Deutliche Unterdeckung
Die Gebühren für Flüchtlingsunterkünfte sollen steigen

Die Gemeinde Eitorf unterhält langfristig Sammelunterkünfte, wie hier das ehemalige Hotel Obereiper Mühle. | Foto: Archiv Deitenbach
  • Die Gemeinde Eitorf unterhält langfristig Sammelunterkünfte, wie hier das ehemalige Hotel Obereiper Mühle.
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Eitorf - Die Gemeinde Eitorf unterhält für die Unterbringung von
Asylsuchenden, Aussiedlern und Obdachlosen gemeindeeigene und
angemietete Objekte als Übergangswohnheime. Diese müssen nach
Kommunalabgabengesetz als kostenrechnende Einrichtungen geführt
werden, für die Benutzung sind Gebühren zu zahlen. Im Zuge der
letzten Flüchtlingswelle mussten viele zusätzliche Unterkünfte
bereitgestellt werden, viele davon wurden inzwischen wieder
aufgegeben, andere als dauerhafte Wohnungsreserve eingerichtet,
saniert oder ausgebaut. Zurzeit hält die Gemeinde 23 Unterkünfte
unterschiedlicher Größe vor. Die letzte Gebührenkalkulation
erfolgte im Frühjahr 2016, seither werden pro Person 65 Euro Miete,
120 Euro Nebenkosten und 30 Euro Stromkosten in Rechnung gestellt,
insgesamt je Monat 215 Euro.

Für Asylsuchende trägt im Prinzip die Gemeinde Eitorf diese Kosten,
da die Gemeinde während des Verfahrens für die Unterbringung
zuständig ist, die Kosten sollten allerdings durch das Land erstattet
werden. Über die Auskömmlichkeit der Landeserstattung wird immer
wieder diskutiert. Nach Abschluss des Verfahrens bleiben
Asylberechtigte oft weiter in Gemeindeunterkünften, wenn sie auf dem
freien Markt keine Wohnung finden. In diesen Fällen zahlen meist
andere öffentliche Stellen, wie beispielsweise das Jobcenter, die
Kosten der Unterbringung. Asylberechtigte mit auskömmlichem eigenem
Einkommen müssen die Kosten selbst tragen, auf Unterbringungskosten
für abgelehnte aber noch hier lebende Menschen bleibt die Gemeinde
sitzen.

Die aktuellen Gebühren wurden jetzt im Rahmen einer Nachkalkulation
für die Jahre 2016 bis 2018 überprüft. Dabei ergaben sich deutliche
Unterdeckungen. Nun soll der Hauptausschuss am 29. April eine
Neukalkulation beraten, der Rat am 13. Mai die neuen Gebühren
beschließen. Für die Neukalkulation geht die Gemeindeverwaltung von
einer Sollbelegung von 218 Personen für eine 100-prozentige
Auslastung aus, für 2019 rechnet sie mit Kosten von 675.000 Euro im
Bereich der Unterkünfte. Bei einer Vollbelegung resultierten daraus
Kosten von 258 Euro pro Person. Darüber hinaus sind jedoch bisherige
Unterdeckungen in den Folgejahren teilweise auszugleichen.

Damit Leerstände nicht von den Gebührenzahlern getragen werden
müssen wurden Auslastungsquoten errechnet. Für 2016 betrug die
Auslastung 100 Prozent, für 2017 noch 93 und für 2018 noch 70
Prozent. Die Unterdeckung der Vorjahre beträgt gut 406.000 Euro. In
Relation gesetzt zur Auslastung müssen davon knapp 338.000 Euro
umgelegt werden, so dass ein weiterer Gebührenbedarf von monatlich 32
Euro entsteht. Die neue Gebühr soll nach Vorschlag der Verwaltung ab
Juli erhoben werden und künftig 290 Euro betragen. Die Grundgebühr
soll dabei von 65 auf 186 Euro erhöht, die Nebenkosten auf 104 Euro
gesenkt werden. So können für ein Zimmer von 25 Quadratmeter bei
Belegung mit vier Personen knapp 1.200 Euro Nutzungsgebühren
anfallen. Aus Sicht der Gemeinde ist die Kalkulation nachvollziehbar
und ermöglicht es, den tatsächlichen Aufwand bei anderen
Kostenträgern geltend zu machen. Sorgen machen sich jedoch Betroffene
und Flüchtlingspaten von Menschen die die Gebühren selbst zahlen
müssen, weil sie sich um Arbeit bemüht haben und über eigenes
Einkommen verfügen. Finden sie nach Abschluss des Asylverfahrens
keine Wohnung, bleiben sie als Obdachlose ebenso in gemeindlichen
Unterkünften wie noch im Verfahren befindliche Personen, die qua
Gesetz trotz eigenem Einkommen dort wohnen bleiben müssen. Hierbei
hat die Kommune allerdings einen Ermessensspielraum.

Oft leben Flüchtlinge mit mehreren Personen in einem Zimmer, teilen
sich mit Bewohnern weiterer Zimmer Küche und Bad. Bei Personen mit
eigenem Einkommen kann das bedeuten, dass sie für sechs oder acht
Quadratmeter Wohnraum plus Gemeinschaftsküche und Bad künftig
monatlich 290 Euro aus eigener Tasche zahlen müssen. Für sie
bedeutet die Änderung eine Mieterhöhung von mehr als 30 Prozent,
betrachtet man nur die Grundgebühr ohne Nebenkosten, sogar um fast
200 Prozent. Für wenig mehr Miete könnten sie alleine eine komplette
Wohnung mieten, zu Dritt oder zu Viert würde selbst eine großzügige
Wohnung deutlich weniger kosten. Eine Sonderregelung für arbeitende
Selbstzahler, die sie davor schützt, durch Andere verursachte Kosten
zu tragen und auch dem erklärten Ziel der Integration von
Asylsuchenden in Arbeitsmarkt und Gesellschaft Rechnung trägt, ist
nicht vorgesehen.

Redakteur/in:

RAG - Redaktion

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