Schulsozialarbeit
Einstimmiger Beschluss - Umsetzung aber fraglich

Eltern, Lehrer und Schüler drängen sich im Ratssaal, um für auskömmliche Schulsozialarbeit zu demonstrieren. | Foto: Deitenbach
  • Eltern, Lehrer und Schüler drängen sich im Ratssaal, um für auskömmliche Schulsozialarbeit zu demonstrieren.
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Eitorf - Spannend verlief die erneute Diskussion zu Umfang und Finanzierung der
Schulsozialarbeit. Sie endete mit einem einstimmigen Beschluss des
Rates für Erhalt und Fortführung der Schulsozialarbeit im früheren
Umfang von 173,5 Stunden im Monat, doch ob überhaupt und falls ja,
wann der Beschluss auch in die Praxis umgesetzt werden kann, bleibt
fraglich.

Gleich zu Beginn der Sitzung ließ Bürgermeister Dr. Rüdiger Storch
den im September gefassten Beschluss zur Reduzierung der
Schulsozialarbeit auf 105 Stunden aufheben. Damit folgte er nach
eigenem Bekunden einer dringenden Empfehlung der Kommunalaufsicht.
Dort waren Beschwerden wegen formaler Mängel bei der Beschlussfassung
eingegangen, und auch ohne abschließende Bewertung der
Kommunalaufsicht sollte die weitreichende Entscheidung aus Gründen
der Rechtssicherheit wiederholt werden (wir berichteten).

Für die nicht als Geschäftsordnungsantrag wahrgenommene und daher
abgewiesene Wortmeldung von SPD-Ratsherr Andreas Huber entschuldigte
sich Storch und auch die missverständlichen Ausführungen der
Verwaltung, die den Eindruck erweckt hatten, das neue
Stundenkontingent sei von den Schulleitungen gebilligt worden,
bedauerte er. Auf Antrag von Jochen Scholz (Grüne) wurde eine
Stellungnahme von Schulleitungen und Schulpflegschaften der von der
BFE-Fraktion beantragten Aussprache zu den Irritationen der letzten
Ratssitzung vorangestellt.

Für die Schulleitungen machte Marianne Engländer-Klein, Leiterin der
Sekundarschule, in einer gemeinsamen Erklärung erneut Relevanz und
Stellenwert der Schulsozialarbeit deutlich, hielt fest, dass ihre
Fortführung an allen Schulstandorten im vollen Umfang notwendig sei
und die Schulen zu keiner Zeit um Angabe von Mindestbedarfen oder um
Zustimmung zum Beschlussvorschlag der Verwaltung gebeten worden seien.
„Von einer Zustimmung zum Beschlussvorschlag nehmen wir definitiv
Abstand“, so Engländer-Klein.

Andreas Reisinger, Pflegschaftsvorsitzender der Schule an der Sieg und
Sprecher der vereinigten Schulpflegschaften, verwies auf den schon bei
Einführung in 2011 hohen Bedarf für Schulsozialarbeit und darauf,
dass dieser seither kontinuierlich gestiegen sei. Er appellierte auf
Zustimmung zum Anliegen von Eltern, Lehrern und Schülern, die so
zahlreich die Sitzung besuchten, dass der Zuhörerraum des Ratssaals
bei weitem nicht allen Platz bot. Gleichzeitig bot er die
Unterstützung der Schulpflegschaften an, um gemeinsam mit Politik und
Verwaltung beim Land die Übernahme der finanziellen Verantwortung
für die Schulsozialarbeit einzufordern.

Nach einem Rückblick auf die Ereignisse, die als Kompromiss zwischen
notwendiger Unterstützung von Schülern und ihren Familien, der
Finanzierbarkeit der Aufgabe und der finanziellen Schmerzgrenze von
CDU und FDP zu der verwaltungsseitig vorgeschlagenen
„Minimallösung“ mit 105 Stunden geführt hatten, kam Storch zum
Pferdefuß einer möglichen neuen, über den Ursprungsbeschluss
hinausgehenden Entscheidung: Just am Sitzungstag war der
Zuwendungsbescheid für die Jahre 2019 und 2020 im Rathaus
eingegangen. Dieser fußt mit einer Summe von knapp 210.000 Euro für
die beiden Jahre jedoch auf der alten Beschlusslage von 105 Stunden,
denn der Förderantrag war im September fällig und auf Basis des
jetzt aufgehobenen Beschlusses über 105 Stunden gestellt worden.

