Einzelhandel
Komplikationen bei Ansiedlung von Geschäften im Zentrum

Eitorf - Bereits seit 2015 bemühen sich Eigentümer Limbach und Mieter
PETZ-REWE um die Genehmigung zur Ansiedlung von Aldi, dm und dem
Blumenladen „Die Holländerin“ in der seit 2013 leerstehenden
Bau-marktimmobilie auf dem REWE-Areal. Komplikationen verursachte
nicht zuletzt der geplante Lidl-Neubau in unmittelbarer Nachbarschaft,
der weiträumige Änderungen der Bauleitplanung zur Folge hatte.

Die Verwaltung verweigerte dem REWE-Vorhaben zunächst das
Einvernehmen, der Rat sprach sich jedoch für das Vorhaben aus. Der
Kreis erklärte den bis dahin fast 30 Jahre lang rechtsverbindlichen
Bebauungsplan für unwirksam, die Bezirksregierung (BezReg) stellte
bei Umsetzung des Vorhabens Fördermittel für die Ortskernsanierung
in Frage. Der Rat beugte sich schließlich insbesondere dem drohenden
Geldverlust und stimmte einer Bebauungsplanänderung zu, die samt
Veränderungssperre Ende 2016 auf den Weg gebracht wurde. Planungsziel
war insbesondere die Verhinderung großflächigen Einzelhandels mit
zentrenrelevanten Sortimenten im Baumarkt, betroffen waren jedoch auch
der REWE-Lebensmittelmarkt und Discounter Netto.

Das Bauleitverfahren zog sich in die Länge, bis der Rat Ende 2019 die
Reißleine zog. Der Lidl-Neubau sei nicht mehr gefährdet, Aussagen
der BezReg wenig belastbar und die gesamte Standortentwicklung für
Eitorf drohe im Vergleich mit Nachbarkommunen ins Hintertreffen zu
geraten, so der Tenor, der zum Stopp des Bauleitverfahrens führte.
Eine erneute Verlängerung der Veränderungssperre wurde mehrheitlich
abgelehnt und ein Grundsatzbeschluss für ein neues Bauleitverfahren
gefasst mit dem Ziel, das Baumarkt-Areal nun doch als Sondergebiet
für großflächigen Einzelhandel auszuweisen.

Doch bevor das neue Verfahren eingeleitet werden konnte, nutzte die
Limbach KG die Aufhebung der Veränderungssperre für eine erneute
Bauvoranfrage, diesmal - mangels belastbarem Bebauungsplan - nach §34
Baugesetzbuch. Dieser sieht bei Fehlen eines qualifizierten Bebauungs-

plans die Genehmigung von Bauvorhaben vor, sofern sie sich in die
Eigenart der Umgebungsbebauung einfügen.

Die Bedingungen des §34 BauGB sieht die Verwaltung laut
Sitzungsvorlage vom 2. März erfüllt, die Zuständigkeit wegen der
grundsätzlichen Bedeutung ausdrücklich beim Planungsausschuss.
Entgegen aller bisherigen Argumentation empfiehlt die Verwaltung der
Politik hier erstmals, den beantragten Nutzungsänderungen unter
verschiedenen Auflagen zuzustimmen und das Einvernehmen hierzu zu
erteilen. Doch wie berichtet wurde die für den 18. März terminierte
Sitzung wegen der Coronakrise abgesagt.

Mit Datum vom 16. März erstellte die Verwaltung dennoch eine
ergänzende Tischvorlage, die den verschickten Beschlussvorschlag von
Anfang März konterkariert. Zunächst teilt die Verwaltung mit, dass
sie bereits Anfang März selbst beim Kreis das Einvernehmen verweigert
hat. Dies sei nötig gewesen um eine Frist zu wahren, nach deren
Ablauf das Einvernehmen automatisch als erteilt gegolten hätte ohne
dass der Ausschuss habe hierüber befinden können. Ein rechtswidrig
verweigertes Einvernehmen könne aber durch die Genehmigungsbehörde
ersetzt werden, umgekehrt führe jedoch auch ein erklärtes
Einvernehmen nicht zwangsläufig zur Genehmigung.

Auch auf Nachfrage bleibt der Erste Beigeordnete Karl-Heinz
Sterzenbach bei der Auffassung, die Entscheidung obliege dem Ausschuss
und solle nun in der für den 27. Mai geplanten Sitzung getroffen
werden. Dem Kreis könne gegebenenfalls eine von der
Verwaltungsmeldung abweichende Ausschussentscheidung mitgeteilt
werden. Ob bis dahin der Kreis nicht längst die Bauvoranfrage
beschieden habe blieb dabei offen.

Allerdings rät die Verwaltung in der zusätzlichen Sitzungsvorlage
auch nicht mehr zum Erteilen des Einvernehmens. Stattdessen kommt sie
in einer erneuten Kehrtwende auf ihren ursprünglichen Vorschlag
zurück, das Bauleitverfahren wie bis Ende 2019 geplant fortzuführen.
Dafür müsste der Ratsbeschluss von Dezember aufgehoben und mögliche
vorläufige Sicherungsmaßnahmen geprüft werden. Die Verwaltung hat
inzwischen einen Fachanwalt mit der Prüfung gesetzlicher
„Werkzeuge“ hierfür beauftragt. In Betracht käme auf den ersten
Blick eine erneute Veränderungssperre oder ein Antrag der Gemeinde an
den Kreis auf Rückstellung des Baugesuchs. Ob die gesetzlichen
Voraussetzungen hierfür vorliegen sei Bestandteil der Prüfung.

Hintergrund der erneuten Kehrtwende ist laut neuer Vorlage ein
Erörterungstermin mit Ministerium und Bez.Reg zu den Umbaumaßnahmen
im Ortskern, der ebenfalls Anfang März stattgefunden hat. Hier sei
auch die geplante Nutzungsänderung Baumarkt zur Sprache gekommen. Das
Ministerium habe erneut deutlich gemacht, dass durch eine
Ermöglichung des Vorhabens eine Förderung des Ortskerns gefährdet
sein könnte. Dies sei in „Besonderen Nebenbestimmungen für
Fördermaßnahmen“ schriftlich festgelegt, die von der Gemeinde
anerkannt worden seien. Eine Prüfung behalte man sich ausdrücklich
vor. Also alles wie schon mal gehabt.

Wie die Politik zu dieser erneuten Abwägung zwischen
Gestaltungshoheit und Fördermitteln steht, bleibt abzuwarten. Im
Dezember war man sich weitgehend einig, sich diesmal möglichen
Konflikten mutiger zu stellen als noch 2016. Ein Antrag der Gemeinde
beim Kreis auf Zurückstellung des Baugesuchs sei bisher weder
gestellt worden noch zeitnah geplant, so Sterzenbach auf Nachfrage.
Die Verwaltung wolle zunächst sowohl die juristische Prüfung wie
auch eine Gremienentscheidung abwarten. Geprüft werde auch, ob
überhaupt erneut eine Veränderungssperre erlassen werden dürfe.

Doch nicht nur seitens der Genehmigungsbehörden droht Ungemach. Laut
Verwaltung habe auch der Projektträger des Schulgassenareals
Rückzüge aus der Akquise wegen der jüngsten Beschlüsse bekundet.
Aktuelle Überlegungen des Trägers reichten von einer erheblichen
Umstrukturierung bis zum Projektabbruch wegen Unwirtschaftlichkeit.
Ein für März/April zunächst angestrebter Besprechungstermin hierzu
wurde aufgrund der aktuellen Lage bisher ebenfalls noch nicht
konkretisiert.

Redakteur/in:

RAG - Redaktion

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