Sportvereine in Not
Immer weniger Mitglieder
Eitorf - Nicht erst die Pandemie, schon die zeitgleiche Sanierung mehrerer
Sportstätten hat die Eitorfer Sportvereine in Existenznöte gebracht.
Ein fatales Lagebild zeichnete der Vorsitzende des Gemeindesportbunds
(GSB), Rolf Grün, jüngst im Fachausschuss.
Die ersten Sportstättenschließungen begannen im Herbst 2015 mit der
Nutzung der Halle „Am Eichelkamp" als Flüchtlingsunterkunft, es
folgte das Hermann-Weber-Bad 2017 und im Sommer 2018 die
Siegparkhalle. Seit 2016 sind die gemeldeten Mitgliederzahlen des GSB
von knapp 4.500 um 770 Personen auf gut 3.700 gesunken. Allein seit
Schließung der Siegparkhalle haben 436 Sportler, darunter 115
Jugendliche, die Eitorfer Vereine verlassen.
Insgesamt ist seit 2016 ein Rückgang der jugendlichen
Vereinsmitglieder um 35 Prozent im Gemeindesportbund zu beklagen.
Die einzelnen Vereine sind von der Misere unterschiedlich stark
betroffen. So hat der Verein für Gesundheitsförderung, der Reha- und
Präventionssport hauptsächlich für ältere Menschen anbietet, rund
70 Prozent seiner Mitglieder verloren, bei der Tanzsportgruppe „Just
Jazzin“ sind es rund zwei Drittel aller Mitglieder.
Beim Turnverein mussten ganze Abteilungen aufgelöst werden, einzelne
Mannschaften wanderten komplett zu anderen Vereinen aus. Für die
Anmietung externer Sportstätten entstanden dem TV nicht nur
erhebliche Kosten, sondern auch hoher logistischer Aufwand, um weniger
mobile Kinder und Jugendliche zu Übungsstätten außerhalb des
Zentrums zu transportieren.
Der Tauchclub Xarifa hat externe Trainingsstätten angemietet mit
jährlichen Kosten von 2.500 Euro und dennoch in den beiden letzten
Jahren 55 Mitglieder verloren, darunter 25 Jugendliche.
Die Ortsgruppe des DLRG konnte durch Zusammenarbeit mit
Nachbarkommunen die Schwimm- und Rettungsschwimmerausbildung zwar
aufrechterhalten und aus den betreffenden Kommunen sogar neue
Mitglieder gewinnen, doch die Warteliste von Kindern für Schwimmkurse
platzt aus allen Nähten.
Doch nicht nur Mitgliederschwund und zusätzliche Kosten machen den
Vereinen zu schaffen. Insbesondere den Fußballvereinen brachen
Einnahmen durch entfallende Hallenturniere in der Siegparkhalle weg
und auch Feldturniere konnten wegen fehlender Duschmöglichkeiten
lange Zeit nicht durchgeführt werden. In der Folge zogen sich auch
Sponsoren zurück. Die pandemiebedingte Einstellung des
Liga-Spielbetriebs verschärfte das Problem zusätzlich.
Eintrittsgelder von Heimspielen entfallen seither ebenso wie Einnahmen
aus dem Verkauf von Speisen und Getränken.
Beim DLRG entfielen nach pandemiebedingter Schließung auch der
Ausweichbäder in Asbach und Windeck allein 2020 Lehrgangsgebühren
von rund 10.000 Euro.
Vor diesem Hintergrund müsse auch die Sportstättennutzungsgebühr
erneut auf den Prüfstand, fordern die Sportler. Zwar hatte die
Gemeinde diese bereits für 2019 erlassen und aktuell auf Antrag des
GSB auch für 2020 ein Aussetzen beschlossen, doch die Vereine fordern
generell eine bessere Lösung als die derzeit geltende
Gebührenordnung ein.
Aber selbst wenn die Pandemie vorbei und die Sportstätten
fertiggestellt sein werden, sehen alle dem GSB angeschlossenen Vereine
weiteren dringenden Handlungsbedarf, so Grün. Nach Ansicht der
Sportler fehlen mindestens eine weitere große Sporthalle und ein
zusätzlicher Sportplatz.
Die Gymnastikhalle in Irlenborn sei marode, die Turnhalle in Mühleip
für viele Sportarten ungeeignet, beide zu weit vom Ortszentrum
entfernt. Auch die Ewald-Müller-Sportanlage gilt als dringend
sanierungsbedürftig, wurde bisher jedoch wegen der übrigen
Baustellen zurückgestellt.
Darüber hinaus fehlen Zeit und Raum für den Trainingsbetrieb der
Jugendmannschaften, da der Meisterschaftsspielbetrieb der drei
nutzenden Vereine Vorrang hat. Zudem führe die Ausweisung immer neuer
Baugebiete mit Schwerpunkt auf dem Zuzug junger Familien dauerhaft zu
erhöhter Nachfrage nach Sport- und Freizeitangeboten.Planbar Abhilfe
schaffen könnte ein seitens der Politik seit langem gewünschter
Sportstättenleitplan. Doch hierfür sieht die Bauverwaltung zeitnah
keine Kapazitäten. Grundsätzlich empfehle sich zur Erstellung
ohnehin ein externes Fachbüro, so Baudezernent Sterzenbach. Aber
selbst dann bedürfe es, allein schon für die Bestandsaufnahme,
zeitaufwändiger Zuarbeit.Zumindest für die Öffnung von HWB und
Turnhalle Eichelkamp sieht Bürgermeister Rainer Viehof Licht am Ende
des Tunnels. Für die Halle erwartet er kurzfristig die Abnahme. Die
Freigabe soll dann zeitnah erfolgen, sofern die Pandemie dies erlaubt.
Für das HWB geht Viehof von einem Testbetrieb im April/Mai aus. Eine
Inbetriebnahme der Siegparkhalle sieht er hingegen erst zwischen
Sommer- und Herbstferien als realistisch an.
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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