Kanalprobleme bei Starkregen
„Jetzt saufen wir wieder ab“
Mal zu viel, mal zu wenig: Das Thema „Wasser“ beschäftigt die Menschen in Habbelrath auf sehr unterschiedliche Weise. Recht häufig fällt im Ort die Frischwasserversorgung aus, weil die alten Faserzementrohre auf der Strecke entlang der Dürener Straße marode sind (wir berichteten). Aber manchmal – bei Starkregen – kommt bei vielen Habbelrathern auch mehr Wasser an als gewollt.
Frechen-Habbelrath. „Wenn es längere Zeit intensiv regnet, dann wissen bei uns in der Straße alle: Jetzt saufen wir wieder ab!“, erzählt Karin Balke.
„Generell ist zu sagen, dass das Kanalnetz so bemessen ist, dass es Regen kleinerer Häufigkeit ableiten kann ohne zu Überflutungen zu führen“, hat ihr die Stadt aber schriftlich mitgeteilt.
Sie wohnt seit 2008 auf der Lilienthalstraße. Zwei Jahre nach Renovierung und Einzug hatte sie den ersten Wasserschaden im Keller und das trotz eingebauter Rückstauklappe. Diese verhindert, dass Abwasser, bei Überlastung des Kanalnetzes, nicht zurück in die angeschlossenen Entwässerungsleitungen gedrückt wird.
Es folgten weitere Wasserschäden in den Folgejahren und das obwohl die Familie – nach eigenen Angaben – rund 12.000 Euro in den Schutz vor Starkregen investiert hat. „Wir haben eine elektronische Rückstauklappe, eine Hebeanlage, Pumpen, Nass-Trocken-Sauger, die Kellertür kann mit einem Hochwasserschutz abgedichtet werden, …“, zählt die Hausbesitzerin auf.
Doch trotz aller Maßnahmen findet das gestaute Wasser immer wieder seinen Weg in das Untergeschoss. Zuletzt am Pfingstmontag.
Der Redaktion liegt eine Liste mit über 40 Haushalten aus 18 Straßen in Habbelrath vor, die an diesem Tag mit Wasser im Untergeschoss zu kämpfen hatten.
„Uns sind Probleme aus Habbelrath gemeldet. Nach bisheriger Einschätzung haben fehlerhafte oder nicht vorhandene Rückstausicherungen in Gebäuden zu Problemen geführt“, teilt Stadtsprecher Thorsten Friedmann auf Anfrage der Redaktion mit.
Darauf angesprochen erwidert Oliver Köhler, ebenfalls Anwohner der Lilienthalstraße, lakonisch: „Die können ja gerne mal vorbeikommen und sehen was wir hier zum Schutz vor Starkregen alles getan haben.“
Er vermutet, dass das veraltete Kanalnetz einfach zu knapp bemessen ist. „Das Wasser aus ganz Habbelrath läuft hier zu uns runter“, berichtet er. Das Problem sei auch nicht neu. Schon seine Eltern hätten bei Starkregen Wasser im Keller gehabt. „Seitdem wurden aber weitere Grundstücke verdichtet und viele neue Häuser gebaut“, gibt er zu bedenken.
Seit vergangenem Jahr wohnt in direkter Nähe eine junge Familie. Sie hatte seitdem bereits zweimal Wasser im Untergeschoss. „Es kam einfach aus dem Boden“, erzählt die Anwohnerin: „Hätten wir von den Problemen in der Lilienthalstraße gewusst, wären wir hier nicht hingezogen“, ist sie sicher.
Einige Anwohner der Straße berichten von alten – inzwischen entfernten - Abwasserrohren, die früher Wasser in den bewaldeten Hang an den Feldern abgeleitet haben. Einem Anwohner der benachbarten Haydnstraße wurde von einem Kanalreiniger sogar erklärt, dass der Winkel in dem der Kanal der Straße auf den Hauptkanal trifft, falsch und das Netz dadurch schnell überlastet sei.
Der Stadtverwaltung sind keine generellen Kanalprobleme bekannt. Auch über alte Auslässe weiß sie nichts.
Aber nicht nur die Lilienthalstraße hat große Probleme bei Starkregen. Die neue KiTa „Arte“ an der Klosterstraße hatte bereits kurz nach der Fertigstellung einen großen Wasserschaden. Zur vorrübergehenden Entlastung des anscheindend überforderten Kanalnetzes, wurde daraufhin das Regenwasser des großen Gebäudes nicht mehr dem Kanal zugeführt sondern einfach auf einen öffentlich zugänglichen Versorgungsweg abgelassen.
Dies wiederum führte zur Verärgerung einiger Fußgänger, da der Weg bei Regen nicht mehr nutzbar ist und er sich bei Minustemperaturen in eine spiegelglatte Eisfläche verwandelte.
In den kommenden Wochen sollen die Rinnen wieder ans Kanalnetz angeschlossen werden und dann hoffen die Immobilienbesitzerin und die Nachbarn des Gebäudekomplexes , dass dadurch das Kanalnetz nicht noch häufiger überlastet wird.
Einige Betroffene befürchten Schlimmes und weisen auf das nur sehr schlecht ablaufende Regenwasser auf der Kreuzung Klosterstraße/Dürener Straße oder einen stetig überlaufenden Kanal auf öffentlichem Gelände neben der KiTa „Arte“ hin.
Josef Schlüssel, dessen Vater in der heutigen Kindertagesstätte früher eine große Schreinerei betrieb, weiß zu berichten, dass schon zu damaliger Zeit die Kanalreiniger immer auf einen bestimmten, versteckt gelegenen Kanalabschnitt hingewiesen werden mussten. „Den hätten die sonst meist vergessen“, erzählt er.
Auch er hatte an Pfingstmontag Wasser im Keller, ebenso mindestens fünf weitere Haushalte auf der Rosenstraße.
Im Gestrüpp neben der KiTa findet sich tatsächlich ein zugewachsener Kanaldeckel. Ob und in wie weit dies in Zusammenhang mit den Kanalproblemen im Bereich Dürener Straße, Klosterstraße, Rosenstraße steht ist aber nicht bekannt.
„Die Kanalunterhaltung sieht eine Reinigung der öffentlichen Kanalisation einmal in zwei Jahren vor. Die aktuelle Reinigung erfolgte im Frühjahr 2022. Die Straßenabläufe werden turnusmäßig zweimal im Jahr gereinigt“, teilt die Stadt Frechen mit.
Die Verwaltung plant derzeit den Einsatz eines Infomobils des Hochwasserkompetenzzentrums in Habbelrath. Dort können individuelle Informationen zur privaten Starkregenvorsorge eingeholt werden. Die Termine werden öffentlich bekannt gegeben.
Redakteur/in:Lars Kindermann aus Rhein-Erft |
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