Beigeordneter Karl-Heinz Sterzenbach erklärte, dieser Antrag könne
auch im Nachhinein noch modifiziert werden, die Erfolgsaussichten
seien jedoch abhängig davon, ob Restgelder verfügbar oder von
anderen Kommunen beantragte Mittel nicht abgerufen würden.

Für die CDU machten die Fraktionsvorsitzenden Roger Kolf und Toni
Strausfeld deutlich, sie seien ausdrücklich für die
Schulsozialarbeit, angesichts vieler weiterer wichtiger Aufgaben
bleibe die Finanzierung jedoch ein Problem. Die Ansicht teilte Dirk
Böhm (FDP), beklagte darüber hinaus, dass bisher Niemand den
wirklichen Bedarf konkret beziffert habe.

Für SPD, Grüne, BFE und UWG, die auch schon in der letzten Sitzung
für Fortführung der Schulsozialarbeit in vollem Umfang gestimmt
hatten, stand hingegen die Übernahme der Gesamtverantwortung für die
Zukunft der Schüler im Vordergrund. Für die SPD beantragte Sara
Zorlu erneut die Abstimmung über 173,5 statt 105 Stunden. Hans-Dieter
Meeser (BFE) hielt fest, dass eine halbherzige Lösung nicht zu Erfolg
führe und die Kosten im Verhältnis zur Relevanz der
Schulsozialarbeit „nur ein paar Kröten seien“, die sie dreimal
wert sei. Antonio Moreira (UWG) appellierte, die „sehr wichtige
Arbeit“ müsse finanziert werden und Jochen Scholz (Grüne) verglich
die Minimallösung mit „unterlassener Hilfeleistung“, wie das
Aufkleben eines Pflasters statt wirksamer Medizin. Die Finanzierung
müsse in vollem Umfang geleistet werden, dafür könnten auch im
Haushalt eingestellte, aber durch Abwanderung von Schulsozialarbeitern
2018 ohnehin eingesparte Gelder verwendet werden.

Das bestätigte auch Kämmerer Klaus Strack und verwies auf weitere
Restmittel aus 2017. Strack machte deutlich, dass die Erhöhung der
Grundsteuer um 15 Prozentpunkte beschlossen und die Gelder im Haushalt
eingestellt seien. Restmittel kämen nicht dem allgemeinen Haushalt zu
Gute, sondern den steuerfinanzierten Sonderaufgaben, neben der
Schulsozialarbeit seit diesem Jahr, seit 2016 der Straßenreinigung
und dem Winterdienst. Mit einer Grundsteuer B von 564 Prozentpunkten
liege Eitorf dennoch im Kreisvergleich im unteren Drittel, trotz der
darin enthaltenen insgesamt 40 Prozentpunkte für die Sonderausgaben.

In 2019 sehe das HSK eine weitere Erhöhung um zehn, danach noch zwei
Mal um je fünf Punkte vor. Auch dann liege Eitorf weiter unter dem
Kreisdurchschnitt. Diese Erhöhungen seien zudem unabhängig von der
Schulsozialarbeit, für die außer den längst beschlossenen 15
Punkten weitere Erhöhungen weder geplant noch nötig seien.

Nach einer von der CDU gewünschten Sitzungsunterbrechung erklärte
Böhm, die FDP könne sich dem SPD-Antrag auf Fortführung der
Schulsozialarbeit mit 173,5 Stunden anschließen, wünsche aber eine
Ergänzung dahingehend, die Verwaltung mit einer Bedarfsanalyse in
Form eines Konzepts zu beauftragen, als Grundlage für die Beratungen
für die Zeit ab 2021. Hierzu signalisierte auch die CDU Zustimmung.
Bürgermeister Storch formulierte den Beschlussvorschlag zur
nachträglichen Modifizierung des Förderantrags samt FDP-Zusatz,
wobei er sich ausdrücklich bestätigen ließ, dass der Beschluss
weiterhin unter dem Vorbehalt der 60-prozentigen Landesförderung zu
verstehen sei. Die Verwendung von Restmitteln zur Kompensation kam
nicht mehr zur Sprache, der Rat stimmte dem Beschlussvorschlag
einstimmig zu. Ob jedoch zusätzliche Landesmittel für den
modifizierten Antrag fließen werden, bleibt abzuwarten.

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