IFU auf großer Zweiradtour
Unternehmen sind verhalten optimistisch
Frechen - Der Vorstand der Interessengemeinschaft Frechener Unternehmen
(IFU) hat sich mit Fahrrad, Mofa und Motorroller auf den Weg
gemacht und einige Mitgliedsbetriebe in Frechen besucht. Begleitet
wurden sie dabei von Motorradfahrer und Berufsberater Frank Gensch von
der Bundesagentur für Arbeit.
„Wir können ja leider keine Präsenzveranstaltungen durchführen
und haben uns deshalb entschlossen, die Betriebe aufzusuchen und
persönliche Gespräche mit den Inhabern zu führen. Wie stehen die
Betriebe da? Welche Auswirkungen hat die Corona Pandemie auf ihre
Unternehmen? Was kann die IFU tun, um die Betriebe konkret zu
unterstützen? Wo hakt es?“, erklärt der IFU-Vorsitzende Dr.
Jürgen Höser.
Ein persönliches Gespräch sei einfach nicht durch eine Mail-Abfrage
oder eine online Konferenz zu ersetzen.
Erster Stopp der Tour war der Elektrofachhandel Geuer in der Frechener
Fußgängerzone. Inhaber Niklas Geuer und Seniorchef Wolfgang Geuer
begrüßten die Gäste Corona-konform mit Abstand und an der frischen
Luft auf dem Parkplatz hinter dem Ladenlokal. Die Geuers sehen
„vorsichtig optimistisch“ in die Zukunft und hoffen, bald wieder
Kunden empfangen zu dürfen.
Von Stadt, Kreis und Landesregierung hätten sie sich eine bessere
Informationspolitik gewünscht. „Die letzte offizielle Mitteilung zu
den Corona-Maßnahmen haben wir am 17. März 2020, damals von der
Stadt Frechen, bekommen.“ Anschließend sei jeder Betrieb auf sich
allein gestellt gewesen. Informationen zur aktuellen Gemengelage
müsse man sich selber heraussuchen.
Während des Gespräches machte die IFU auf die angespannte Situation
auf dem Ausbildungsmarkt aufmerksam. Bundesweit seien noch 190.000
junge Erwachsene auf der Suche nach einer Ausbildungsstelle. Keine
leichte Situation, für Ausbildungssuchende, aber auch ausbildende
Unternehmen. Niklas Geuer: „Wir haben seit vergangenem Jahr wieder
einen Auszubildenden. Er hat leider nur wenige Wochen echten
Kundenkontakt gehabt.“ Vieles liefe seitdem online oder telefonisch
ab. Das so wichtige Lernen von den erfahreneren Kollegen bliebe
aktuell – aufgrund der Corona-Pandemie- leider aus.
Während die Geuers eine kontinuierliche Verschlechterung der
Qualität eingehender Bewerbungen beobachten, wäre Lars Berndt,
Filialleiter des Modegeschäfts Robert Ley im Gewerbegebiet Europark,
froh, wenn er überhaupt noch Initiativbewerbungen erhalten würde.
Er vermutet, dass vielen der Einzelhandel „nicht sexy genug“ ist.
Lange Arbeitszeiten auch samstags und der direkte Kontakt mit dem
Kunden, würde viele abschrecken. Das Thema „Work-Live-Balance“
sei jetzt auch schon für sehr junge Menschen ein wichtiger Aspekt bei
der Jobsuche.
Die Corona-Krise hat die Modegeschäft-Kette hart getroffen. „In
diesem Jahr haben wir aktuell einen Umsatzrückgang von 75 Prozent zu
verzeichnen“, erklärt Geschäftsführer Georg Cruse. Alle sechs
Wochen würden die Kollektionen wechseln. Zwei Kollektionen hätte man
schon – komplett und weit unter Einkaufspreis – an einen
Aufkäufer abgegeben. Die Förderung durch den Staat habe aber das
Überleben des Unternehmens gesichert, auch wenn bei einem Betrieb
dieser Größe, nur 70 Prozent der monatlichen Fixkosten übernommen
würden. Cruse: „In diesem Fall wird Größe bestraft. Bei kleineren
Unternehmen sind es 100 Prozent.“
An der Ausrichtung des Unternehmens habe die Krise nichts geändert.
