Die Historie des Eitorfer Marktplatzes
Im Wandel der Zeit

Marktplatz nach dem ersten Ausbau 1969 mit Parkmarkierungen. | Foto: Archiv Hans Deutsch
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  • Marktplatz nach dem ersten Ausbau 1969 mit Parkmarkierungen.
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Eitorf - Kein anderes Thema wird in Eitorf derzeit so eifrig, strittig und
emotional diskutiert wie die geplante Umgestaltung des Marktplatzes.
Einig sind sich Befürworter und Gegner eines autofreien Marktplatzes
nur darin, dass das Herzstück der Gemeinde einer Aufwertung bedarf.
Die Geister scheiden sich aber nicht nur daran, ob der Platz künftig
weitgehend autofrei werden soll, Uneinigkeit besteht vor allem in der
Frage, ob das erklärte Ziel beider Seiten, eine spürbare Belebung
des Ortskerns, durch die Verbannung von Autos befördert oder
konterkariert würde.

Die Werbung der Gemeinde unter dem Motto „Der Ortskern im Wandel“
veranlasste das Extra-Blatt, einen Blick auf die Geschichte des
Marktplatzes im Wandel der Zeit zu werfen. Wesentliche Quellen dafür
waren eine alte Infobroschüre der Gemeinde Eitorf, Schriften des
Heimatvereins und Zeitzeuge Hans Deutsch, der selbst seit 86 Jahren
seinen Lebensmittelpunkt in unmittelbarer Nachbarschaft des Marktes
hat. Als Heimatforscher verfügt Deutsch zudem über ein umfangreiches
Archiv von Veröffentlichungen und fast 4.000 historischen Fotos und
Reproduktionen.

Gut dokumentiert sind bereits die Zeiten, in denen die 1172 geweihte
Marktkirche den Platz dominierte. Ringsum breitete sich der Friedhof
aus, beides umgeben von einer Mauer. Das Gelände innerhalb der Mauer
lag etwa einen Meter höher als die Umgebung, weiß Deutsch. Dies,
weil die Mauer nicht nur vor Angreifern Schutz bieten, sondern vor
allem vor Überschwemmungen schützen sollte, die schon damals bei
Starkregen immer wieder aus der Cäcilienstraße und der „Holl“
(heute Schoellerstraße) in das Ortszentrum geströmt seien. Auch
dramatische Hochwasserereignisse wie zuletzt 1970, gab es schon weit
früher immer wieder. Besonders gut dokumentiert ist das
Fronleichnamshochwasser von 1898.

Als 1788 alle Bestattungen in Ortszentren verboten wurden, verlegten
die Eitorfer widerstrebend ihren Friedhof in das „Auelchen“ (heute
Goethestraße), die Mauer auf dem Marktplatz wurde abgerissen. Bedingt
durch das Gefälle waren nun die Häuser auf der Nordseite noch
stärker von Wasser bedroht und hatten deshalb bis in die
Vorkriegszeit alle mehrstufige Eingangstreppen, belegt Deutsch mit
vielen Fotos. Die Marktkirche wurde 1889 bis auf den Kirchturm
abgerissen, sie war altersschwach und galt als zu klein für die
wachsende Gemeinde. Im gleichen Jahr kaufte die Zivilgemeinde das bis
dahin der Kirche gehörende Areal für 7.000 Mark.

Der Kirchenabbruch war damals ebenso umstritten wie heute die
Umbauplanung. Bürgermeister Jakob Müller und Mäzen Julius Gauhe
wollten neben dem Industriestandort auch den Tourismus fördern und
dazu fehlte ein zentraler Platz, schreibt dazu Heimathistoriker
Hermann Josef Ersfeld.

Als 1855 die Siegtalstraße (heute L333) angelegt wurde, führte diese
zunächst auf der Südseite um den Markt (die Postraße gab es noch
genauso wenig wie die Asbacherstraße). Zum Schutz vor Hochwasser sei
diese Straße bereits um mehr als einen Meter höher gelegt, der
Marktplatz schon damals um einen Meter abgesenkt worden, berichtet
Deutsch. Die Platzoberfläche war damals unbefestigt, zwischen dem
Platz und der umlaufenden Marktstraße wurden Linden gepflanzt.

Mit Aufkommen der Autos wurde der Platz immer häufiger beparkt.
Deutsch erinnert sich, wie die Autos immer wieder tiefe Fahrspuren in
den lehmigen Untergrund gruben. Dem steigenden Parkplatzbedarf trug
die Gemeinde 1969 Rechnung, der Platz erhielt erstmals eine
gepflasterte Oberfläche, begrenzt von einem Bordstein. Für den
wachsenden Verkehr wurde er offiziell als Parkplatz ausgewiesen und
mit Markierungen versehen. Die Zufahrt erfolgte von Osten, dort wo
heute der Pavillon steht. Die Marktstraße war für den Autoverkehr
asphaltiert, erinnert sich Deutsch, für die Fußgänger gab es vor
den Geschäften einen breiten Streifen aus Steinplatten, der Gehweg
zwischen Markt und Brückenstraße war gepflastert. Die
hundertjährigen Linden wurden gefällt und durch Platanen ersetzt.
Ersfeld attestierte dem Platz noch Jahre später „räumliche
Uferlosigkeit und sterile Funktionalität“.

