Fischers Fritz ist ein Flüchtling
Nachdenklich stimmende Revue
Gummersbach - Während in der Schwalbe-Arena ein bekannter Comedian aus Berlin sein
Publikum schnell auf Betriebstemperatur brachte und das Gelächter
über das Steinmüller-Gelände schallte, waren zur selben Zeit aus
der direkt gegenüberliegenden Halle 32 Verzweiflungsrufe,
Bombeneinschläge und Gewehrsalven zu hören.
Kontrastprogramm pur und ein Stück gegenwärtiger Wirklichkeit, trat
doch auf der Studiobühne der Theater-Integrationskurs der dem
Gummers-
bacher Kultur- und Veranstaltungszentrums eingegliederten
Kulturwerkstatt 32 mit dem aus der Feder von Christine Bretz
stammenden Stück „Die ganze Welt ist eine Bühne“ auf.
Eine Revue mit Schauspiel, Gesang, Musik und Tanz (Choreografie:
Daniela Heller), wie es im Programmheft nachzulesen war.
Wer von den Gästen im ausverkauften Saal aber auf einen gemütlichen
Abend hoffte, sah sich getäuscht. Nicht von der Leistung des
Laien-Ensembles, das sich aus zumeist jungen Asylsuchenden, die im
Oberbergischen Land Schutz und Hilfe vor den in ihren Heimländern
tobenden Kriegen und dem dort herrschenden Terror gefunden haben, denn
die war bemerkenswert.
Christine Bretz, die auch Regie führte, versetzte das Publikum in der
Story „spielerisch“ in die bedrohende Situation, in der sich die
Geflüchteten tatsächlich einmal befunden haben, und in die Lage, in
der sie sich nun, fern der Heimat, befinden.
Die Dozentin für darstellende Kunst in der Kulturwerkstatt 32 hatte
in das Stück all die unsäglichen Aspekte gepackt, die Menschen
durchleben, die teils nur ihr nacktes Leben retten konnten. Vom
Bombenhagel und Zerstörung über entzweite Familien, Flucht,
Vorurteilen („Der da hat mein Portemonnaie gestohlen“) bis hin zum
Sprachunterricht, in dem der Zungenbrecher „Fischers Fritz“ geübt
wird; schließlich will die Kursleiterin dem zu Besuch kommenden
Landrat Erfolge vorweisen.
All das wurde in all seinen Facetten von den Akteuren lebendig und
eindringlich auf die kleine Bühne gebracht und löste den ein oder
anderen beklemmenden Eindruck aus.
Dabei war zu spüren, dass hier junge Menschen agieren, die mit viel
Lust spielen, aber auch wissen, was Vertreibung bedeutet.
Zwar löste sich im letzten Abschnitt die Stimmung der Verzweiflung in
einem Song der Hoffnung auf, aber wohl mancher vorherrschende
Blickwinkel wird sich verändert haben.
Der lang anhaltende Schlussapplaus für die jungen Akteure und
Christine Bretz war mehr als verdient, so das Urteil der
Besucherschar.
- Gunter Hübner
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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