Haushalt beschlossen
Viel Kritik an Verwaltung und Bürgermeisterin
Frechen - Der städtische Haushalt für das Jahr 2018 ist gegen die Stimmen von
SPD, Perspektive für Frechen und Die Linke von der Jamaika-Koalition
(CDU, FDP, Grüne) beschlossen worden.
Verwaltung und Jamaika-Koalition haben gemeinsam die Weichen für das
Frechener Haushaltsjahr 2018 gestellt. Die Christdemokraten im
Stadtrat stimmten dem Haushaltsentwurf der Stadtverwaltung - mit der
CDU-Doppelspitze Bürgermeisterin Susanne Stupp (CDU) und Kämmerer
Dr. Patrick Lehmann (CDU) - zu. In seiner Rede dankte der
stellvertretende Vorsitzende der CDU-Fraktion Stefan Hoss der
Verwaltungsspitze und allen Abteilungen, die an der Erarbeitung des
Haushalts mitgewirkt hätten.
Die Schulsanierungen und Schulerweiterungen gingen gut voran. Frechen
sei nicht Stuttgart. Hier liefen alle großen Bauprojekte voll im
Zeit- und Budgetplan. Frechen würde beste Bildungs- und
Betreuungsvoraussetzungen bieten. Die notwendige Sanierung der
Dreifachturnhalle erst im Jahr 2020 durchzuführen, sei vernünftig.
Mit rund acht Prozent sozial gefördertem Wohnungsraum könne sich
Frechen – im Vergleich zu den anderen Kreiskommunen – gut sehen
lassen.
Die CDU halte fest an der Forderung: Mehr Gastronomie rund um den
Klüttenbrunnen und andere Bäume im östlichen Teil der
Fußgängerzone. Mit einem visuellen Planungskonzept (geplante Kosten:
25.000 Euro) soll mit den Bürgern über diese Pläne gesprochen
werden. Mit einer Plakataktion sollen die Frechener für eine saubere
Innenstadt sensibilisiert werden. Die Bürgerinitiativen zur
Verschönerung der Stadtteile Königsdorf und Bachem sollen mit
jeweils 100.000 Euro unterstützt werden. Die Ortskerngestaltung in
Buschbell/Hücheln soll mit 50.000 Euro gefördert werden.
Von der „unerwartet hohe Steuerrückzahlung eines Frechener
Unternehmens“ profitieren also die Ortsteile, in denen die CDU in
den vergangenen Jahren besonders stark war.
Mit Kritik an Stadtverwaltung und Jamaika-Koalition sparte der
SPD-Fraktionsvorsitzende Hans Günter Eilenberger nicht. Die Rede der
Bürgermeisterin zur Haushaltseinbringung ließe jede
Aufbruchsstimmung vermissen und sei perspektivlos für Frechen.
Moderate Anträge der SPD zur Haushaltsgestaltung seien „von der
ignoranten Mehrheit im Frechener Rat“ vom Tisch gewischt worden. Die
- von Fachleuten empfohlene - Quote von zehn Prozent sozial
geförderten Wohnraum würde Frechen nicht erfüllen. Schnelles
Handeln sei notwendig, um eine weitere Verschärfung auf dem Wohnraum
zu vermeiden.Für die SPD unverständlich sei die verzögerte
Sanierung der Dreifachturnhalle am Gymnasium und der Verzicht auf
einen technischen Beigeordneten. In diesem Bereich benötige die
Stadtverwaltung dringend frischen Wind und das nötige „Know How“.
Die Stadt sei anscheinend nicht gewillt hier etwas zu ändern.
Eilenberger: „Der Stolperkurs durch die Baumaßnahmen in der
technischen Verwaltung geht also munter weiter wie bisher.“ Die
Wahlkampf-Aussagen der Bürgermeisterin seien nichts anderes gewesen,
als „schöne Kosmetik“.Ähnlich sehe er auch den Haushaltsentwurf
der Stadtverwaltung. Der Prüfbericht des städtischen Haushaltes aus
dem Jahr 2016 beweise es: Von den geplanten Investitionen in Höhe von
45 Millionen Euro, seien nur 18,3 Millionen getätigt worden.
„Bringen Sie statt immer weitere Luftnummern zu produzieren die
Bürgermeisterin dazu, die Verwaltung in Ordnung zu bringen und sorgen
sie für eine sichere und saubere Stadt“, forderte Eilenberger
abschließend von seinen Ratskollegen, bevor er klarstellte, dass
seine Fraktion dem Haushaltsentwurf nicht zustimmen könne.
