Schulentwicklungsplan
Nicht weiterführende, sondern Grundschulen im Fokus
Erftstadt. Der jüngst von CDU und FDP mit knapper Mehrheit im Schulausschuss beschlossene Schulentwicklungsplan für die nächsten fünf Jahre sorgt vor der Ratssitzung am 13. Dezember, in der er „abgesegnet“ werden soll, weiter für Diskussionen. Unter anderem die Fraktion Aufbruch ´22 hatte eine Elternbefragung zu Präferenzen und Bedarf einzelner Schulformen gefordert.
Der Schulentwicklungsplan rücke weder die Abwanderungsprobleme der weiterführenden Schulen, noch den Bedarf für eine Gesamtschule in den Fokus, bilanzierten Marion Sand und Bernd Bohlen von Aufbruch´22. Knapp 1.000 Schülerinnen und Schüler besuchten Anfang des Schuljahres 2022/2023 eine weiterführende Schule in einer Nachbarkommune, rund 2400 seien in Erftstadt angemeldet. Der Abwanderungstrend sei über die Jahre hinweg stetig gestiegen, weil Angebote wie eine Gesamtschule fehlten.
Entscheidung in Übereinkunft mit der Bezirksregierung
Die Leiterin des städtischen Schulverwaltungsamtes Dr. Gudrun Mittelstedt betont: „Der Schulentwicklungsplan hat die Aufgabe, eine Prognose der Schülerzahlen für die nächsten Jahre zu liefern, die Schullandschaft auf ihre Akzeptanz hin zu untersuchen und hinsichtlich der vorhandenen Schulgebäude zu prüfen, ob diese für die Erfüllung der Schulpflicht ausreichend Raum bieten. Er thematisiert also die Aufgaben der Kommune als Schulträger - nicht alle Wünsche, die man hinsichtlich der Entwicklung von Schulen hegen könnte. Bekanntlich liegt der Bildungsbereich in der Zuständigkeit des Landes.“ Die Bezirksregierung Köln als genehmigende obere Schulaufsichtsbehörde habe jüngst bestätigt, dass sich gegenüber der Einschätzung aus dem Jahr 2018 an der Situation der Schullandschaft in und um Erftstadt herum nichts geändert habe: „Die Bezirksregierung hat unmissverständlich klargestellt, dass man in Erftstadt unter den aktuellen Bedingungen keine Gesamtschule genehmigen würde“, betont die Stadt. Gründe seien zum Beispiel, dass sonst der Bestand der Gesamtschule Weilerswist gefährdet und der vorhandene Schulraum in Erftstadt auch bei Auflösung einer weiterführenden Schule nicht ausreichen würde. Dafür wäre der Raum eines ganzen Schulzentrums nötig. Deshalb habe man seitens der Stadt keine Elternbefragung durchgeführt: „Die Bezirksregierung versagt die Bildung einer Gesamtschule und empfiehlt, die Schullandschaft über Stadtgrenzen hinweg zu sehen“, resümiert Bürgermeisterin Carolin Weitzel. Sie ergänzt: „Alle weiterführenden Schulen in Erftstadt sind stabil. Die begonnene Sanierung des Schulzentrums Lechenich wird für die Realschule und das Gymnasium großzügige Raumbedingungen schaffen.“
Letztlich so viele Aus- wie Einpendler
Im Schulentwicklungsplan sei zudem auch das Wahlverhalten nach Abschluss der vierten Klasse analysiert worden: Zwar würden 25 Prozent der Kinder zu weiterführenden Schulen ins Umland auspendeln, im Gegenzug pendelten aber auch fast genauso viele (24%) in die weiterführenden Schulen Erftstadts ein. „Eine besondere Rolle spielt dabei die Gesamtschule Weilerswist: Erftstädter Kinder werden dort im Aufnahmeverfahren wie gemeindeeigene Kinder berücksichtigt, Weilerswister Kinder im Gegenzug in unserem dreigliedrigen Schulsystem“, fasst Dr. Gudrun Mittelstedt den intensiven Austausch über die Kreisgrenzen hinweg zusammen.
Handlungsbedarf bestehe dagegen im Bereich der Grundschulen, weil die immer stärkere Inanspruchnahme der Offenen Ganztagsschule (OGS) und der Rechtsanspruch auf einen OGS-Platz ab 2026 neue Raumkonzepte erforderlich machten.
„Der Auffassung, dass hier noch große Herausforderungen vor der Stadt Erftstadt liegen, um den Rechtsanspruch 2026 erfüllen zu können, schließen wir uns an“, erklärt Stephanie Bethmann, Fraktionsvorsitzende der Grünen Erftstadt: „Zumal die Raum- und Platzsituation in einigen Schulen heute schon angespannt ist.“ Zum Thema Gesamtschule für Erftstadt hätten sich die Grünen „über eine Empfehlung gefreut. Leider lässt die Bezirksregierung keinen Zweifel daran, dass sie einer Gründung nicht zustimmen wird.“ Mit Blick auf die Zukunft fügt Bethmann aber hinzu: „Umso wichtiger ist es, dass wir uns gemeinsam für ausreichende Kapazitäten und eine gute Anbindung an alle Gesamtschulen im Umkreis stark machen. Auch das Ziel einer eigenen Gesamtschule werden wir nicht aus dem Auge verlieren“, denn Erftstadt wachse.
Inklusionsbeirat mahnt Nachbesserungen an
Unzufrieden zeigt sich auch der Inklusionsbeirat, fehlten im Plan doch sämtliche differenzierten Daten, wie zum Beispiel die Anzahl und Verteilung von Kindern mit Förderschwerpunkt (AOSF) an den städtischen Schulen. „Für uns ist das unbegreiflich. Im letzten Plan 2015/16 wurden diese Daten mit in den Blick genommen“, beklagt Gert Löhnert, Vorsitzender des Inklusionsbeirates und pensionierter Rektor einer Grundschule. „Wir bedauern es sehr, dass der Plan ohne Berücksichtigung unserer Einwände abgestimmt wurde.“ Die Verwaltung der Stadt sei der Meinung, Inklusion könne nicht in einem Schulentwicklungsplan abgebildet werden. Sie verweise auf die stadteigene Schulstatistik und Schulentwicklungspläne anderer Städte, bemängelt der Inklusionsbeirat und resümiert: „Nur, weil andere Städte es auch schlecht machen, heißt das nicht, dass dies der Maßstab der Schulentwicklungsplanung ist.“
Am 13. Dezember soll der Schulentwicklungsplan im Rat beschlossen werden.
Redakteur/in:Düster Volker aus Erftstadt |
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