Ende der 1980er Jahre erkannte dann die Gemeinde erhebliche
funktionale und gestalterische Defizite mit negativen Auswirkungen
nicht nur auf die städtebauliche, sondern auch die wirtschaftliche
Situation, schreibt der damalige Beigeordnete der Gemeinde Eitorf,
Wolfgang Schmitt, 1989 in der Broschüre „Der Marktplatz von Eitorf
gestern und heute“. Das reich bebilderte Heft wurde von der Gemeinde
herausgegeben anlässlich der Einweihung des Marktplatzes in heutiger
Form am 27. August 1989.

Gefördert mit Stadterneuerungsmitteln des Landes hatte die Gemeinde
im Januar 1988 einen Planungswettbewerb ausgelobt. Der Siegerentwurf
eines Aachener Planungsbüros nehme die Charakteristik des Ortes
richtig auf und setze sie konsequent in neue Qualität um, hielt
Schmitt fest. Im April stimmte der „Ausschuss für Dorferneuerung“
dem Entwurf zu, nach der Kirmes wurde mit dem Umbau begonnen. Wieder
mussten die vorhandenen Bäume weichen, wurden diesmal jedoch
aufwändig auf das gegenüberliegende Kirchenareal verpflanzt und am
Markt durch Robinien ersetzt. Die Baumreihe unterstreiche, so Schmitt,
die durch Tieferlegung und Stufeneinfassung erreichte Gliederung in
Platzmitte und Platzrand. Die Mitte werde von jeglichen Einbauten
freigehalten um ruhendem Verkehr, Wochenmärkten, Kirmes und weiteren
Veranstaltungen Raum zu bieten. Die Tieferlegung verbessere
entscheidend die problematische Wasserführung bei Starkregen, führte
der Beigeordnete weiter aus. Der Platzrand sei auf die angrenzenden
Geschäftsnutzungen abgestimmt, die gepflasterte Freifläche mit
Bänken lade zum Flanieren und Verweilen ein.

Die neue Anlage wurde nicht nur von den Eitorfer Bürgern, sondern
auch von Besuchern mit viel Lob bedacht, erinnert sich Zeitzeuge
Deutsch. Anders als viele Nachbarkommunen besaß Eitorf damit ein
funktionierendes und lebendiges Ortszentrum. Die von Schmitt als
Reminiszenz an die frühere Gestaltung gelobte Gliederung in Streifen
aus verschiedenen Materialien sollte jedoch auf Dauer Probleme
schaffen. Das im Randbereich verlegte Pflaster habe schon bald
Witterungsschäden gezeigt, kritisiert Deutsch. Der damalige Rat habe
sich statt für heimische Grauwacke für ein ähnliches aber
preiswerteres importiertes Material entschieden, das dem hiesigen
Klima nicht standgehalten habe. Ohne den dadurch verursachten
desolaten Zustand würde sich die heutige Diskussion erübrigen, ist
sich Deutsch sicher.

Schon gut 15 Jahre nach der Platzeinweihung wurde ab 2005 erneut über
eine Neugestaltung diskutiert. Insbesondere ging es dabei um eine
Verlegung der Marktzufahrt zur Schaffung eines komplett autofreien
„U“ rund um den Platz. Die Idee entsprach in weiten Teilen der
aktuellen Alternativplanung der BI und sollte Fahr- und
Fußgängerbereich klarer trennen, mehr Sicherheit schaffen, die
Attraktivität steigern und nicht zuletzt mehr Außengastronomie zur
Platzbelebung ermöglichen.

2008 wurde die Neugestaltung in mehreren Gemeindegremien mehrheitlich
beschlossen, doch damals wie heute fühlten sich die Bürger nicht
„mitgenommen“. Bereits damals bewegte Anlieger wie Kunden die
Sorge, das neue Konzept solle auf Dauer zu einem autofreien Marktplatz
führen. Dem widersprach vehement insbesondere die CDU und versicherte
mehrfach, der Marktplatz solle weder aktuell noch in Zukunft für den
KFZ-Verkehr geschlossen werden. Auch damals wurden Unterschriften
gegen den Umbau gesammelt und eine offizielle Bürgerbeschwerde
eingereicht. Nach einer Bürgeranhörung mit weitgehender Ablehnung
der Planung hielten CDU und SPD weiter an der Maßnahme fest, während
Verwaltung und die kleineren Parteien für einen Aufschub der
Maßnahme zugunsten eines Gesamtkonzepts für den Ortskern
plädierten. Letztlich erhielt die Verwaltung von der Mehrheit aus CDU
und SPD den Auftrag zur Ausführungsplanung, GRÜNE und FDP
kritisierten vehement, wie bedenkenlos sich die Ratsmehrheit über den
Bürgerwillen hinwegsetze.

Umgesetzt wurden die damaligen Planungen trotz Mehrheitsbeschluss nie,
seit drei Jahren steht die Platzgestaltung erneut im Fokus. Diesmal
soll ein Bürgerentscheid vom 3. bis zum 16. Juni eine Entscheidung
über die künftige Entwicklung bringen.

Redakteur/in:

RAG - Redaktion

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