Auch Dieter Zander von der Perspektive Frechen kritisierte den
Unwillen der Stadtverwaltung, die im Haushalt beschlossenen
Investitionsmaßnahmen umzusetzen. In den letzten Jahren seien
beschlossene Maßnahmen im zweistelligen Millionenbereich nicht
realisiert worden.
Es könne auch nicht sein, dass Bauprojekte nur dann reibungslos
funktionierten, wenn externe Generalunternehmer beauftragt würden.
„Müssen wir demnächst bei der Installierung einer WC-Anlage im
Stadion einen General-Unternehmer beauftragen?“
Den CDU-Vorschlag, die ehemalige Marienschule zu einem
Gastronomiebetrieb umzufunktionieren, hält die Perspektive für
„etwas überambitioniert“. Zander. „Wir funktionieren das
Rathaus ja auch nicht in ein Spielkasino um, damit wir mehr
Vergnügungssteuer kassieren können.“
Die städtische Rahmenplanung sei in der Vergangenheit nicht gerade
von Dynamik geprägt. Zwischen Infoveranstaltung und ersten Workshop
würden fünf Monate vergehen. „Das kann man den Bürgern allen
Ernstes nicht mehr seriös verkaufen.“ Dass die Stadt, den von der
Politik geforderten „klaren und eindeutigen Prüfauftrag“ zur
Einrichtung der Stelle eines technischen Beigeordneten einfach
ignoriert habe, mache ihn fassungslos. Selbst der ehemalige
Bürgermeister Hans Willi Meier habe in den lokalen Medien geäußert,
dass der Verzicht auf einen technischen Beigeordneten sein größter
Fehler als Verwaltungschef gewesen sei.
Die Kommunikation zwischen Verwaltung und ansässigen Unternehmen sei
unzeitgemäß. Investoren und Unternehmen hätten durchblicken lassen,
dass Antragsverfahren zu lange dauern oder Gesprächstermine nicht
zustande kämen. „Es ist nicht damit getan, Firmen turnusgemäß
Besuche abzustatten. Das kann man vielleicht bei Goldhochzeiten so
handhaben“, äußerte Zander in Richtung Bürgermeisterin.
Ab und an entstehe der Eindruck, dass die Verwaltung ratlos sei, aber
dem sei nicht so. Zander. „Liebe Kollegen, der Rat ist doch
präsent!“ Nach all der Kritik stimmte die Perspektive
konsequenterweise gegen den Haushaltsentwurf.
Ebenso die Fraktion DIE LINKE, denen ein soziales Wohnraumkonzept in
Frechen fehlt.
Dass der Haushalt für 2018 doch noch beschlossen werden konnte, lag
an den CDU-treuen Koalitionspartnern FDP und Bündnis 90/Die Grünen.
Susanne Kayser-Dobiey zeigte sich anfangs ihrer Haushaltsrede zwar
irritiert darüber, dass die CDU jetzt offenbar Anträge stelle, ohne
auf die Urheberschaft und die Koalitionspartner hinzuweisen, sieht
Frechen aber auf dem richtigen Weg.
Ihre Partei verfolge den Ansatz „Digital first, Bedenken second“
und sei daher froh, dass die Koalition 50.000 Euro für die
Digitalisierung der Verwaltung in den Haushalt eingestellt hat.
Außerdem sei die FDP davon überzeugt, dass Frechen Visionen brauche.
Für 30.000 Euro soll daher ein Masterplan erstellt werden, der
aufzeigt, wie ein lebenswertes Frechen in 20 oder 30 Jahren aussehen
kann.
Einen ungewöhnlichen Euphemismus benutzt Miriam Erbacher von den
Grünen in ihrer Haushaltsrede. Im kommenden Jahr sollten in Frechen
doppelt so viele Bäume gepflanzt werden, wie voraussichtlich
„abgängig sein“ würden. Ansonsten versuchte sie zum Thema
Klimaschutz den Bogen von der Antarktis und den Tornados Harvey, Irma
und Maria nach Frechen zu spannen. Dank Klimaschutzkonzept,
LED-Straßenbeleuchtung und Car-Sharing sei Frechen aber schon erste
Schritte in die richtige Richtung gegangen.
- Lars Kindermann
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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