Cruse: „Unser Hauptgeschäft bleibt stationär“. Der Online-Handel
sei – bei fast 70 Prozent Retouren-Quote und durchschnittlichen
Portokosten von 18 Euro pro Verkauf – „nur beschränkt lustig“.
Jetzt freue man sich auf eine baldige Öffnung und hofft auf eine
umsatzstarke zweite Jahreshälfte, auch weil nicht alle
Mitkonkurrenten die Krise gemeistert haben. „Das Spiel haben nicht
alle wirtschaftlich überlebt“, weiß Cruse zu berichten. Über die
Unterstützung von Kommune und Kreis in der Krise können die
Ansprechpartner von Robert Ley nichts Negatives sagen. „Wir sind ja
in verschiedenen Bundesländern und vielen Kreisen ansässig. Da war
man überall bemüht, bestmöglich mit uns zusammenzuarbeiten. Die
einzige, die nicht auf unsere Anfragen reagiert hat, ist die
Bundesregierung. Das Bundeswirtschaftsministerium hat sich bis heute
nicht zurückgemeldet.“
Ebenfalls stark betroffen von den Corona-Restriktionen ist die
Fitnessbranche. „Wir hatten noch Glück, da wir – vor der Krise
– ein sehr, sehr gesundes Unternehmen waren“, erklärt Frank
Böhme, Inhaber und geschäftsführender Gesellschafter der der Just
Fit Fitnessclubs. Rücklagen, ursprünglich gebildet um in diesem Jahr
weitere Clubs zu öffnen, hätten dem Unternehmen in der Krise gut
getan. Trotzdem habe man monatliche, fixe Kosten von 1,2 Millionen
Euro zu stemmen.
Böhme: „Und das bei 0 Euro Einnahmen!“ Just Fit habe, im
Gegensatz zu vielen anderen Anbietern, in der Krise auf
Mitgliedsbeiträge verzichtet. Trotzdem habe man 30 Prozent seiner
Mitglieder verloren. Um keine Clubs endgültig schließen zu müssen
habe man sich also „ordentlich verschulden“ müssen. „Aber ich
habe lieber beim Staat Schulden, als bei meinen Mitgliedern“,
erklärt Böhme. Langfristig glaube er aber, dass die Fitnessbranche
als Gewinner aus der Krise herauskommen wird. Das Thema Gesundheit
würde in Zukunft eine noch größere Rolle spielen.
Um Interessierten den Einstieg in die Fitness-Szene zu erleichtern,
bietet Just Fit in Zukunft auch kostengünstige
Wochen-Mitgliedschaften an. Böhme: „Wer will sich in der aktuellen
Situation schon gerne vertraglich fest binden? Die
Wochenmitgliedschaft ermöglicht es den Menschen, mal zu gucken, was
wir so alles zu bieten haben. Ich glaube, das wird gut angenommen.“
Eine weitere positive Entwicklung sei die Zertifizierung seiner Clubs
zu Gesundheitszentren. Dadurch könnten Unternehmen die Gesundheit
ihrer Mitarbeiter mit 50 Euro pro Monat steuerfrei fördern.
Von Just fit ging es dann für Dr. Jürgen Höser, den 2. Vorsitzenden
Franz Pierenkemper, IFU-Geschäftsführer Markus Besserer und
Schatzmeister Marc Bonte zur letzten Station ihrer Tour: Zum Autohaus
Westkamp an der Kölner Straße.
Redakteur/in:Lars Kindermann aus Rhein-Erft |
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