Spvg. Frechen 20
„Jedes Spiel wird ein Finale“
Bei der Spielvereinigung Frechen 20 läuft es aktuell richtig rund. Nach einer herausragenden Hinrunde scheint für die 1. Mannschaft sogar der Sprung in die 4. Liga möglich. Doch ist der Frechener Kurt-Bornhoff-Stadion bereit für den Profi-Fußball?
Frechen. Deutschlands Fußball-Amateure haben derzeit Pause und beim Blick auf die Tabellensituation der Hinrunde fällt ein Verein im Rhein-Erft-Kreis besonders positiv auf: Die Spielvereinigung Frechen 1920.
Die 1. Herrenmannschaft von Frechen 20 ist überzeugend Herbstmeister der Mittelrheinliga geworden. Bei einem Aufstieg würde die Spielvereinigung in der kommenden Saison in der Regionalliga unter anderem mit Alemannia Aachen, Fortuna Köln und dem Wuppertaler SV spielen.
Das Wochenende traf sich mit den Verantwortlichen des Vereins um mehr über die erfolgreiche Entwicklung der 20-iger zu erfahren. Wir sprachen mit dem ersten Vorsitzenden, Sahin Yildirim und dem Trainer der ersten Mannschaft, Okan-Tamer Özbay.
Sahin Yildirim (43) ist seit 14 Jahren für die sportlichen Aufgaben im Traditionsverein mit seinen über 300 Mitgliedern verantwortlich und seit 2017 1. Vorsitzender. Zu seinen Vorgängern gehören lokale Berühmtheiten wie Karl Lambertin, Hannes Kassel oder Heinz Maubach.
Okan-Tamer Özbay ist ein weiteres Beispiel für Kontinuität. Der 30-jährige ist bereits seit mehr als sechs Jahren im Verein aktiv und übernahm vor drei Jahren die 1. Mannschaft als Nachfolger von Sven Demandt. Unterstützt wird er dabei von Maximilian Jansen, Deniz Akray, Lenhard Preis und Luca Wirtz.
Ein wesentlicher Baustein der Erfolgsgeschichte des Gesamtvereins ist die Jugendarbeit bei Frechen 20. Die Jugendabteilung setzt mit ihren Teams auf optimale Gestaltung im Amateurfußball. Die jeweiligen Trainer besitzen Lizenzen und werden im Training durch Spieler der Herrenmannschaften unterstützt. Modernes Trainings-Equipment wird gemeinsam genutzt. So gefördert verlässt kaum ein A-Jugendlicher den Verein und versucht auch sportlich rasch den Übergang in den Seniorenbereich zu schaffen.
Immerhin spielt die U23 unter Trainer Eray Karaoglu in der Bezirksliga und die U21, angeleitet vom Trainerteam Oliver Klein und Andre Kalav, in der Kreisliga A. Hier können die jungen Spieler auf sich aufmerksam machen und sich Zeit lassen für eine Empfehlung – vielleicht für ganz nach oben in der Mittelrheinliga. So schafften es zum Beispiel in den letzten beiden Jahren mit Frederic Mäntele, Simon Doll, Konstantin Esch und Leon Pingen gleich vier Spieler der U23 den Sprung in das Team der ersten Mannschaft.
Erreichte Frechen 20 in der Mittelrheinliga in den letzten Jahren stets gute Platzierungen, überrascht der aktuelle Erfolg mit dem Gewinn der Herbstmeisterschaft selbst Fachleute, da vor der Saison einige etablierte Stammkräfte aus dem Team ausschieden. Zudem verfügt die Konkurrenz in der Liga, darunter der Bonner SC, Eintracht Hohkeppel und Bergisch Gladbach, über deutlich höhere finanzielle Möglichkeiten.
Hinzu verfügen diese Teams teilweise über Spieler, die Erfahrungen im Profi-Bereich gesammelt haben. Der Bonner SC beschäftigt sogar ein Team mit hauptamtlichen Angestellten im Leitungsbereich.
Trotzdem gehört Frechen aktuell zu den besten Amateur-Mannschaften Deutschlands. Warum?
