Familienforschung
BBC dreht im Stadtarchiv

Ein BBC-Filmteam dokumentierte das Zusammentreffen von Hilary Freeman mit Stadtarchivar Alexander Entius (3.v.li.) und Lokalhistoriker Egon Heeg (li.). Hillary Freeman lebt in London, entstammt aber einer der ältesten jüdischen Familien Frechens. | Foto: Magdalena Marek
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  • Ein BBC-Filmteam dokumentierte das Zusammentreffen von Hilary Freeman mit Stadtarchivar Alexander Entius (3.v.li.) und Lokalhistoriker Egon Heeg (li.). Hillary Freeman lebt in London, entstammt aber einer der ältesten jüdischen Familien Frechens.
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Frechen - Über einen nicht alltäglichen Besuch freute sich Stadtarchivar
Alexander Entius. Ein Team der BBC drehte eine Dokumentation über
eine Engländerin, die im Archiv nach ihren deutsch-jüdischen Wurzeln
forschte.

„Es ist einfach fantastisch zu sehen, wo meine Familie tatsächlich
herstammte!", sagte Hilary Freeman noch unter dem Eindruck der
vergangenen Stunden. Seit längerem schon habe sie im Internet
versucht mehr über die Herkunft ihrer deutsch-jüdischen Vorfahren
herauszubekommen. „Aber jetzt bin ich hier und sehe mit eigenen
Augen, wo wir herkommen."

Die 45-jährige Engländerin lebt mit ihrem französischen Partner und
ihrer Tochter in London. Durch das Votum für den so genannten Brexit,
ist sie, wie viele Briten, verunsichert, ob ihr ausländischer Partner
weiterhin in Großbritannien wird arbeiten und wohnen können. Aus
dieser Verunsicherung heraus hat sich die Journalistin, die unter
anderem für die englische Daily Mail und den Guardian schreibt und in
diesen Tagen ihren siebten Roman veröffentlicht hat, entschlossen,
einen Antrag auf Wiedereingliederung zu stellen, also einen deutschen
Pass zu beantragen.

Rechtlich ist das möglich, wenn den Angehörigen zwischen 1933 und
1945 die Staatsangehörigkeit aus politischen, rassischen oder
religiösen Gründen entzogen worden ist. Das ist bei den Verwandten
von Hilary Freeman der Fall gewesen.

Vor laufender Kamera der BBC zeigen ihr Alexander Entius und der
Lokalhistoriker Egon Heeg, der seit 40 Jahren zu Frechener Geschichte
forscht, den Stammbaum ihrer Familie, deren Anfänge um 1800 in
Frechen lagen und somit zu den ältesten jüdischen Familien Frechens
gehörte. „That’s amazing", sagt Freeman immer wieder
überwältigt von den neuen Informationen.

An diesem Tag ist sie das erste Mal in Deutschland und konnte bei
ihrem kurzen Aufenthalt auch schon das Geburtshaus ihrer
Ur-Großmutter in Krefeld sehen. Eigentlich hat sie angenommen, keine
Familie mehr zu haben. Im Archiv zeigten ihr Entius und Heeg, dass
eine Großcousine und ein Großcousin in den USA in Wisconsin leben
und zu denen sie Kontakt aufnehmen kann.

Neben den freudigen Nachrichten wurde Hilary Freeman aber auch mit der
traurigen Seite der Familiengeschichte konfrontiert. Viele ihrer
Vorfahren sind während des Zweiten Weltkriegs im Konzentrationslager
Theresienstadt umgekommen. Ihr Großvater Siegfried Baruch hatte
Glück und konnte 1939 nach Großbritannien fliehen. Bevor er sich
1940 zum Dienst in der Britischen Armee meldete, änderte er seinen
Namen in Sydney Brook, so das Hilarys Mutter Vivien Brook mit
Mädchennamen hieß.

Ihr Großvater hat ihr eine Menge über sein Leben in Frechen
erzählt, während ihre Großmutter gar nicht gern über die schwere
Zeit während des Krieges gesprochen habe. Im Archiv konnte Hilary
Freeman Geburts- und Sterbeurkunden ihrer Vorfahren im Original sehen
und sogar einige Fotos ihrer Verwandten. Später am Abend brach sie
gemeinsam mit dem Fernseh-Team zum Geburtshaus der Familie in der
Rosmarstraße 10 auf.

Bevor sie am nächsten Tag Deutschland wieder verließ, hat sie das
Fernsehteam bei der Besichtigung verschiedener Orte in Frechen
begleitet, die auch für ihre Familie wichtig waren, wie die Stelle,
an der die frühere jüdische Synagoge stand und auch den jüdischen
Friedhof, wo sie gemeinsam mit Bürgermeisterin Susanne Stupp die
Gräber ihrer Vorfahren, des Ehepaars Bernhard Baruch, 1836 in Frechen
geboren und Charlotte, geborene Cohnen, die 1843 in Frechen zur Welt
kam, besuchte. Es sei ein kurzer, aber sehr intensiver erster Besuch
gewesen, meinte Freeman. Und vor allem freute sie sich viele nette,
hilfsbereite Leute kennengelernt zu haben.

Neben Hilary Freeman hat das BBC Team noch einen weiteren Engländer
bei seiner Suche nach seinen deutsch-jüdischen Wurzeln begleitet.
Viele Briten haben das Gefühl, der Brexit entferne sie von ihrer
Vergangenheit. Während die meisten vor allem in Internet
recherchieren, machen sie einige aber auch auf den Weg, um etwa in
Deutschland nach ihrer Familiengeschichte zu forschen.

- Magdalena Marek

Ein BBC-Filmteam dokumentierte das Zusammentreffen von Hilary Freeman mit Stadtarchivar Alexander Entius (3.v.li.) und Lokalhistoriker Egon Heeg (li.). Hillary Freeman lebt in London, entstammt aber einer der ältesten jüdischen Familien Frechens. | Foto: Magdalena Marek
Die britische Journalistin Hilary Freeman freute sich sehr darüber zum ersten Mal die Heimatstadt ihrer Vorfahren zu besuchen. | Foto: Magdalena Marek
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