Bliesheimer Treffpunkt „Em Dörp“
„Jetzt muss sich zeigen, ob das Haus getragen wird“
„Als 2016 die Idee eines Dorfgemeinschaftshauses für Bliesheim von unserem Ortsbürgermeister Frank Jüssen initiiert wurde, hieß es am Anfang noch: Wenn das Gebäude gekauft ist, dann wird tapeziert und gestrichen, alles gekehrt und ordentlich durchgewischt - und dann können wir eröffnen. Das hat so nicht ganz geklappt“, gesteht der 1. Vorsitzende des „Em Dörp“ e.V., Meinhard Tappert. Der Weg bis hin zur Eröffnung des Hauses war lang - und erst der Anfang: Denn nun muss sich „Em Dörp“ etablieren. Mit diesem Konzept soll das Dorfgemeinschaftshaus in Bliesheim den eingeschlagenen Weg zum Erfolg fortsetzen.
Es ist bereits „der“ Treffpunkt „Em Dörp“. Der Name hätte also kaum passender gewählt werden können. Das neue Dorfgemeinschaftshaus mit der Gaststätte als Herzstück konnte im September 2021 Eröffnung feiern. Dies war für alle Beteiligten ein emotionaler Moment – und doch „nur“ ein großes Etappenziel, denn: „Jetzt muss sich zeigen, ob das Haus von den Bliesheimern auch angenommen und getragen wird“, erklärt Frank Jüssen auch im Hinblick auf die finanziellen Belastungen, die mit dem Projekt „Em Dörp“ verbunden sind.
Startschuss für das Projekt fiel 2018
Doch der Reihe nach – ein Blick zurück: 2016 wurde die Gaststätte Giersberg, im Volksmund „Knauch“ genannt, geschlossen. 2018 ging der Gebäudekomplex in die Zwangsversteigerung. Da der Antrag, das Gebäude über die Stadt Erftstadt zu einem Dorfgemeinschaftshaus umzugestalten, keine Ratsmehrheit fand, musste eine private Initiative auf die Beine gestellt und letztlich der gemeinnützige DGHV Bliesheim Em Dörp 1790 e.V. gegründet werden. Um der Initiative das Gebäude zu sichern, ersteigerte zunächst eine Privatperson die Immobilie. „Danach haben wir in Eigenleistung mit zahlreichen Helfern aus dem Ort zunächst einmal damit begonnen, das Haus zu entrümpeln. Acht 36 Kubikmeter große Container voller Hausrat wurden entsorgt. Da war noch gar kein Schutt dabei“, erinnern sich der „Em Dörp“-Vorsitzende Meinhard Tappert und Ortsbürgermeister Frank Jüssen zurück.
Dies waren zugleich die ersten sichtbaren Schritte auf einem langen Weg. „Wir haben nach der Vereinsgründung parallel begonnen, uns für Fördermittel des Landes zu bewerben“, berichtet Meinhard Tappert. Um die maximal mögliche Landes-Förderung über 250.000 Euro beantragen zu können, musste der Verein „Em Dörp“ jedoch selbst die Immobilie erwerben.
Verein "Em Dörp" musste große Summe aufnehmen
Der Eigentümer überließ dem Verein das Gebäude zum gleichen Preis - rund 260.000 Euro - wie bei der Ersteigerung, „obwohl er bereits mit einigen Sanierungen dafür gesorgt hatte, dass das Haus nicht noch mehr Schäden erlitt“, so Tappert. „Um die maximal mögliche Landes-Förderung erhalten zu können, musste unter anderem eine detaillierte Projektbeschreibung samt Schätzung der Sanierungskosten für das Haus beim Land eingereicht werden. Diese belief sich auf rund 385.000 Euro. Auf Basis dieser Schätzung und einem Verteilungsschlüssel von 65 Prozent Landesfördermittel und 35 Prozent Eigenkapital, musste der Verein 135.000 Euro zusätzlich zu den 260.000 Euro für den Kauf des Hauses einbringen, um das Projekt realisieren zu können. Hinzu kamen die Kosten für den Notar und Ähnliches, so dass wir letztlich bei einer Summe in Höhe von 414.000 Euro gelandet sind. Die musste der Verein darüber hinaus bei einer Bank aufnehmen, die nicht auch noch das Privatvermögen der Mitglieder des Vereinsvorstandes als Sicherheit einforderte“, fasst Frank Jüssen das komplexe finanzielle Fundament des Projekts zusammen.
