Neuordnung des Gewerbegebiets
Ungewissheit über Entwicklung
Eitorf - Schon seit drei Jahren beschäftigt die Neuordnung des Gewerbegebiets
im Auel Politik und Verwaltung. Zuletzt hatten die Grünen mit Verweis
auf die anhängigen Gerichtsverfahren einen Aufschub weiterer Beratung
beantragt und die FDP hatte ihrer Sorge Ausdruck verliehen, bei der
Ungewissheit über die innerörtliche Entwicklung und gleichzeitiger
Unterbindung der Weiterentwicklung des REWE-Areals im Auel, drohten
dem gesamten Einzelhandelsstandort Eitorf Kaufkraftabflüsse.
Die Ausschussmehrheit entschied jedoch, die Einwendungen aus der
ersten, vorgezogenen Offenlegung zu beraten und die Pläne nach
Einarbeitung von Änderungsvorschlägen erneut offen zu legen. Diese
zweite Offenlegung hatte im Juli und August stattgefunden, die
Abwägung der Ergebnisse sollte planmäßig in der Sitzung des letzten
Planungsausschusses erfolgen, stand dann aber doch nicht auf der
Tagesordnung.
Auf Nachfrage bestätigte der Erste Beigeordnete Karl-Heinz
Sterzenbach, dass dies nicht nur an den komplexen, vorab durch die
Verwaltung zu wertenden inhaltlichen Einwendungen liegt. Schon Anfang
August hatte Rechtsanwalt Stefan Tysper im Namen der Hans Josef
Limbach KG, die von der Neuordnung maßgeblich betroffen ist, einen
sofortigen Stopp der Offenlage gefordert, da die Bekanntmachung
hierfür grob fehlerhaft und rechtswidrig sei. Die geltend gemachten
Fehler reichen von widersprüchlichen Angaben über unvollständige
und unverständliche Textteile bis zu grob einseitiger und
unvollständiger Darlegung der Ziel- und Zwecksetzung der Planungen.
Tyspers Verlangen war die Verwaltung zwar nicht nachgekommen, will
aber vor weiteren Beratungen aus Gründen der Rechtssicherheit seine
Vorwürfe prüfen lassen. Je nach Ergebnis könnten dann in der
Novembersitzungen die eingegangenen Einwendungen gewichtet oder, wenn
nötig, eine Wiederholung der Offenlage beschlossen werden, so
Sterzenbach. Zu den geltend gemachten Fehlern gebe es durchaus
unterschiedliche Auffassungen, man wolle hier aber kein Risiko
eingehen.
Neben den formalen Mängeln macht Tysper in einer weiteren
Stellungnahme auch erneut inhaltliche Einwendungen, rügt zu
unkonkrete Festsetzungen von Maximalverkaufsflächen, bezweifelt die
Rechtsverbindlichkeit von Höhenfestsetzungen und
Stellplatzregelungen.
An den bereits in der ersten Offenlegung geltend gemachten Einwänden
wegen Eingriffen in den Besitzstand der Limbach KG hält er
vollumfänglich fest.
Ähnlich übt auch Rechtsanwalt Dr. Tassilo Schiffer für REWE West
und PETZ REWE Kritik an der „von Fehlern und Widersprüchen
durchsetzten“ Offenlagebekanntmachung. Nicht verständlich sei
darüber hinaus, wieso dem Netto-Markt eine signifikante Erweiterung
der Verkaufsfläche zugebilligt werden solle, während im östlich
benachbarten ehemaligen Baumarkt - langfristig von REWE gemietet -
großflächiger Einzelhandel mit nahversorgungsrelevanten Sortimenten
künftig ausgeschlossen sein solle. Für den Wegfall der zunächst
vorgesehenen Verkaufsflächenbegrenzung auf 1.000 Quadratmeter beim
Sondergebiet für Discounter Netto bei gleichzeitiger Festschreibung
der Verkaufsflächen des REWE-Markts auf derzeitigen Bestand, vermisst
Schiffer jegliche städtebauliche Rechtfertigung.
Bei den Trägern öffentlicher Belange ist es erneut der
Einzelhandelsverband Bonn-Rhein-Sieg-Euskirchen (EHV), der gravierende
Einwände gegen die Neuordnung erhebt. Demnach teilt der EHV Bedenken
der Gemeinde, eine Vergrößerung des Einzelhandelsangebots „Im
Auel“ habe negative Einflüsse auf den Einzelhandel im Ortskern,
ausdrücklich nicht. Vergleichbare Angebote seien im Ortskern mit
seinen klassischen Einzelhandelsbetrieben nicht vorhanden und mangels
Stellplätzen auch nicht ansiedlungsfähig.
Nicht zuletzt seien die Verbandsmitglieder in Eitorf bei einer
Befragung geschlossen für die Ansiedlung einer neuen Nutzungseinheit
Aldi/dm/Blumen im ehemaligen Baumarkt eingetreten. Der EHV empfiehlt,
die Ansiedlungsfähigkeit weiterer Betriebe zu ermöglichen.
Diese Einschätzung des EHV entspricht im Wesentlichen der
ursprünglichen Auffassung des Rates, der schon im September 2016 die
geplanten Investitionen befürwortet hatte, bevor die Bezirksregierung
die Chance auf Fördermittel für den Ortskern mit Einschränkungen
der Einzelhandelsentwicklung im Gewerbegebiet in Verbindung brachte.
Doch nicht nur die Einschränkungen beim ehemaligen Baumarkt könnten
sich auf den Einzelhandelsstandort auswirken. Thomas Limbach,
Geschäftsführer der Limbach KG, fürchtet auch um den dauerhaften
Erhalt des REWE- Lebensmittelmarkts. Die hierfür geplanten
Einschränkungen seien nicht nur ein massiver Eingriff in seinen
eigenen Besitzstand, sondern auch in die Zukunftsfähigkeit des
Lebensmittelmarkts. Durch die beabsichtigte Umwandlung des bisherigen
„Sondergebiets Baumarkt“ in Gewerbegebiet bei gleichzeitiger
Beschneidung der Erweiterungsmöglichkeiten des Lebensmittelmarkts,
befürchtet Limbach langfristig eine Verlagerung des gesamten
REWE-Standorts in prosperierende Nachbarkommunen.
Auch die IHK sieht hinsichtlich der Einschränkungen im künftigen
„Sondergebiet Lebensmittelvollsortimenter“ erheblichen
Klärungsbedarf. Insbesondere die Festschreibung der maximalen
Verkaufsfläche in prozentualer Relation zur Grundstücksfläche wird
kritisch gesehen, da es differierende Angaben zur Grundstücksgröße
gebe. Je nach Berechnungsgrundlage könnte dies zu einer Reduzierung
der Verkaufsfläche des Vollsortimenters auf etwa 1.850 Quadratmeter
führen. Damit würde dem jetzt mit rund 2.400 Quadratmetern belegten
Markt jede Möglichkeit der Erweiterung genommen. Auch die Rücknahme
der bisher zulässigen zweigeschossigen Bebauungsmöglichkeit lässt
die IHK Probleme bei einer künftigen Umgestaltung befürchten.
Die kritischen Eingaben wurden von interessierter Seite der
Öffentlichkeit zugänglich gemacht und ziehen insbesondere in der
Eitorfer Geschäftswelt Kreise. Mit Spannung wird die Abwägung durch
die Verwaltung ebenso erwartet wie eine eindeutige Positionierung der
Politik, ob sie die Neuordnung des Gewerbegebiets in der bisherigen
Form fortsetzen will.
- Renate Deitenbach
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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