Von der Ruine zu einem Zuhause

AG Neues Leben feierte großes Sommerfest

Hennef - Die Bewohner der „Arbeitsgemeinschaft (AG) Neues Leben“ feierten
gemeinsam mit Freunden und Förderern ihr großes Sommerfest. 25
geistig und schwerstmehrfachbehinderte Menschen haben in den Räumen
in der Theodor-Heuss-Allee ein dauerhaftes Zuhause gefunden.

„Was passiert mit unseren Kindern, wenn wir nicht mehr sind“,
fragte sich die stellvertretende Vorsitzende des Vereins, Helga Sains,
die erfahren musste, wie schwierig es ist, das eigene Kind für einen
bestimmten Zeitraum sicher und gut versorgt zu wissen. Gemeinsam mit
der heutigen Vorsitzenden des Vereins Birgitt Kreitz-Henn, wuchs der
Wunsch, in der Nähe geeignete Möglichkeiten zur Unterbringung zu
schaffen. Bei dem Wunsch blieb es nicht, denn die engagierten Frauen
schritten zur Tat und gründeten 1989 den Verein „AG Neues Leben“,
mit dem Ziel, vor Ort im Hennefer Zentrum für erwachsene Menschen,
die im Alltag Unterstützung brauchen, ein gutes Heim zu schaffen. Mit
Unterstützung durch den ehemaligen Bürgermeister Emil Eyermann und
dem ersten Geschäftsführer der AG Neues Leben, Uwe Kaptein, fand
sich eine alte, sehr verfallene Halle hinter der ehemaligen Meys
Fabrik. Dank großen Engagements, großzügiger Sponsoren und Geldern
aus dem einen oder anderen Fördertopf gelang es, die alte
denkmalgeschützte Ruine in ein modernes und barrierefreies Gebäude
umzuwandeln. „Es war für uns die perfekte Lage und unser Architekt
Michael C. Deisenroth hat sich richtig für uns ins Zeug gelegt“,
erinnert sich Helga Sains. In Kooperation mit dem Landschaftsverband
Rheinland konnten dann die Mitglieder des Vereins am 1. November 1994
den 25 neuen Bewohnern und neun Mitarbeitern die Türen öffnen. Heute
bietet die AG Neues Leben neben 25 Dauerwohnplätzen auch zwei Plätze
für die Kurzzeitunterbringung an. Außerdem erweiterte die AG Neues
Leben mit einem Anbau im Jahr 2001 ihr Angebot um fünf weitere
Wohnungen und eine angeschlossene Physiotherapiepraxis.

Die Bewohner fühlen sich sichtlich wohl in ihrem Zuhause. Wer
Privatsphäre sucht, findet sie in seinem eigenen individuell
gestalteten Zimmer, doch viel interessanter sei der gemeinsame
Aufenthalt in der großen und freundlich gestalteten Wohnküche,
berichtet Einrichtungsleiter Werner Bröhl. Der Sozialpädagoge ist
von Anfang an mit dabei und freut sich, dass er bei der Gründung die
Neueinrichtung mitgestalten konnte. „Unsere Mitarbeiter sind hier
nicht nur Betreuer, sondern auch freundschaftlich mit den Bewohnern
verbunden“, betont Bröhl. „Es ist einfach schön, dass die
Bewohner hier bei uns alt werden können, ohne dass sie umziehen
müssen“, sagt Helga Sains.

Harald Schramm verkauft beim Sommerfest fleißig Getränkebons. Auch
er und seine Frau Elke freuen sich, dass ihr Sohn Michael nun seit
über 20 Jahren bei der AG Neues Leben ein gutes Zuhause gefunden hat.
„Es ist sehr schön, dass dies hier eine kleine Einrichtung ist, in
der ein sehr persönlicher und familiärer Ton herrscht“, betont
Harald Schramm.

Seine Ehefrau Elke schaut sich derweil im großen Begegnungsraum der
Einrichtung mit ihrem Sohn Michael Szenen eines Krimis an, die die
Theatergruppe der AG Neues Leben vorführen und in Kürze auch
verfilmen möchte. Bereits seit 1999 treffen sich Bewohner des Hauses,
Hennefer Bürger und zwei der Mitarbeiter, um gemeinsam kreativ zu
sein. „Die Bewohner gehen nach Auftritten freudestrahlend von der
Bühne ab und erfahren starke Bestätigung durch den Applaus und die
positive Resonanz“, sagt Sozialpädagoge Werner Bröhl.

Auf dem Sommerfest sah man auch eine Gruppe junger Menschen in blauen
T-Shirts, die überall Hand anlegen, wo Hilfe gebraucht wird, Gläser
einsammeln oder sich mit den Bewohnern unterhalten. Der Leo Club
Rhein-Sieg ist nicht nur bei den Sommerfesten immer mit dabei, sie
besuchen auch regelmäßig das Haus, verbringen Zeit mit den Besuchern
oder machen Ausflüge mit ihnen. „Anfangs hat man natürlich
Berührungsängste, aber wenn man die Menschen kennenlernt und sieht,
wie nett sie sind, dann ist so eine Behinderung egal“, sagt Anjuli
Zöller von den Leos, der Jugendorganisation des Lions Clubs.
Ehrenamtler, die gerne Zeit mit den Bewohnern verbringen möchten,
sind immer herzlich willkommen, sagt Geschäftsführer Ralf Sains.
Dabei geht es darum, mit ihnen zu spielen, spazieren zu gehen,
vorzulesen oder zu basteln - Freizeitaktivitäten, die nicht zu
verwechseln sind mit pflegerischen Tätigkeiten.

Auch die Frauen der CDU-Kleiderstube nutzten das Sommerfest, um einen
Spendenscheck in Höhe von 500 Euro zu überreichen. Bewohner
Karl-Heinz Berg nahm ihn stellvertretend entgegen und freute sich
über die nächste Aktion, die Dank solcher Spenden erst möglich
werden. Denn alle Anschaffungen oder geplanten Ausflüge, die über
dem normalen Budget liegen, können nur durch Spenden und Sponsoren
realisiert werden. „Es ist einfach spitze, wie aufmerksam und
liebevoll die Mitarbeiter mit den Bewohnern umgehen“, sagt Lisa
Kagel, die Leiterin der CDU-Kleiderstube und wünscht sich, dass mehr
Menschen die AG Neues Leben kennenlernen.

Aber nicht nur Ehrenamtler und Sponsoren sind herzlich willkommen,
auch engagierte Betreuer in Vollzeit werden immer gesucht. Alle
Informationen über die AG Neues Leben gibt es auch im Internet unter
www.ag-nl.de.

- Aysegül Yasari