterschutzstellung, der Pläne der Kirchengemeinde für das
Areal, des Nutzungskonzepts der Projektgruppe und
Fördermöglichkeiten für eine Sanierung. Zudem beantragte er einen
Ortstermin mit allen Verfahrensbeteiligten. Reisbitzen räumt auf
Nachfrage des EB ein, dass der CDU ein Einvernehmen beider Lager sehr
wichtig sei, hält die Fragen aber auch in Bezug auf eine sachgerechte
Entscheidung zum Denkmalschutz für unverzichtbar.

Die Kirche, vertreten durch Pfarrer Johannes Mikrut und Mitglieder des
KV, bekundet auf Anfrage des Extra-Blattes, ihr sei ein Austausch mit
der Politik im Vorfeld einer Entscheidung wichtig. Sie räumt ein,
sich bereits wegen einer Profanierung von Sankt Josef im Gespräch mit
dem Erzbistum zu befinden. Außerdienststellung und Außerbetriebnahme
sind bereits erfolgt. Abrissüberlegungen weist der KV - ungeachtet
gegenteiliger Aussagen in der PGR- Sitzung von 2017 - von sich. Man
verfolge aktuell zwei Alternativen.

Ohne Denkmalschutz böten sich verschiedene Nutzungsmöglichkeiten.
Doch auch mit Denkmalschutz gäbe es Interessenten für eine
Nachnutzung im sozialen Bereich, die jedoch vorab wissen möchten, was
dann noch machbar sei. Die beabsichtigte Nachnutzung sei vorteilhaft
für die Gesamtgemeinde, insbesondere für die geplanten Neubaugebiete
in Eitorf West. Eine Umsetzung sei dabei nur Hand in Hand mit der
Zivilgemeinde möglich. Sollten Denkmalauflagen jedoch diese Nutzung
verhindern, werde man sich um weitere Interessenten bemühen.

Unabhängig von Nutzungsinteressen kann der LVR bei Verweigerung des
Eintrags in die Denkmalliste durch den Rat auch unmittelbar eine
Entscheidung des Kreises als Obere Denkmalbehörde herbeiführen.

Redakteur/in:

RAG - Redaktion

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