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Marathon
Eitorfer Läufer beim Boston Marathon 2023

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Der Boston Marathon ist Historie pur. Der älteste jährlich stattfindende Marathon. Er findet seit 127 Jahren jedes Jahr am Patriots-Day statt. Das Rennen startet weit außerhalb der City im der Ortschaft Hopkinton! Während des gesamten Lauf fühlt man den Stolz der Zuschauer auf dieses besondere Ereignis.
Im Jahr 2013 startete ich zum ersten Mal bei diesen legendären Marathon. Es war bis zum Zieleinlauf der Höhepunkt meines damaligen Läufer-Lebens. Der Stolz der Menschen auf dieses traditionsreiche Rennen spürte jede(r) LäuferIn. Die Stimmung am gesamten Streckenrand war extrem beeindruckend.

Hinter der Ziellinie war ich überglücklich und sehr beeindruckt vom Engagement der Zuschauer! 15 Minuten später detonierten zwei Bomben an der Zielgeraden und verwandelten diesen traumhaften Tag in einen Alptraum.
3 Menschen starben und 264 wurden durch die Splitterbomben, teils schwer, verletzt! Menschen, die mich und die anderen LäuferInnen wenige Minuten zuvor noch, kurz vor dem Zieleinlauf, enthusiastisch angefeuert hatten. Nach dem Marathon wurden wir LäuferInnen in Boston immer wieder gefragt: Wart ihr dabei? Seid ihr ins Ziel gekommen? Kommt Ihr wieder?
Ich habe damals alle drei Fragen mit „Ja“ beantwortet. 10 Jahre nach den schrecklichen Ereignissen kehrte ich endlich zurück um am 127. Boston-Marathon teilzunehmen!

Nach unserer Ankunft waren die Ereignisse von 2013 sofort wieder präsent! Wir waren im selben Hotel wie damals untergebracht und auf dem Weg zur Marathonmesse liefen wir die langgezogene Zielgerade (Boylston-St) entlang!

An der Ecke Boylston St/Herford St hatte mich 2013 meine Frau angefeuert. Etwas weiter, kurz vor der Ziellinie, explodierten kurze Zeit später die beiden Bomben. An beiden Stellen befinden sich heute Gedenksteine, welche an die Opfer des Anschlags erinnern. Am gesamten Marathonwochenende standen an den Gedenkstätten Ehrenwachen!

„Even when our heart aches, we summon the strength that maybe we didn‘t even know we had, and we carry on; we finish the race! We finish the race, and we do that because of who we are, and we do that because we know that someone around the bend, a stranger had a cup of water. Around the bend, somebody‘s there to boost pur spirits. On that toughest mile, Just when we think that we‘ve hit a Wall, someone will be there to cheer us on and pick us up of we fall.“

Zitat: PRESIDENT BARACK OBAMA - 2013

Man merkt der Stadt jedoch auch an, dass es, wie der Hashtag #bostonstrong aussagt, zu einer gemeinsamen Kraftanstrengung geführt hatte.
Die Sicherheitsvorkehrungen waren natürlich strenger, doch gemeinsam mit LäuferInnen aus über 100 Ländern konnten wir gemeinsam ein friedlich/fröhliches LäuferInnen-Fest feiern!

Am Samstag gab’s noch die Gelegenheit, im Rahmen des 5K Rennens, in der Bostoner Innenstadt, die Beine etwas „auszuschütteln“ ;-) Gemeinsam mit 10.000 weiteren LäuferInnen war dies die erste Laufparty des langen Wochenende!

