Interview mit Erftstädter Feuerwehrleuten
Rettungsaktion verlief dramatisch

Wolfgang Schumacher (li.) und Elmar Mettke dienen seit Jahrzehnten in der Freiwilligen Feuerwehr Erftstadt. In der Hochwasserkatastrophe waren sie tagelang im Einsatz. | Foto: Zingsheim
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  • Wolfgang Schumacher (li.) und Elmar Mettke dienen seit Jahrzehnten in der Freiwilligen Feuerwehr Erftstadt. In der Hochwasserkatastrophe waren sie tagelang im Einsatz.
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Wolfgang Schumacher gehört seit fast 40 Jahren dem Löschzug
Blessem der Freiwilligen Feuerwehr an und war bei der
Hochwasserkatastrophe von Anfang an mit im Einsatz. Auch
Feuerwehr-Pressesprecher Elmar Mettke dient seit Jahrzehnten in der
Feuerwehr und kommt seit Tagen nicht zur Ruhe. Vor allem am
Krankenhaus Frauenthal, an dem auch das Altenpflegezentrum und das
stationäre Hospiz liegen, verlief der Einsatz dramatisch.

Herr Schumacher, Herr Mettke wann wurden Sie alarmiert?

Schumacher Das war am Mittwochnachmittag, 14. Juli,
gegen 15 Uhr. Wir sind dann als erstes zu vier oder fünf Reiterhöfen
in Blessem gefahren und haben die schon einmal vorgewarnt: „Nehmt
eure Pferde und bringt euch in Sicherheit!“

Mettke Ich hatte morgens im WDR gehört, dass mit
Starkregen bis zu 200 Millimeter zu rechnen sei. Da habe ich erst
gedacht, die haben sich mit der Zahl vertan, denn dann hätten wir ein
Problem.

Wie lief der Einsatz ab?

Schumacher Der Einsatz war doppelt belastend, denn an
diese Regenmassen hatte keiner geglaubt. Wir sind auch gerade im
Löschzug Blessem unterbesetzt, weil einige in Urlaub oder krank
waren. Auf dem Weg zur Wache sind wir sind an der
Flüchtlingsunterkunft vorbei gekommen, die schon hüfthoch unter
Wasser stand. Aber die Leute waren offenbar durch städtische
Mitarbeiter bereits versorgt.

Was waren ihre dramatischsten Erlebnisse?

Schumacher Da kann ich einiges berichten. In der Nacht
von Donnerstag auf Freitag ist entschieden worden, das
Altenpflegezentrum (APZ) am Krankenhaus zu evakuieren, und auch hier
stand das komplette Gelände schon hüfthoch unter Wasser. Das
Krankenhaus, in dem auch meine Frau lag, war schon tags zuvor
evakuiert worden.

Mettke Donnerstagmittag ging die Brandmeldeanlage und
wir kamen von Lechenich. Am APZ standen Pflegebetten auf den Straßen
und in Garagenhöfen. Das war sehr verstörend. Es war schönes Wetter
und das Pflegepersonal ging über die Straße. Das war bizarr.

Schumacher Das Wasser wurde immer mehr. Wir haben
schließlich mit Unimogs von RWE evakuiert: Extrem hoch und mit extrem
kurzer Pritsche. Damit haben wir erst mal schweres Gerät
rübergebracht, wie Licht und Flex. Wir haben im Hospiz den Notausgang
aufgeflext, denn da mussten nachts um zwei Uhr auch noch acht
Patienten evakuiert werden. Wir haben zuerst die Lichtkomponente
abgegeben, damit die überhaupt etwas Licht hatten.

Wie wurden die Menschen gerettet?

Schumacher Der Fahrer kannte sich nicht aus und musste
im Wasser auf dem Parkplatz mit den Bordsteinen langfahren, das war
für uns schon schwierig. Wir hatten nachher vier alte Menschen im
Rollstuhl auf der Pritsche mit einer nur 30 Zentimeter hohen Bracke.
Rausgeholt wurden die Leute mit einem Radlader mit einer
Sieben-Kubikmeter-Schaufel. Es ging nicht mehr anders.

Waren dort noch weitere Kräfte im Einsatz?

Schumacher Auch die Jungs von der Bundeswehr haben einen
tollen Job gemacht. Die waren auch mit Unimogs, Krankentransportern
und anderen Fahrzeugen vor Ort.

Mettke Die Feuerwehr Erftstadt hat an der Notaufnahme
des Krankenhauses, die auf dem Gelände liegt, einen Rettungswagen
verloren. Die wollten Patienten evakuieren, das Wasser kam aber
schneller. Die Fahrzeuge standen zwei Tage mit offenen Türen im
Wasser.

Haben Sie noch mehr Fahrzeuge verloren?

Schumacher Ich glaube, wir haben am Krankenhaus
insgesamt acht Rettungswagen verloren. Soweit ich es überblicke sind
auch zwei Notarzteinsatzfahrzeuge, ein Einsatzleitwagen, ein
Kommandowagen und noch mindestens zwei weitere Feuerwehrfahrzeuge voll
Wasser gelaufen.

Mettke Das ist auch ein sehr hoher finanzieller Verlust.
Wir sind mit der Löschgruppe Lechenich mit einem Tanklöschfahrzeug
nach Blessem reingefahren. Da ist Wasser in den Motor gekommen, das
sind 20.000 bis 40.000 Euro Schaden. Eine Reparatur ist damit wohl
unrentabel.

Wie verarbeiten Sie persönlich die Erlebnisse?

Schumacher Das ist nicht leicht zu verarbeiten. Aber wir
haben permanent Seelsorger vor Ort und das PSU-Team der
Berufsfeuerwehr Köln (Team zur psychosozialen Unterstützung). Die
haben hier ein Büro. Man kann die Leute besuchen oder anfordern.

Können Sie für den bisherigen Einsatz eine Bilanz ziehen?

Mettke Ich hätte nie geglaubt, dass wir dermaßen in
den Schlamassel geraten können. Sowas habe ich in der Tagesschau
gesehen, aber nicht bei uns hier mit Blessem und der abgesoffenen B
265. Und von den anderen Ortsteilen, wie Bliesheim, haben wir jetzt
gar nicht gesprochen. Die sind als erste abgesoffen. Auch Ahrem,
Friesheim und Lechenich sind stark betroffen.

Schumacher Wir hatten hier in Erftstadt teilweise 900
bis 1000 Feuerwehrleute im Einsatz. Was unsere Freiwilligen geleistet
haben, das ist unmenschlich. Man kann nicht soviel Hüte kaufen, wie
man sie vor der Leistung der Kameraden ziehen muss.

Das Interview führte Georg Zingsheim

Wolfgang Schumacher (li.) und Elmar Mettke dienen seit Jahrzehnten in der Freiwilligen Feuerwehr Erftstadt. In der Hochwasserkatastrophe waren sie tagelang im Einsatz. | Foto: Zingsheim
Vor allem in Blessem hat das Wasser große Schäden angerichtet. | Foto: Manke
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