Die Innenstadt leidet
Händler fürchten um verkaufsoffene Sonntage
Frechen - Sonntags shoppen gehen? Das war bisher in Frechen vier Mal im Jahr
möglich. Doch die Regularien für eine Öffnung am Sonntag wurden
verschärft. Nun bangen die Geschäfte der Frechener Innenstadt um
ihre umsatzstärksten Verkaufstage.
Leerstehende Ladenlokale in der Fußgängerzone und dazu die Melodie
von „Spiel mir das Lied vom Tod": Im Jahre 1999 landete in jedem
Frechener Haushalt eine VHS-Kassette. Darauf, das Konterfei von
Hans-Willi Meier.
Der CDU-Politiker hatte sich zum Ziel gesetzt, Bürgermeister seiner
Stadt zu werden, und machte mit der Kassette auf die Missstände in
Frechen aufmerksam. Ein Novum im Frechener Wahlkampf: spektakulär und
von Erfolg gekrönt. Meier wurde gewählt und blieb bis 2015 Erster
Bürger.
Leerstände gibt es immer noch. Das Unternehmen Strauss Innovation ist
insolvent, die Drogerie Müller zog es nach Hürth, verschiedene
kleinere Ladenlokale stehen leer oder sind zu reduzierter Miete
Zwischenvermietet.
Aktiv dagegen getan wird augenscheinlich wenig. Der Wunsch der
ansässigen Unternehmen, die Fußgängerzone moderner zu gestalten und
ihren Ansprüchen anzupassen, wird von Politik und Verwaltung bisher
nicht erhört. Jetzt macht der Stadtrat sein Zentrum – nach Meinung
vieler Geschäftsleute - noch unattraktiver:
Unter dem Tagesordnungspunkt „A13.6 Ordnungsbehördliche Verordnung
über das Offenhalten von Verkaufsstellen an Sonntagen im Jahr 2017
– hier Bauernmarkt" beschloss die Ratsmehrheit, dass zum Bauernmarkt
am Sonntag, 2. April, nur noch Geschäfte in der Fußgängerzone
öffnen dürfen, die weniger als 500 Quadratmeter Verkaufsfläche
haben.
Größere Filialen wie c&a, Marktkauf, Kodi, REWE und Rossmann müssen
zu bleiben. Ebenfalls betroffen sind Geschäfte außerhalb der
Fußgängerzone, wie das Möbelhaus porta an der Europaallee.
Grund für die Einschränkung ist, laut Verwaltung, „die konsequente
Ablehnungshaltung der Gewerkschaft ver.di" gegenüber verkaufsoffenen
Sonntagen.
In den vergangenen Monaten gelang es ver.di mehrfach, sonntägliche
Öffnungen kurzfristig gerichtlich zu unterbinden. Unternehmen und
Interessenverbände blieben auf Werbe- und Planungskosten sitzen.
Bereits gedruckte Prospekte landeten zu Hunderttausenden in der Tonne.
Grundlage ist ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, nachdem ein
sonntägliche Öffnung nur dann zulässig ist, wenn die dazugehörige
Veranstaltung (Bauernmarkt, Martinsmarkt, Stadtfest, …) mehr
Besucher anzieht, als die geöffneten Geschäfte.
Daher ist die Stadtverwaltung vorsichtig geworden: Für den ersten
Verkaufsoffenen Sonntag im Jahr reduzierte sie die zulässige
Verkaufsfläche, um den Besucherstrom zu den Geschäften zu
reduzieren. Die übliche Verabschiedung „en bloc" im Stadtrat, für
alle vier Verkaufsoffenen Sonntage im Jahr, gehört der Vergangenheit
an.
Planungssicherheit für den Aktivkreis Frechen, einem Zusammenschluss
Frechener Unternehmer und die Veranstaltungsbüros sieht anders aus.
„Wenn das so weitergeht, können sie die Geschäfte in der
Innenstadt bald zunageln", ärgert sich der Aktivkreis-Vorsitzende
Cornel Lindemann-Berk.
Die Filialleiter der größeren Unternehmen hätten ihm mitgeteilt,
dass sie an einem Verkaufsoffenen Sonntag rund drei Prozent ihres
Jahresumsatzes machen würden. „Und jetzt erklären sie denen mal,
dass sie auf zwölf Prozent ihres Umsatzes verzichten müssen!"
Die erteilte Genehmigung für Geschäfte mit kleinerer Verkaufsfläche
nennt Lindemann-Berk eine „merkwürdige Begrenzung" und „Frechener
Spezialität". Während der Einzelhandel in Frechen immer stärker
reglementiert und eingeengt würde, seien die Geschäfte in Maastricht
zukünftig sieben Tage die Woche, 24 Stunden geöffnet.
- Lars Kindermann
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.