Am Tage vor dem Marathon war die Innenstadt voller Menschen aus aller Welt! Am Copley Square Park, kurz hinter dem Zielbogen, fand das sogenannte „Fan-Fest“ statt! Live-Musik auf der Bühne sorgte für eine coole Atmosphäre und die angrenzende Zielgerade hatte sich über mehrere hundert Meter zu einer großen Fußgängerzone entwickelt! Natürlich trifft man bei solchen Großveranstaltungen immer wieder Freunde und Bekannte - „die (LäuferInnen)Welt ist halt ein Dorf“! So trafen wir uns beim „Fan Fest“ mit der kölschen Gang Nicole, Jörg & Fred! Gemeinsam haben wir noch einen kurzen Abstecher zum Hotel der Topathleten unternommen! Nicht um Eliud Kipchoge zu sehen, sondern um Cori Copley, den Hundebotschafterin im Top-Athleten Hotel [Fairmont Copley Plaza], zu besuchen. Auch das gehört zum Boston Marathon;-) Er hat sich mittlerweile an die Hotelumgebung gewöhnt und hat ein paar süße Gewohnheiten – er liebt es, auf dem Teppich in der Lobby, den Bauch gestreichelt zu bekommen.

Die ganze Stadt war in blau-gelb, den Farben des Boston-Marathon, dekoriert, angemalt oder angestrahlt: Hotels, Straßenlaternen, Kirchen & sogar die Entenfamilie-Statue aus dem Boston Common Park war dabei!

Die LäuferInnen hatten die Bostoner Innenstadt fest im Griff. Im dichten Gedränge rund um den Zielbogen wurden Erinnerungsfotos gemacht. Es herrschte eine besondere Atmosphäre, wie ich sie noch nie bei einem Marathon vorab erlebt hatte. Der Boston-Marathon wirbt nicht nur mit dem Slogan „bostonstrong“ sondern auch „ONE BOSTON“!

Im Marathonmagazin wurde es auf mehreren Seite erläutert:
ONE CITY, ONE SPIRIT, ONE COMMUNITY, ONE INSPIRATION, ONE GOAL, ONE TRADITION, ONE TEAM, ONE STRENGH, ONE BOSTON.

Wer diese Atmosphäre im Rahmen dieses traditionsreichen Rennens erlebt hat versteht diese Botschaft sofort.

Der Boston Marathon verläuft von der Ortschaft Hopkinton bis in die Bostoner Innenstadt. Es ist jedes Jahr eine logistische Herausforderung 30.000 LäuferInnen am Morgen des Marathons mit hunderten von Schulbussen in das weit entfernte Hopkington zu transportieren. Auf dem Boston Common, einem Park in der Innenstadt stellten sich die Läufer auf der großen Wiese in langen Schlangen an. Jeweils 25 - 30 Schulbusse fuhren vor. Einsteigen & Abfahrt! Die nächsten Bitte! Gemeinsam mit Nicole, aus Köln, ging’s auf die Busreise zum Start in Hopkington!

Die Sicherheitsvorkehrungen waren streng:
Gepäck wurde nur in besonderen, dursichtigen Tüten akzeptiert! In den Startbereich (per Busfahrt) durfte man lediglich Snacks, Bananen & Getränke mitnehmen! In der Stadt wurden am Streckenrand alle Postkästen versiegelt und am gesamten Streckenverlauf standen in regelmäßigen Abständen bewaffnete Polizisten und Militärpolizei. Selbst bei der Startaufstellung wachte ein gepanzertes Fahrzeug mit Polizisten und Maschinengewehren über uns.

Vor dem Start warteten die LäuferInnen auf mehrere Wiesen, welche dem persönlichen Startblock zugeordnet waren. Über Lautsprecher wurden die Startblöcke aufgerufen. Coole Musik unterhielt und aus vielen Lautsprechern, aber der Blick ging immer wieder zum Himmel! Langsam zog es sich zu und die erste heftige Schauer erreichte uns!

Auf dem Weg zur Startaufstellung war es glücklicherweise wieder trocken, aber nebelig! Die LäuferInnen marschierten mitten durch den kleinen Ort. Ohne Ende zog die Läuferschar an den Vorgärten vorbei. Trotz des Wetter saßen viele Anwohner vor der Haustüre und beobachteten, beim Morgenkaffee, den unablässigen Läuferstrom! Eine Welle nach der nächsten ging an den Start und los ging es!

