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Igelexpertin im Gespräch mit Jörn Hildebrandt
Igel im Herbstgarten

Jungigel im Auswilderungsgehege auf Entdeckungstour | Foto: Karin Oehl
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  • Jungigel im Auswilderungsgehege auf Entdeckungstour
  • Foto: Karin Oehl
  • hochgeladen von Renate Könen

Am 23. September 2022 erschien im Osterholzer Kreisblatt der nachstehende Beitrag von Jörn Hildebrandt, der den Betreiberinnen der Igelstationen und -pflegestellen im Igelnetzwerk der Tierfreunde Rhein-Erft mehr als nur aus der Seele spricht:

Osterholz-Scharmbeck. Ein naturnaher Garten wäre das Beste für Igel, doch die allermeisten Gärten in der Region sind viel zu aufgeräumt und übermäßig gepflegt“, sagt Maja Langsdorff, Igelexpertin aus Osterholz-Scharmbeck, die sich seit 15 Jahren mit Igeln beschäftigt. „In dieser Zeit hat die Zahl der Igel stark abgenommen“, stellt sie fest – die Gründe seien vielfältig: So finden Igel zum Beispiel in vielen Gärten kaum noch Unterschlupf, Durchgänge zu anderen Gärten sind versperrt, und das Nahrungsangebot hat sich für Igel erheblich verschlechtert.

„Wichtig ist vor allem, im Garten keine Gifte einzusetzen, die Insekten töten – denn Igel sind nun einmal von Natur aus Insektenfresser, und Insekten liefern ihnen hochwertiges Eiweiß und Fette“, sagt Maja Langsdorff. Zu ihrem Nahrungsspektrum gehören jedoch auch Regenwürmer oder Schnecken, die für Igel nicht unproblematisch sind: „Über sie holen sich Igel häufig Innenparasiten“, sagt sie, „in einem naturnahen Garten hingegen finden sich meist auch Käfer, bei deren Verdauung sich Blausäure bildet. Sie wirkt wie eine natürliche Wurmkur gegen Innenparasiten wie Lungenwürmer – was Igel schützt, die oft ein geschwächtes Immunsystem haben.“

Wichtig sei, dass Igel im Garten ein vielfältiges Nahrungsspektrum vorfinden, und dies werde indirekt durch Hecken, Sträucher und blühende Wildblumen aus heimischen Arten gefördert. Eine solche Kombination hilft der Insektenfauna und damit den Igeln weit mehr als ein Garten mit exotischen Pflanzen wie Thuja oder Kirschlorbeer.

Im Herbst bereiten sich Igel auf den Winterschlaf vor und müssen in ihrem Körper ein ausreichendes Fettdepot anlegen. Naht der Winter, suchen sie sich passende Unterschlupfmöglichkeiten, wie zum Beispiel Wildnisecken. „Jeder kann im Garten solche Stellen erhalten oder einrichten“, sagt Maja Langsdorff. Auch Laub- oder Totholzhaufen, Benjeshecken oder Ansammlungen von Steinen eignen sich als Winterlager ebenso wie Komposthaufen: „Wenn man statt Kunstdünger eigenen Kompost verwendet, bringt man mehr Leben in den Garten und seinen Boden“, sagt die Igelexpertin.

„Zufüttern ist wichtig“

Auch im Herbst fallen Gartenarbeiten an, bei denen jeder Rücksicht auf Igel nehmen kann: „Das Laub sollte man liegenlassen oder zusammen rechen und auf einem Haufen regengeschützt aufschichten. Und bei Gartenarbeiten sollte man unter Gebüsch nicht mit scharfen Geräten wie Rasenkantenschneider oder Motorsensen arbeiten“, sagt Maja Langsdorff. Um dem Igel bei seinen Vorbereitungen auf den Winter zu helfen, empfiehlt sie das Zufüttern ab September im Garten: „Igelmütter und junge Igel sind im Spätherbst für den Winterschlaf oft zu mager, denn unsere Gärten bieten Igeln nur selten einen gut gedeckten Tisch. Deshalb ist das Zufüttern wichtig, auch wenn manche Naturschutzverbände dies anders sehen“, sagt sie.

