Neueröffnung des Erftmuseums
„Die Flut 2021“ - Katastrophe, "Wir" und Lehren
NRW-Umweltminister Oliver Krischer, die Landräte des Rhein-Erft- und Rhein-Sieg-Kreises sowie des Kreises Euskirchen, Frank Rock, Sebastian Schuster und Markus Ramers, zehn Bürgermeister sowie weitere Ehrengäste aus Politik und Gesellschaft kamen zum Naturpark Rheinland Gymnicher Mühle, um die Neueröffnung des „KM51 Erftmuseum“ zu feiern und die neue Dauerausstellung zu eröffnen:
Die „Perle“, wie Erftstadts Bürgermeisterin Carolin Weitzel das Museum wertschätzte, wurde um Eindrücke und Erinnerungen der „Flut 2021“ erweitert: „Dieses Museum in der Mitte des Flusses darf dieses Thema nicht aussparen - zur Verarbeitung gehört das Erinnern“, erklärte Markus Ramers. Während manche Bilder auch heute noch schmerzlich „unter die Haut gehen“, dokumentiert die neue Austellung aber auch das „Wir“, das die Katastrophe eindrucksvoll aufzeigte, betonte Frank Rock. So, wie die Flut nicht an Kreisgrenzen Halt gemacht habe, hätte auch die Hilfsbereitschaft keine Grenzen gekannt - und die Solidarität. Die sei auch bei den initiierten Maßnahmen zum Hochwasserschutz nötig, betonte Erftverband-Vorstand Professor Heinrich Schäfer, denn „die Erinnerung ist uns Mahnung, etwas zu unternehmen.“ Und so resümierte Oliver Krischer, dass die Flut auf schmerzliche Weise gezeigt habe, „die Klimakrise ist bei uns angekommen.“ Der Hochwasserschutz sei „eine Generationenaufgabe“. All diese Facetten greifen das Erftmuseum und „Die Flut 2021“ auf.
Das Erftmuseum und die neue Ausstellung "Die Flut 2021"
Was ist im Juli 2021 entlang der Erft passiert und warum? Anschauliche Antworten geben interaktive Stationen sowie Berichte und Bildmaterial von Zeitzeugen – neu eingebettet in die bereits bestehende und nun umgestaltete Ausstellung im „KM51 – Das Erftmuseum“ im Naturparkzentrum Gymnicher Mühle am Flusskilometer 51 gelegen:
Eines vorweg: Die neue Ausstellung „Die Flut 2021“ möchte keine „alten Wunden“ aufreißen, angesichts eindringlicher Exponate und Bilder kann dies aber geschehen. Dies ist den Organisatoren bewusst und ein wichtiges Anliegen: „Wir werden ganz besonders auf bis heute Traumatisierte achten und ihnen Anlaufstellen zur Hilfe vermitteln“, betont Frank Scheer, stellvertretender Geschäftsführer des Naturpark Rheinland. Denn die neue Dauerausstellung, die teils behutsam in bestehende Elemente integriert, teils in komplett neuen Stationen „greifbar“ umgesetzt wurde, dürfte gerade bei Betroffenen die eigenen Erlebnisse sofort wieder aufleben lassen. Aber eben auch die Bilder der Hilfsbereitschaft und des Zusammenhalts, die sich nicht nur bei den Menschen entlang der Erft ins Gedächtnis gebrannt haben. Und so betonte der Landrat des Rhein-Erft-Kreises, Frank Rock, bei der Eröffnung: „Es ist wichtig, dass wir auch Räume schaffen, damit auch dieses Kapitel der Erft und das damit verbundene Leid von so vielen Menschen in unserer Region, aber auch die Solidarität und Hilfe, die uns im Nachhinein zuteil geworden ist, nicht vergessen wird.“
Dieser Aufgabe soll die neue Ausstellung gerecht werden. Deshalb hatte sich der Naturpark Rheinland, der das Erftmuseum in Kooperation mit dem Erftverband und dem Rhein-Erft-Kreis betreibt, am Förderwettbewerb Naturpark.NRW des Umweltministeriums beteiligt – mit Erfolg. Rund 130.000 Euro flossen in die Umsetzung, die nun nach gut eineinhalb Jahren der Planung und Gestaltung abgeschlossen ist. Zur feierlichen Eröffnung dieser für die Region sehr besonderen Ausstellung fanden sich dementsprechend neben NRW-Umweltminister Oliver Krischer und Frank Rock auch die Landräte des Kreises Euskirchen, Markus Ramers, und des Rhein-Sieg-Kreises, Sebastian Schuster, ein sowie zehn Bürgermeisterinnen und Bürgermeister von Kommunen entlang der Erft. Markus Ramers betonte bei der Eröffnung: „Die Ausstellung Flut 2021 schafft einen Raum für eine Kreis- und Stadtgrenzen überschreitende Erinnerung an die größte Naturkatastrophe, die unsere Region je erlebt hat. Dieser Raum ist ein wichtiger Baustein, um individuelle Erfahrungen zu teilen und leistet damit auch einen Beitrag zur Verarbeitung der Erlebnisse. Denn uns ist klar: Auch wenn die materiellen Schäden irgendwann vollständig beseitigt sind, werden die seelischen Folgen noch lange nachwirken.“
