Kinderheimat
Kein Heim, sondern Heimat

Das Haus der Kinderheimat in der Grotenbachstraße. Ab 1945 wurde es als Säuglingsheim geführt.   | Foto: Oberbergische Kinderheimat e. V.
  • Das Haus der Kinderheimat in der Grotenbachstraße. Ab 1945 wurde es als Säuglingsheim geführt.
  • Foto: Oberbergische Kinderheimat e. V.

Gummersbach. „Die 15-jährige Jasmin stellt ihre beiden Tüten, eine kleine Reisetasche und ihren Ranzen im Flur ab. Wir setzen uns im Wohnzimmer zusammen und ich frage Jasmin und ihre Sozialarbeiterin vom Jugend-

amt, was sie zu uns führt. Jasmin ist sichtlich aufgeregt, Angst ist in ihren Augen erkennbar - aber auch Neugierde“, so Jutta Wiebe, Leiterin der Oberbergischen Kinderheimt, die in Wohnhaus in Gummersbach betreibt.

Was erwartet die Kinder und Jugendlichen in der Wohngruppe der Oberbergischen Kinderheimat? In der Wohngruppe leben zehn Kinder im Alter zwischen acht und 17 Jahren zusammen.

Jeder hat sein eigenes Zimmer und gestaltet dies nach seinen Vorstellungen. Der Tagesablauf ist strukturiert durch drei Mahlzeiten, kleine Aufgaben, regelmäßigen Schulbesuch, Hausaufgabenbetreuung, Freizeitgestal-

tung, Besuch von Freunden.

Jedes Kind hat einen Rucksack voller „Steine“

„Wir leben so normal wie möglich miteinander - nur, dass jedes Kind einen Rucksack voller Steine mitbringt. Diese Steine sind schwer und ziehen oft heftig zu Boden. Ein Stein kann die Vereinsamung oder die Vernachlässigung sein, zum Beispiel weil die Eltern alkoholabhängig, spielsüchtig oder drogensüchtig sind. Ein anderer Stein ist der sexuelle Missbrauch oder die Misshandlung, sowohl physisch als auch psychisch. Hier leben Sozialwaisen, deren Erziehung und gesunde Entwicklung auch mit unterstützenden Hilfen in ihrer Her-

kunftsfamilie nicht mehr sichergestellt werden kann“, so Jutta Wiebe.

Jasmin weiß, was das bedeutet. Zu ihrem Vater hat sie keinen Kontakt, ihre Mutter sitzt wegen diverser Verbrechen im Vollzug. Die 15-Jährige hat niemanden, der sich um sie kümmert. Und dabei möchte sie gerne ihre Zukunft trotz ihrer schwierigen Vergangenheit gut meistern. Sie hat sich ans Jugendamt. Sie freut sich, dass ein Platz in der Kinderheimat für sie frei geworden ist, sie in ihrem neuen Zuhause zur Ruhe kommen kann und gute, fachliche Hilfe in allen Bereichen von qualifizierten Fachkräften angeboten bekommt.

Hilfsangebote

Im Haus gibt es auch eine heilpädagogische Tagesgruppe mit sechs Kindern, die in der Schule und in ihrem sozialen Umfeld aufgrund ihres problematischen Verhaltens auffallen. Das Angebot einer systemischen Familientherapie wird von manchen Eltern gerne angenommen, damit zufriedenstellende und funktionierende Umgangsweisen (wieder) gelebt werden. Fünf junge Menschen ab 17 Jahren leben in der Verselbständigungsgruppe.

„Die wertvolle Arbeit ist für uns Pädagogen mehr Berufung als Beruf. Wir sehen in jedem Kind wertvolles Leben und haben das Vorrecht, als überzeugte Christen ein Leben voller Wert anzubieten“, so die Leiterin der Kinderheimat.

Schwester Hanna Kienbaum hat es vor 60 Jahren so gewollt, als sie am 2. November 1961 den Verein „Oberbergische Kinderheimat“ mit Martin Siebert, ehemaliger Bürgermeister und Ehrenbürger der Stadt Gummers-

bach, initiiert hat: „Die gesamte Arbeit soll in christlicher Verantwortung erfolgen, den Kindern eine Erziehung zu vermitteln, die den Werten des christlichen Glaubens entspricht und die sie zu verantwortungsvollen und lebenstüchtigen Menschen befähigt.“

Hanna Kienbaum hatte bereits 1945 in der Grotenbachstraße 33 ein Säuglingsheim gegründet. In der Nachkriegszeit versorgte sie heimatlose Babys. Mit der Gründung des Vereins wurde der Aufgabenbereich stetig erweitert.

„Dankbar blicken wir auf 60 Jahre zurück, in der die Arbeit in der Oberbergischen Kinderheimat von wertvollen Freunden und Förderern unterstützt wurde“, so das Team der Kinderheimat. Näheres unter www.oberbergische-kinderheimat.de.Die Falldarstellung ist anonymisiert.

Redakteur/in:

RAG - Redaktion

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