Christlich-muslimisch gefrühstückt
Große Neugier verbindet
Eitorf - Seit weit über 20 Jahren gibt es in Eitorf bereits ein regelmäßiges
ökumenisches Frauenfrühstück, bei dem sich Christinnen beider
Konfessionen austauschen und näher kommen.
Erstmals fand dieses Frühstück jetzt jedoch unter Beteiligung
muslimischer Frauen statt.
Die Initiative kam von Simone Justus, die früher in Eitorf in der
Krankenhausseelsorge tätig war und sich damals auch beim
Frauenfrühstück engagierte. So lag es nahe, ihre Kontakte nach
Eitorf und die hier vorhandene große Gemeinschaft muslimischer
Bürger zu nutzen für eine Projektarbeit im Rahmen ihres
berufsbegleitenden Studiums interreligiöser Dialogkompetenz.
Beim rund zehnköpfigen Vorbereitungsteam des Frauenfrühstücks um
Pfarrerin Krimhild Pulvey-Langerbeins von der evangelischen sowie
Lucia Röttig und Dorothea Wick von der katholischen Gemeinde, stieß
sie mit ihrer Anregung auf Begeisterung, konnte man so doch ein
längst bestehendes eigenes Anliegen mit professioneller
Unterstützung in Angriff nehmen.
Mit einer derart überwältigenden Resonanz hatten die Organisatoren
jedoch nicht gerechnet. Rund 70 Frauen, darunter etwa 20 Muslimas
waren der Einladung ins Pfarrheim von Sankt Patricius gefolgt, die
Gastgeber mussten Stühle beistellen und Gedecke nachlegen.
Die teilnehmenden Muslimas setzten sich aus unterschiedlichen
Nationen, Kulturkreisen und Gemeinschaften zusammen. Mitglieder der
türkisch Islamischen Ditib-Moschee waren ebenso vertreten wie
Teilnehmerinnen des Willkommenstreffs für Flüchtlinge oder seit
Jahren in Eitorf beheimatete Mitbürgerinnen mit unterschiedlichen
Wurzeln. Einige kamen gemeinsam mit „Stammgästen“, andere hatten
auch selbstständig die innere Hemmschwelle überwunden.
Als Gesprächsbasis und roten Faden hatten die Initiatorinnen die
Geschichte von Abraham gewählt, die nicht nur in der Bibel ihren
Platz hat sondern gleichermaßen in den Heiligen Schriften von Islam
und Judentum. Ein passendes Beispiel für gemeinsame Wurzeln, die sich
in unterschiedliche Richtungen entwickelt haben einerseits, aber auch
für Gastfreundschaft und Offenheit gegenüber zunächst Fremden.
Liebevoll hatte man eine kleine Aufführung in Szene gesetzt, die dies
auch ohne viele Worte anschaulich verdeutlichte. Sprachbarrieren gab
es ohnehin nur bedingt, viele der anwesenden Muslima sprachen ohnehin
flüssig Deutsch, anderen wurden Tischgebete oder Liedtexte
gemeinschaftlich ins Türkische oder von Brigitte Iscandar aus
Mühleip mühelos sogar ins Arabische übersetzt. Viele der Anwesenden
zeigten sich als ausgesprochen bibel-, beziehungsweise koranfest,
andere hörten erstmals, dass in beiden Schriften oftmals die gleichen
Geschichten erzählt werden. Auch das „ihr“ Stammvater Abraham
(Ibrahim) als Erbauer der Kaaba gilt, dem auch den meisten Christen
bekannten Heiligtum des Islam, war vielen neu, schuf aber direkt eine
verbindende Nähe.
Dennoch hätte es eines theologischen Rahmenthemas nicht wirklich
bedurft. Die Neugier, mehr über den Glauben und die Auswirkungen auf
den Alltag des jeweils anderen, über religiöse Feste, Riten und
Gepflogenheiten zu erfahren, war groß. Raum dafür boten
Tischgespräche, die weit über die Standardfrage, warum manche
Muslima Kopftuch tragen und andere nicht, hinausgingen. So stellten
die einen fest, dass es nach ihren Erfahrungen mehr Verbindendes als
Trennendes zwischen ihren Religionen gibt, andere interessierten sich
für Bedeutung und Gestaltung der jeweils anderen Feiertage, wieder
andere mahnten, bei allem angestrebten Miteinander die Gefahren durch
Fanatiker und Fundamentalisten nicht zu verharmlosen. Eine junge
christliche Mutter mit muslimischem Ehemann berichtete von ihrer
Absicht, ihrem Kind Zugang zu beiden Religionen zu schaffen und freute
sich über neue Kontakte die ihr dabei helfen.
Einig waren sich alle, dass das gemeinsame Frühstück nur der Anfang
eines Dialogs sein könne, viele Fragen offen und reichlich
Gesprächsstoff für weitere Treffen bliebe, zu denen Vertreterinnen
des Frauenvorstands der Ditib-Gemeinde gerne die Christinnen auch in
der Moschee begrüßen würden. Die Veranstaltung endete mit dem Vater
unser und einem muslimischen und christlichen Segen.
- Renate Deitenbach
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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