Kreativ in der Pandemie
Mit Glück und Engagement geht einiges

Christiane Lorber bei der Arbeit in ihrem Atelier. | Foto: Lorber
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Auch die Kunstschaffenden haben es in Pandemiezeiten schwer. Egal, ob
darstellende oder bildende Kunst - die üblichen Wege und
Möglichkeiten, das Publikum zu erreichen, sind eingeschränkt, wenn
nicht sogar versperrt. Die Erftstädter Künstlerin Christiane Lorber
ist nicht nur in ihrem eigenen Schaffen betroffen, sondern auch als
Dozentin an der Volkshochschule. Hier hat sie neue Wege der
Zusammenarbeit mit den Teilnehmenden ihrer Kurse gefunden. Der
Erftstadt-Anzeiger hat die Künstlerin interviewt.

Frau Lorber, in diesen Pandemie-Zeiten sind Sie als Künstlerin und
als Dozentin an der VHS gleich doppelt von den Einschränkungen
betroffen. Wo liegen die besonderen Schwierigkeiten für Sie?

Christiane Lorber: Ich nutze die ganze Pandemie-Zeit und produziere
weiter Werke, habe aber durch das Ausstellungsverbot keine oder kaum
Möglichkeiten, meine Bilder zu präsentieren und zu verkaufen,
geschweige denn einen kreativen Austausch mit den Besuchern
einzugehen. Die Finanzlage ist daher sehr prekär. Mit den VHS-
Kursen, so sie mit genügend Teilnehmenden stattfinden, fehlt auf
Dauer natürlich der persönliche Kontakt, das Lernen voneinander und
die Hilfeleistung direkt beim Arbeiten. Andererseits finde ich, dass
dadurch die Teilnehmenden mehr Eigenständigkeit entwickeln müssen.

Sind Ausstellungen – wenn auch vielleicht anders als gewohnt –
derzeit möglich und wenn ja, wie?

Lorber: Tja, das ist ein schwieriges Thema. Nicht nur, dass zahlreiche
Ausstellungen ausfielen, selbst die Bewerbungen für neue
Ausstellungen ziehen sich nach hinten, da ja, wenn es wieder gehen
sollte, erst mal die Künstlerinnen und Künstler drankommen, die
sozusagen auf der Warteliste stehen. Mit Glück und Engagement geht so
manches, wie ich es etwa im Köttinger Dorfladen erlebe. Dort konnte
ich schon seit Anfang vorigen Jahres mehrmals etwas ausstellen und nun
eine kleine Installation mit Texten und Bild, anbringen. Und heute
konnte ich sogar in einem Liblarer Praxisfoyer, wo ich schon seit
einiger Zeit immer wieder ausstelle, die Bilder wechseln! Die
Resonanz, so sagte man mir, sei sehr gut, und es wird deutlich
wahrgenommen, wenn etwas umgehängt wurde. Viele Fehlversuche und
Enttäuschungen muss man hinnehmen, noch mehr als sonst zu
„normalen“ Zeiten. Ich suche trotzdem weiterhin ein leerstehendes
Ladenlokal in Liblar oder Lechenich, das ich vorübergehend als
Ausstellungsraum nutzen könnte. Ich freue mich auf Angebote. Mein
Fazit: Ohne Menschen, die Künstlerinnen und Künstler jetzt mit Rat
und Tat zur Seite stehen, nicht nur ihre Werke betrachten, sondern
ihre schwierige Situation nicht ausblenden, ginge gar nichts.

Wie gestalten Sie den Unterricht und wie kommt das bei Ihren
Kursteilnehmern an?

Lorber: Zunächst erarbeite ich Stundenvorbereitungen, das sind Texte
mit Anleitungen, Beispielen aus der Kunstals Fotokopien, dazu
Material. Das verteile ich mit dem Rad an die Teilnehmenden, die in
der Nähe wohnen, andere holen es bei mir zuhause ab. Dann kommen noch
Telefonate, Emails, WhatsApp, Konferenzprogramm dazu und in
Ausnahmefällen, wenn es nicht per Rechner geht, treffe ich mich mit
Einzelnen zum Beispiel auf Abstand und mit Maske im Schlosspark.
Angefangene Arbeiten kann man mir zusenden, und ich stelle alles auch
auf meine Homepage, sodass man sich auch Anregungen von den anderen
Teilnehmenden holen kann. Ja, das klappt eigentlich ganz gut, und wir
sind ja auch schon etwas eingespielt, da es ja zum zweiten Mal ist. Im
Ganzen ist es für mich aufwändiger als beim Präsenzunterricht, aber
besser so, als gar nicht. Die Teilnehmenden kommen damit gut klar,
außerdem haben sie eine gute Arbeitsmoral, ohne die ginge es ja
nicht. Ich könnte mir aber auch vorstellen, das sich, so versuche ich
es wenigstens, so „normal“ und auch anspruchsvoll zu gestalten,
als wären wir nicht im Lockdown, es den Teilnehmenden gut tut, eine
Regelmäßigkeit zu erhalten und auch gefordert zu werden.

Setzt die Pandemie besondere Kreativität bei den Menschen
frei?

Lorber: Hmm, ich denke sicher, in dem wie sie das Leben meistern. Sie
werden ja förmlich dazu gezwungen neue Wege einzuschlagen. Ich mag
mir gar nicht vorstellen, wie viele kreative Lösungen etwa eine
Familie mit kleinen Kindern täglich finden muss, um den Lockdown
weiter zu überstehen. Im künstlerischen Bereich sollte der Lockdown
bei allen Kulturschaffenden einen Produktivitätsboom auslösen, so
war es jedenfalls bei mir. Trotz-dem darf man nicht vergessen, dass
gerade Künstlerinnen und Künstler in ihrer Existenz bedroht sind,
ein Weiterbestand der Kultur nicht ohne die Kulturschaffenden geht.

Sie haben eine Kunstkarten-Aktion gestartet, wie ist die
Resonanz?

Lorber: In dieser Pandemie-Zeit, in der keinerlei Möglichkeit
besteht, Kunst zu sehen und zu kaufen, kam ich auf die Idee, von
meinen vielen Unikat-Kunstkarten jeweils fünf in einer Wundertüte
zusammenzustellen und zum Verkauf anzubieten. Die Resonanz ist
erstaunlich gut, das hätte ich nicht gedacht. Ich freue mich auf
weitere neugierige Käufer! Es macht Mut, etwas anzugehen. Bis dato
haben alle bei mir telefonisch einen Abholtermin ausgemacht und sind
dann zu mir nach Hause gekommen, natürlich pandemiegerecht.

Worauf freuen Sie sich am meisten, wenn die Pandemie vorbei
ist?

Lorber: Darauf, worauf sich alle freuen, dass das wieder Normalität
wird, was wir vorher als selbstverständlich ansahen.

Verändert die Pandemie das Kunstverständnis der Menschen?
Lorber: Durch die großen Schwierigkeiten, das Leben in diesen Zeiten
zu meistern, empfinde ich zwar, dass die Menschen kreativer sind mit
lustigen Videos zu Corona und Lockdown bei Youtube, aber alles doch
nicht sehr in die Tiefe geht. Natürlich habe ich Verständnis, dass
die Menschen nach Aufbauendem und Leichtem der Sinn steht, aber ich
bin Künstlerin und bearbeite schwierige Felder, die ins Unterbewusste
vordringen.

Weitere Infos unter https://www.christiane-lorber.de/

Redakteur/in:

RAG - Redaktion

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