Schlichten statt richten
Schiedsverfahren hilft "Gesicht zu wahren"
Eitorf - Seit zehn Jahren ist Peter K. Reuschl Schiedsmann der Gemeinde
Eitorf und wurde jüngst vom Oberlandesgericht Köln für sein
ehrenamtliches Engagement geehrt.
Ende letzten Jahres wurde der 66-jährige zum dritten Mal in Folge vom
Eitorfer Rat für fünf Jahre zum obersten Streitschlichter der
Gemeinde gewählt und per Beschluss vom Amtsgericht Siegburg
bestätigt.
Als Schiedsmann ist Reuschl zuständig für die vorgerichtliche
Streitschlichtung.
Bei allen obligatorischen Streitigkeiten ist diese vor dem Gang zum
Gericht verpflichtend. Bei Straftatbeständen, von der Verletzung des
Briefgeheimnisses bis zu Verleumdung oder Beleidigung ebenso wie bei
nachbarrechtlichen Streitigkeiten wird eine Klage bei Gericht nur dann
zugelassen, wenn eine vorgerichtliche Streitschlichtung beim
Schiedsmann erfolglos bleibt, erläutert der Fachmann im Gespräch mit
dieser Zeitung.
Dahinter steht die Hoffnung, dass sich die Parteien in einem Vergleich
selbst einigen und sich danach wieder auf Augenhöhe begegnen können,
statt als Sieger und Verlierer aus einem Prozess heraus zu kommen.
Die Streitparteien stehen sich vor dem Schiedsmann nicht als Kläger
und Beklagter gegenüber sondern als Antragsteller und -gegner. Das
Ergebnis einer gelungenen Schlichtung ist ein vollstreckbarer Titel
mit einer Gültigkeit von 30 Jahren, so der Schiedsmann.
Ein Schiedsverfahren helfe den Streitparteien nicht nur ihr
Gesicht zu wahren, es sei auch wesentlich billiger als Anwalts- oder
Gerichtskosten, versichert Reuschl.
So koste eine erfolgreiche Schlichtung nur 25 Euro plus Auslagen wie
Porto oder Schreibgebühren, für eine erfolglose Schlichtung seien
lediglich 10 Euro zu zahlen. Das Geld erhält die Gemeinde als
Kostenträger des Schiedsamts.
Als Schiedsmann ist Reuschl nicht nur zu Neutralität und
Verschwiegenheit verpflichtet, sogar zur Anzahl der Verfahren darf er
keine Angaben machen.
Am häufigsten seien jedoch nachbarrechtliche Streitereien.
Diese reichen von der Belästigung beim Grillen oder Ruhestörung
durch einen krähenden Hahn bis zu Grenzstreitigkeiten. Zu diesen
zähle auch der „Überfall" nach §911 BGB, schmunzelt Reuschl.
Gemeint ist damit nämlich keinesfalls ein räuberisches Gewaltdelikt,
sondern wie beim Überwuchs und Überhang grenznaher Bäume und
Sträucher, das Hinüberfallen von Früchten auf ein
Nachbargrundstück.
Reuschl, der für seine ehrenamtliche Tätigkeit von der Kommune eine
Aufwandsentschädigung erhält, freut sich, wenn es ihm gelingt die
Kontrahenten zu einer Einigung zu bewegen.
Hierbei hilft dem in Köln aufgewachsenen und seit 1999 in Eitorf
beheimateten Reuschl nicht nur seine Vertrautheit mit der rheinischen
Mentalität, auch seine Lebens- und Berufserfahrung samt mehrjähriger
Auslandaufenthalte im Dienst des Bundessprachenamts kommt ihm dabei zu
gute.
Seinen Einsatz belohnt sieht Reuschl, wenn Menschen die angespannt bei
ihm ankommen, nach einer erfolgreichen Schlichtung sichtlich entlastet
und gelöst wieder gehen.
Auch ein Schiedsmann sei nicht vor Konflikten gefeit, macht
Reuschl Betroffenen Mut.
Er selbst habe auch bereits ein Schlichtungsverfahren durchlebt,
erzählt er freimütig. Dabei habe dann sein Stellvertreter, Claus
Faerber aus Bach, das Amt des Schiedsmanns ausgeübt.
Reuschl ist telefonisch erreichbar unter 02243-912464
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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