Die Strecke verlief zuerst leicht bergab durch das ländliche Hinterland von Boston. Es war beeindruckend, dass überall am Streckenrand, trotz des Regens, Menschen standen um uns LäuferInnen anzufeuern! Entlang des Highways in Richtung Boston war jeder Ort eine große oder kleine Partymeile!

Hopkinton, Ashland, Framingham, Natick, Wellesley, Newton, Heartbreak Hill, Boston College, Brookline, Boylston St & Copley Place

„hard earned medals are simply the best“!!!
Trotz Regen & Kälte haben uns die Zuschauer nicht im Stich gelassen Zwischen dem Start in Hopkinton und der Ziellinie in der Boylton St - Boston haben Sie alles gegeben, damit wir diese Strecke incl. Heartbrake Hill rocken konnten DANKE !

„Extraportion Motivation“
Für das Laufevent hatte ich das offizielle Race-Shirt aus dem Jahr 2013 mitgebracht. Mit dieser Idee war ich jedoch nicht allein! Immer wieder entdeckte ich LäuferInnen mit genau diesem Shirt. Eine Kleinigkeit war an meinem Shirt jedoch besonders! Auf der Vorderseite stand nun deutlich: #bostonstrong. Auf 42,195 km wurden alle LäuferInnen enthusiastisch angefeuert, aber ein paar zusätzliche Zurufe, wegen des Aufdrucks gab es schon! Für mich war das eine „Extraportion Motivation“

Der erste Höhepunkte war das Wellesley Mädchen College mit dem berüchtigten "Scream Tunnel". Die Schülerinnen standen auf 300-400m dicht und feuerten die LäuferInnen mit einem ohrenbetäubenden "Kreischkonzert" an. Man hörte sie bereits weit voraus!!! Auf Schildern forderten Sie "Kisses" von Ihren Laufhelden!

Bei Kilometer 18 wurde es ungemütlich, denn es regnete unablässig! Der Support der Zuschauer half uns jedoch sehr und weiter ging’s in Richtung Boston.

Der zweite Höhepunkt einer aufregenden Strecke war der Heartbreak Hill. Hier standen die Menschen und boten den LäuferInnen Orangenstücke zur Erfrischung an. Genau das richtige, denn die aufsteigende Straße bei Kilometer 30 kam genau zum falschen Zeitpunkt!

Oben angekommen verkündete ein Banner: TOP OF THE HEARTBREAK HILL! Yeah! Was waren wir beide froh! Vom Heartbreak Hill ging es sanft bergab. Auf einer langen Strecke standen die Studenten des Boston College dicht beieinander und feuerten uns an! Die nächste Adrenalindusche! High-Five bis zum abwinken. Perfekter Zeitpunkt!

Leider konnte uns die Euphorie nicht allein ins Ziel tragen. Auf den letzten Kilometern spürten wir die recht anstrengende Strecke. 1 km vor dem Ziel stand die riesige CITGO-Werbetafel. Von weitem zu sehen signalisiert sie den LäuferInnen: "Gleich ist es geschaft".

Wie vor 10 Jahren erwartete mich meine Frau am Anfang der Zielgeraden. Sie hatte, wie ich den Eindruck, dass trotz des regnerischen Wetters sehr viel mehr Leute im Zielbereich warteten und die letzten 600m zu einer extrem lauten Jubelstrecke wurden! Immer wieder feuerte uns die Menge enthusiastisch an! Und immer wieder hörten wir: „BOSTONSTRONG“

Das dachte ich auch, als ich im beim Endspurt an den beiden Gedenkstätten für die Opfer des Attentats vorbeilief! Selbst in der Stunde des Glücks, denkt man das das Ereignis aus 2013 & die betroffenen Menschen!“

Auf den letzten Metern wurde der „Endspurt“ eine Mischung aus trauriger Erinnerung an 2013 und Zufriedenheit, denn ich war gleichzeitig dankbar dafür, dass ich zurückgekommen war und an diesem großartigen Event teilnehmen konnte!

Bis bald

LeserReporter/in:

Jörg Löhr aus Eitorf

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