„In erster Linie haben wir aus der letzten Saison die richtigen Schlüsse gezogen. Uns ist es gelungen hungrige, talentierte Spieler zu integrieren, die den Sport lieben und noch lange nicht satt sind. Die junge Mannschaft wird durch unser Trainer-Team intensiv geführt, und wir zeigen auf, wie wir den Weg gehen wollen und was es dafür braucht. Vom ersten Tag der Vorbereitung haben wir ein Team gebildet und die unterschiedlichen Charaktere haben Lust aufeinander“, erklärt Trainer Okan-Tamer Özbay
„Damit die neuen Spieler rasch integriert werden konnten, haben wir viele teambildende Veranstaltungen durchgeführt. Das Gesamte des Menschen ist uns wichtig. Die Kultur, die Gepflogenheiten leben wir vor und kein Spieler ist sich zu schade für den Materialdienst der Trainings- und Spielgeräte. Allen voran leben unsere Kapitäne Tobias Stecker und Patrick Friesdorf Werte vor, es gibt auch keine Starallüren, auch nicht bei einem Spieler wie Patrick, immerhin mit derzeit 17 Toren der erfolgreichste Stürmer in der Liga“, ergänzt Frechen 20-Präsident Sahin Yildirim.
Der derzeitige Erfolg sei keineswegs „über Nacht“ gekommen. Dazu Yildirim: „Im letzten Jahrzehnt haben wir unsere Philosophie nie verlassen und viel Leidenschaft in unsere Arbeit investiert. Und nun können wir unsere Entwicklungsfortschritte erkennen. Die Kommunikation bei den Trainern der Mannschaften untereinander ist bestens, so dass alle Spieler bei ihrer eigenen Entwicklung im Fokus bleiben und individuell gefördert werden“.
Die erste Herrenmannschaft stellt eines der jüngsten Teams der Liga. Beachtlich, dass die Führungsspieler wie Kapitän Tobias Stecker und Patrick Friesdorf auch erst 27 beziehungsweise 29 Jahre alt sind. Beide sind für die Mannschaft extrem wichtig und verlängerter Arm der Trainer. Sie seien „bodenständig und echte Vereinsspieler“, lobt die Vereinsleitung.
Und wie geht die Erfolgsgeschichte in diesem Jahr weiter? Dazu Özbay: „Die Rückrunde wird sicher schwieriger als die Hinrunde. Wir werden jetzt die Gejagten sein. Diese Rolle wollen und müssen wir erstmal annehmen. Aber wir dürfen um die Meisterschaft spielen, sind in der Spitzengruppe. Das ist eine Auszeichnung für jeden Spieler. Jedes Spiel wird ein Finale sein. Aber wir wollen den Wettkampf - und Spiele gewinnen. Und unser Potential ist noch nicht ausgeschöpft! Auch wenn wir mit Hohkeppel die meisten Tore erzielt und nach dem Bonner SC die wenigsten Gegentore hatten – bei Standardsituationen ist noch Luft nach oben. Und unser Wunsch ist, dass wir bis zum Ende der Saison Teil des Konkurrenzkampfes um den Meistertitel sein dürfen“.
Der Aufstieg in die 4. Liga ist also möglich. Doch kann die Struktur rund um das Frechener Kurt-Bornhoff-Stadion diese Herausforderung leisten? Schließlich gibt es seitens des DFB klare Vorgaben für die Erteilung einer Lizenz.
Dazu Yildirim: „Zunächst einmal sind wir Wettkämpfer, wo das Bestreben nach dem Höchstmöglichen gegeben ist. Traum eines jeden Amateurs ist es, seine Leistungsfähigkeit im Profibereich zeigen zu können. Seitens der Vereinsführung sind wir bereit, Strukturen zu verändern. Wir sind allerdings absolut abhängig auf die Unterstützung der Stadt Frechen vor allem im Bereich des Stadions. Hier sind erste Gespräche geführt worden. Für uns bleibt abzuwarten, ob die benötigte Bereitschaft, notwendige Prozesse flexibel mitzugestalten, gegeben sein wird. Eine abschließende Bewertung, ob im Falle eines Erfolgs ein Aufstieg in Anspruch genommen wird, werden wir nach Abwägung entscheiden.“
Sollte der Aufstieg in die Regionalliga gelingen, würde dem Verein manches erleichtert. Noch mehr Talente aus dem Umland könnten besser an den Spitzensport herangeführt werden. Und auch die Zuschauerzahlen liegen dort im Schnitt deutlich höher als in der Mittelrheinliga. Leiden doch gerade die Amateurvereine unter den vielen Fernsehübertragungen der ersten und zweiten Bundesliga. Oftmals bleibt die Vereinsliebe auf dem Sofa, anstelle beim Besuch auf dem Platz der Amateure – obwohl das Niveau – zumindest wenn Frechen 20 spielt - hoch ist!
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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