Sie warnt auch eindringlich davor, Gelbe Säcke einfach auf dem Boden abzustellen: „Igel reißen mit ihren Krallen Löcher in die Säcke, schlüpfen in sie hinein und werden häufig abtransportiert“, sagt sie.

Wer einen Igel findet, sollte ihn jedoch nicht wahllos einsammeln, sondern auf Anzeichen für Hilfsbedürftigkeit achten, wie Krankheitssymptome, Untergewicht oder Aktivität auch am Tage. „Wer einen kranken oder geschwächten Igel findet, wendet sich am besten an eine Igelstation oder -pflegestelle“, sagt Maja Langsdorff, „ich pflege zwar Igel und versorge sie auch medizinisch, betreibe aber keine Igelstation.“

In Osterholz-Scharmbeck engagiert sich das Netzwerk Igelfreunde für Igel, das Igel pflegt. Es berät und unterstützt auch Menschen, die hilfsbedürftige Igel gefunden haben und pflegen möchten und klärt über igelgerechte Gärten auf. Wer einen Igel gefunden hat, der Hilfe braucht, kann sich unter Telefon 01575 / 5021973 oder unter E-Mail kontakt@netzwerk-igelfreunde.de melden.

Eine interaktive Karte zu Igelstationen findet sich unter www.pro-igel.de/Karte-mit-pflegestellen.

Tipps für artgerechtes Zufüttern von Igeln im Garten

Igelexpertin Maja Langsdorff empfiehlt, ab September Igeln im Garten Futter anzubieten, das den Bedürfnissen der Art entgegenkommt und erst abends bereitgestellt werden sollte, um nicht Fliegen und Ratten anzulocken. In eine Schale mit Katzen-Nassfutter mit hohem Fleischanteil sollte man etwas Öl, ungesalzenes Rührei, ein paar Haferflocken oder Weizenkleie geben.

Weiterhin ist in einer zweiten Schale Katzen-Trockenfutter bereitzustellen, das nur einen geringen Anteil pflanzlicher Nahrung enthält. Und schließlich ist eine dritte Schale mit frischem Wasser wichtig. „Allerdings besteht die Gefahr mit dem Futterangebot auch Ratten oder Katzen anzulocken, wenn das Futter im Garten oder auf der Terrasse offen steht. Deshalb sollte das Futter nur in einer Box oder Kiste angeboten werden – optimal mit Eingang und Ausgang, die jeweils zehn mal zehn Zentimeter groß sind“, sagt Maja Langsdorff.

Ratten lassen sich beispielsweise durch eingehängte Schwingtüren vom Eindringen in die Box abhalten. Und gegen Katzen hilft ein verwinkelter Eingang oder ein Labyrinth mit zwei versetzt angebrachten Brettern innen, durch die sich der Igel zum Futternapf winden kann.“

Seitens der Tierfreunde Rhein-Erft werden die Argumente von Igelexpertin Maja Langsdorff vollinhaltlich unterstützt. „Landauf, landab beklagen nicht nur Igelstations- und -pflegestellenbetreiber*innen im Rhein-Erft-Kreis und Umgebung stetig steigende Zugangszahlen aufgrund von Unterernährung, Vergiftungserscheinungen, gravierenden Verletzungen durch mechanische oder elektrische Gartengeräte“, betont Renate Könen, Sprecherin der Tierfreunde, und fügt ergänzend hinzu: „Igel, die tagsüber unterwegs sind oder gefunden werden, benötigen in den meisten Fällen dringend Hilfe, die keinen Aufschub duldet. Zeitnahe Kontaktaufnahme mit Stations- und -pflegestellenbetreiber*innen des Igelnetzwerks kann überlebenswichtig sein.“

Das Igelnetzwerk der Tierfreunde Rhein-Erft ist wie folgt erreichbar
E-Mail: info@tierfreunde-rhein-erft.de
Mobil: 0152-540 510 84 und 0160-92202702 (Simone Bergheim, Igelhilfe Friesheim, tierheimähnliche Einrichtung gem. § 11 TierSchG)

LeserReporter/in:

Renate Könen aus Elsdorf

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