Kein „leichter“ Stoff, aber „leichter“ Zugang zum Thema
Auch wenn die Flutkatastrophe mit ihren zum Teil tödlichen Folgen keinen „leichten“ Stoff für eine Ausstellung darstellen, lag es den Museumsmacherinnen und -machern am Herzen, einen „leichten“ Zugang zur Thematik zu schaffen. Prädestiniertes Beispiel ist ein interaktiver Tisch, der spielerisch aufzeigt, was im Juli 2021 passierte, warum die Auswirkungen so verheerend waren und wie man diese künftig deutlich minimieren möchte. Neben einem Fakten-Quiz beinhaltet der Tisch daher auch eine besondere Baustein-Brücke mit Vorsorge-Maßnahmen, die nur im Zusammenspiel das Bauwerk halten, sowie eine Kipptafel, die an Hand kleiner Metallkugeln eindrucksvoll veranschaulichen, warum Renaturierungsmaßnahmen des Flusslaufes hilfreich sind. „Da das Erftmuseum seit seiner Eröffnung 2014 Teil des außerschulischen Lernortes Naturparkzentrum Gymnicher Mühle ist, sollten auch die neuen Elemente für Kinder und Jugendliche anschaulich und verständlich sein“, erläutert Frank Scheer. Direkt neben dem interaktiven Tisch ist eine weitere neue Station entstanden, die der „Flut der Medien“ gewidmet ist. Unzählige Berichte in Schrift, Ton und Bild sind hier zusammengefasst. Aber auch in bereits bestehenden Stationen finden sich neue Elemente zur „Flut 2021“ – zum Beispiel in der so genannten „Ahnengalerie“, die um eindrucksvolle persönliche Erfahrungsberichte betroffener Menschen ergänzt wurde. Überall da, wo „Die Flut 2021“ im Erftmuseum präsent ist, stehen rote Sandsäcke. Wobei das Geschriebene einer Station ohne roten Sandsack durchaus zur „Flut 2021“ gehören könnte, wäre da nicht die alte Schrift. Alles liest sich wie eine Blaupause der jüngsten Ereignisse. Das Geschriebene datiert aber aus dem Juli 1416. So zeigt sich eindrucksvoll, dass die „alten“ Elemente der Ausstellung und die „neuen“ ein gelungenes Zusammenspiel bilden und die Geschichte des 103 Kilometer langen Flusses lebendig dokumentieren – mit seinen landschaftlichen, kulturhistorischen und nun auch flutbedingten Besonderheiten.
Freier Eintritt und kostenlose Bustouren
Zum Start der neuen Ausstellung ist im Kinoraum des Erftmuseums bis zum Sommer 2024 zudem das Dokumentationsprojekt des Stadtmuseums und des Stadtarchives Euskirchen zu sehen: „Stadtgeschichte gesammelt: Fotos und Filme von der Flut 2021“. Und damit all das einer möglichst breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird, verzichten die Betreiber des Erftmuseums bis Ende 2024 auf den Eintritt. Zudem bietet der Naturpark in Kooperation mit der REVG Bürgern von zehn Anrainerkommunen an Erft und Swist – von Nettersheim bis Neuss sowie in Rheinbach und Swisttal - bis zum 9. Dezember kostenfreie Museums-Bustouren an. „Insgesamt stehen 500 Plätze zur Verfügung, die online unter erftmuseum.de kostenfrei gebucht werden können“, so Frank Scheer.Und so soll das Erftmuseum in seiner neuen Form „nicht nur ein Ort der Erinnerung an vergangene Tage sein, sondern ein Startpunkt für zukünftige Entwicklungen und Veränderungen darstellen. Nur so kann die ökologische Verbesserung und die notwendige Anpassung eines gelingenden Hochwasserschutz für die Menschen in unserer Region begleitet und gefördert werden“, lautete das abschließende Resümee von Professor Heinrich Schäfer, dem neuen Vorstand des Erftverbandes. Nähere Infos zu den Öffnungszeiten, Führungen, Kursen und Angeboten unter erftmuseum.de
Redakteur/in:Düster Volker aus Erftstadt |
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