Solar-Radweg wurde zurückgebaut
Viel diskutierte 90 Meter - und eine Erkenntnis

Der bundesweit erste Solar-Radweg in Erftstadt ist Geschichte - die Solar-Module wurden abgefräst und entsorgt. Stattdessen wurde ­eine „klassische Asphaltschicht“ aufgetragen. | Foto: Volker Düster
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  • Der bundesweit erste Solar-Radweg in Erftstadt ist Geschichte - die Solar-Module wurden abgefräst und entsorgt. Stattdessen wurde ­eine „klassische Asphaltschicht“ aufgetragen.
  • Foto: Volker Düster

Erftstadt (vd). 90 Meter, viel beachtet, mit großen Hoffnungen gestartet, die Erwartungen nicht erfüllt und nun wieder abgerissen. So lässt sich in aller Kürze die Geschichte des ersten Solar-Radweges von Deutschland zusammenfassen.

Im November 2018 fand die feierliche Einweihung der Teststrecke in Liblar statt – mit dem damaligen Bürgermeister von Erftstadt Volker Erner, der damaligen Bundesumweltministerin Svenja Schulze und dem Gründer des Unternehmens solmove GmbH, Donald Müller-Judex. „Das Bundesumweltministerium hatte die Installation der Anlage eines Solar-Start-Up-Unternehmens zu 90 Prozent gefördert. Die Stadt war mit 13.000 Euro an dem Projekt beteiligt. Die Maßnahme war Teil eines Gesamtpaketes zur Schaffung des Infrastrukturrings um Liblar im Rahmen des Masterplans Liblar“, heißt es rückblickend seitens der Stadt Erftstadt.

Die Idee des Unternehmens: Mit speziellen, befahrbaren Photovoltaik-Modulen sollte Strom erzeugt werden, ohne dafür zusätzliche Flächen zu versiegeln - so weit, so gut. Doch statt einer Erfolgsgeschichte entwickelte sich in Erftstadt eine Pannenserie, samt bundesweiter medialer Aufmerksamkeit: Zunächst war die Anlage noch nicht ans Stromnetz angeschlossen. Als dies erfolgt war, kam es zu Schwelbränden in den Photovoltaik-Platten, die Feuerwehr musste ausrücken. Im März 2019 wurde die Anlage dann stillgelegt.

In der Folge wurden die Module abgedeckt, mal mit Folien, mal mit Matten, weil zuletzt sogar die Oberfläche zum Teil zerbröckelte oder mutwillig zerstört wurde. Zudem folgten Rechtsstreitigkeiten zwischen der Stadt und solmove sowie Nachbesserungen seitens des Unternehmens. Diese Nachbesserungen hätten aber nicht zum Erfolg geführt, so die Stadt: „Tatsächlich hat die Anlage nach der Installation 2018 nur minimale Strommengen produziert und ist weit hinter den Erwartungen von 12 Megawattstunden pro Jahr für die 200 Quadratmeter große Fläche zurückgeblieben.“

„Rendite ist bei uns oberstes Gebot - nicht die Natur“

Donald Müller-Judex erklärt dazu: „Die Ursache für die minimale Stromproduktion war der fehlende Zähler, um den sich die Stadt kümmern sollte. Der Zähler wurde dann auf politischen Druck von außerhalb und mit intensiver Unterstützung unsererseits organisiert und eingebaut. Als der Strom dann fließen konnte, hat er leider auch zu der Erhitzung von 20 Anschlussdosen geführt. Die anderen 500 Anschlussdosen blieben in Ordnung.“

Im Juli 2021 liefen im Zuge des Starkregenereignisses dann auch noch die Anschlussschächte voll, wodurch die dort verbaute Technik zerstört wurde. Für diese Schäden sei die Stadt rechtlich in der Verantwortung, so Donald Müller-Judex, die habe aber auf Vorschläge zur Behebung nicht reagiert.

Die Stadt Erftstadt zog nun letztlich einen Schlussstrich: „Der fortschreitend immer schlechter werdende Zustand der Anlage machte einen Rückbau erforderlich.“ Der bundesweit erste Solar-Radweg wurde daher nun durch „eine klassische Asphaltschicht ersetzt“, so die Stadt.

Und wie lautet das Resümee von Donald Müller-Judex? „Es handelte sich um eine Teststrecke. Aus Ingenieurssicht ist die nicht ungewöhnlich verlaufen. Für mich hat letztlich die Blockade-Haltung der Stadt das Projekt zerstört.“ In Gelsenkirchen seien funktionstüchtige Elemente auf einem Parkplatz in Betrieb, sagt Donald Müller-Judex, der das eigentliche Problem aber bei der Bundes­politik sieht: „Rendite ist bei uns oberstes Gebot - nicht die Natur. Die Solartechnik auf Straßen hat sich letztlich nicht durchgesetzt, weil der Strom dann etwas teurer gewesen wäre - wir reden über ­eine Subventionierung von ein paar Cent je Kilowattstunde. Dann wäre die Technik konkurrenzfähig gewesen“, so das Fazit von Donald Müller-Judex. Die solmove GmbH habe vor über einem Jahr Insolvenz angemeldet.

Und wer bezahlt nun den Rückbau? Dazu erklärt die Stadt: „Die Kosten werden sich auf eine niedrige fünfstellige Summe belaufen. Die Stadtverwaltung und das Start-Up sind in der Frage der Kostenträgerschaft noch in Verhandlungen.“

Redakteur/in:

Düster Volker aus Erftstadt

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