Der Förderantrag wurde schließlich vom Land NRW bewilligt. Das Geld floss – gepaart mit jeder Menge Eigenleistung – in den Umbau des Gebäudes: „Wir haben das Haus im Grunde kernsaniert und teilweise auch umgebaut, beispielsweise um einen Aufzug installieren zu können. Den haben wir wiederum über Gelder der Stiftung NRW finanziert“, erläutert Meinhard Tappert, der mit seinem „Helfer-Team“ und Ortsbürgermeister Frank Jüssen in den vergangenen drei Jahren viele Baustellen „Em Dörp“ abgearbeitet hat:
Die ehemalige Kneipe wurde um- und im Stile eines gemütlichen, modernen Brauhauses mit zum Teil „altem“ Inventar neu aufgebaut. Gleiches gilt für die beiden kleinen Säle im Untergeschoss und den großen Saal im Obergeschoss. „Zuletzt wurde nach dem Hochwasser, das im Haus die Kühlaggregate und die Lüftungsanlage im Keller zerstörte, der ehemalige Wohnbereich hergerichtet, damit dieser vermietet werden konnte“, beschreibt Meinhard Tappert. Und Frank Jüssen fügt hinzu: „Zudem konnte das Dach mit einer Förderung in Höhe von 80 Prozent durch das Programm LEADER Zülpicher Börde noch vor dem Winter saniert werden.“
Rohmedräjer-Internet-Café, Jugendtreff und Kegelbahn
Dennoch bleiben noch einige Baustellen offen: „Der Rohmedräjer-Verein wird in Eigenleistung den Bereich einer Kegelbahn umbauen – für das Rohmedräjer-Internet-Café und ein Bliesheim-Archiv“, freut sich Frank Jüssen. „Die andere Kegelbahn soll wieder hergerichtet werden. Ebenso ist geplant, eine Art Jugendtreff-Bereich mit Kicker oder Dart einzurichten. Bis zum Sommer möchten wir da auch etwas Vorzeigbares aufgebaut haben“, gibt Meinhard Tappert Einblick in die weitere Planung. Und dann ist da noch die Frage nach der Gastronomie: „Wir sind auf der Suche nach einem Pächter - wenn, muss es aber der Richtige sein. Zum Start wäre auch schon ‚nur‘ ein Koch super, der vier Tage die Küche bewirtschaftet. Die ist allerdings noch nicht installiert. Das ist aktuell die nächste, dringlichste Baustelle“, fasst das Organisationsduo zusammen.
Aber auch ohne Koch oder Pächter kann sich der Start des Dorfgemeinschaftshauses sehen lassen: „Trotz Corona und fehlender Küche, ist Em Dörp sehr gut angenommen worden. Die Gaststätte ist immer gut besucht und die Säle werden auch bereits häufig für Feierlichkeiten oder Beerdigungen angefragt“, erklärt Meinhard Tappert - und Frank Jüssen ergänzt: „Vor allem hat sich bereits schnell gezeigt, dass das Haus seiner eigentlichen Bestimmung gerecht wird: Nach der Flut war Em Dörp das Warenlager und eine zentrale Anlaufstelle für Betroffene und Helfer eingerichtet. Und seit der Eröffnung versammeln sich hier alle Bliesheimer, Jung und Alt, ‚Ureinwohner‘ wie Zugezogene aus dem Neubaugebiet auf dem Berg. Das ist wirklich toll. Und wenn das so bleibt, dann hat sich zum einen der Aufwand gelohnt, und dann stehen zum anderen den Bliesheimern und ihren Gästen Em Dörp noch zahlreiche wunderschöne Abende im Dorfgemeinschaftshaus bevor.“
Das ist der finanzielle Plan für Em Dörp
Damit dieses Ziel Realität wird, sieht der finanzielle Plan des Vereins wie folgt aus: „Wir erhalten von der Stadt einen Zuschuss für die Betriebskosten des Dorfgemeinschaftshauses. Hinzu kommen die Einnahmen für die Wohnung. Und dann ist der Umsatz in der Gaststätte und über die Saalvermietung entscheidend. Wir benötigen knapp 2.000 Euro pro Monat, um den Kredit zu bedienen. Dazu sind wir aktuell gut im Stande“, lautet das positive Resümee. Doch dem Duo ist auch klar: „Das alles im Ehrenamt neben Arbeit und Familie zu organisieren, ist nicht so einfach. Der Verein, seine Mitglieder und Helfer packen aber super mit an. Zudem ist der Verein mit mittlerweile schon elf Mini-Jobberinnen bereits einer der größten Arbeitgeber des Ortes. Nach der Anlaufphase sollte sich der organisatorische Aufwand für den Betrieb allmählich reduzieren.“
Und so sind sich Meinhard Tappert und Frank Jüssen einig: „Wir sind uns sicher, dass Em Dörp ‚der‘ Treffpunkt in Bliesheim bleibt!“
Buchungen für die Säle und weitere Informationen zum Dorfgemeinschaftshaus Em Dörp (Frankenstraße 63) unter www.em-dörp.de
Redakteur/in:Düster Volker aus Erftstadt |
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