Teurer Badespaß
Kostenexplosion entsetzt Frechener Politik
Frechen - Nur eingeschränkt nutzbare Sporthallen, der sehr stockend
vorrankommende Bau der neuen Lindenschule, ein marodes Parkhaus,
Sanierungsstau an städtischen Schulgebäuden, ein nicht nutzbares
Schwimmerbecken im ‚fresh open‘ und jetzt das: Den Politikern im
Betriebsausschuss Freizeit, Bäder, Sport wurde mitgeteilt, dass die
dringend notwendige Sanierung des Terrassenfreibads Frechen nicht, wie
zuvor vermutet, 2,5 Millionen Euro kosten soll. Jetzt stehen
plötzlich 8,3 Millionen Euro im Raum.
„Wir waren wie vor den Kopf geschlagen“, sagt Hans Günter
Eilenberger, Fraktionsvorsitzender der SPD im Rat der Stadt Frechen.
Bereits Anfang 2008, also vor 13 Jahren, habe ein beauftragtes
Planungsbüro einen Sanierungsbedarf für das Terrassenfreibad
festgestellt. Damals seien die Kosten auf weniger als eine Millionen
Euro geschätzt worden.
In den Folgejahren wurde der Ruf nach dringenden Sanierungsmaßnahmen,
von Seiten der Freizeit- und Bäderbetriebe, immer lauter, doch die
Stadt reagierte nicht. „2017 hieß es dann: Es muss was geschehen.
In den Wintermonaten hatte der Frost den Fliesenuntergrund im
Schwimmerbecken stark beschädigt“, erinnert sich SPD-Ratsherr und
Vorsitzender des Betriebsausschusses Freizeit, Bäder, Sport, Kai Uwe
Tietz.
Die anschließenden Diskussionen über die Neugestaltung mit Fliesen,
Folie oder in Edelstahl hätten die Sanierung aber weiter verzögert.
Hinzu habe man sich, von Seiten der Verwaltung, nie „umfassend und
ausreichend“ informiert gefühlt.
„Bislang bestand die Aussicht, dass die Sanierung des
Terrassenfreibades in Frechen mit viel Kraftanstrengung bis Ende 2022
abgeschlossen sein könnte. Beschlossen war ein Kostenumfang in Höhe
von circa 2,5 Millionen Euro. Zudem stehen Fördermittel in Höhe von
1,5 Millionen Euro zur Verfügung“, erinnert sich auch Dieter
Zander, Fraktionsvorsitzender der Perspektive für Frechen.
Den plötzlichen und dramatischen Kostenanstieg bezeichnet
Perspektive-Ausschussmitglied Dirk Wrhel als „Hiobsbotschaft“ die
dem Fass endgültig den Boden ausschlage.
Nach aktuellem Erkenntnisstand in der Verwaltung sei plötzlich auch
eine kostenintensive Erneuerung der gesamten Verrohrung und
Schwimmbadtechnik erforderlich.
Ursächlich dafür seien die maroden Leitungssysteme sowie eine für
Schwimmbäder zu beachtende DIN-Norm für die Aufbereitung von
Schwimm- und Badebeckenwasser. Die DIN-Norm existiere bereits seit
2012, wurde wohl bisher aber nicht ausreichend mit in die Kalkulation
einbezogen.
„Wir fühlen uns von der Verwaltung völlig falsch informiert, was
den Zustand der Schwimmbadtechnik anbetrifft“, ärgert sich die
Perspektive. Noch im Juni 2020 habe die Verwaltung, auf Anfrage der
Perspektive, ausgeführt, dass die Technik in einem guten Zustand sei
und bei der Variante mit Fliesen oder Folie nicht erneuert werden
müsse. Die seitdem getroffenen Entscheidungen bezüglich des Bades
seien in der Nachbetrachtung auf Basis falscher Tatsachen erfolgt.
Dies sei inakzeptabel.
Den von der CDU zwischenzeitlich beantragten und dann
zurückgenommenen Antrag zur Prüfung der Wirtschaftlichkeit des
Terrassenfreibades hält Hans Dieter Eilenberger von der SPD für
untragbar.
„Das Freibad ist ein Markenzeichen Frechens. So ein Bad darf jetzt
nicht kaputtgeredet werden.“ Er und Parteigenosse Kai Uwe Tietz
vermuten die hohe Diskrepanz zwischen der alten und der neuen
Kosteneinschätzung in den veränderten Zuständigkeiten im Frechener
Rathaus:
Im Jahr 2020 trat Robert Lehmann sein Amt als Technischer
Beigeordneter der Stadt Frechen an. „Dieser Sachverstand hat Frechen
die Jahre zuvor gefehlt. Jetzt werden wir endlich umfassend
informiert. Die Politik braucht für ihre Entscheidungen Zahlen und
Fakten. Es hat ja keinen Sinn, sich hier – was die Kosten angeht –
in die eigene Tasche zu lügen“, bedankt sich Eilenberger bei dem
„noch immer relativ neuen“ Mann im Rathaus.
Wie es weitergeht soll sich wohl in den kommenden Wochen entscheiden.
Der Technische Beigeordnete hat, so Kai Uwe Tietz, zugesagt, die im
aktuellen Gutachten angegeben Kosten noch einmal intensiv zu prüfen.
Die Perspektive hat eine Sondersitzung des Betriebsausschusses noch
vor Beginn der Herbstferien beantragt.
„Das ist ein absolutes Dilemma für die Schwimminteressierten
Frechener! Die verlässlichste Lösung stellt da zweifellos das
Ausweichen auf die heimische Badewanne dar“, resümiert Dieter
Zander.
- Lars Kindermann
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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