Jetzt heißt es warten
Bundesbewertungskommission besuchte das Dorf Lückert
Lückert - 30 Landessieger aus 13 Bundesländern haben sich für den 26.
Bundeswettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft“ qualifiziert, darunter
auch Lückert, eines der 100 Dörfer der Stadt Hennef. Alle Dörfer
werden von der Bundesbewertungskommission aufgesucht. Dafür reist die
Jury drei Wochen 4.000 Kilometer durch ganz Deutschland.
Wirtschaftliche, soziale, kulturelle sowie ökologische Aspekte
entscheiden darüber, wer als Gold-, Silber- oder Bronzedorf
ausgezeichnet wird, zusätzlich gibt es noch Sonderpreise. Die
Sieger-Dörfer erwarten Preisgelder bis zu 15.000 Euro. Die Gewinner
werden am 11. Juli bekanntgegeben. Schirmherr des Wettbewerbs ist
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier.
Das halbe Dorf stand am Treffpunkt „Alte Linde“ bereit, als der
Bus mit den 24 Mitgliedern der Bundesbewertungskommission bei
strahlendem Sonnenschein in Lückert eintraf. Siam Schoofs stellte
nach kurzer Begrüßung der Gäste sich und Andreas Hagen als die
beiden „Bürgermeister“ von Lückert vor, die seit Jahren die
„Doppelspitze“ hier leben. Er dankte der Kommission für die
pünktliche Anreise, wodurch die volle Zeit von drei Stunden zur
Vorstellung des Dorfes genutzt werden könne. Auf den demografischen
Wandel und deren Umgang im ländlichen Raum wies Bürgermeister Klaus
Pipke während seiner kurzen Vorstellung von Hennef hin. Für den
Rhein-Sieg-Kreis sei es schon das vierte Dorf, das es bis zum
Bundesausscheid geschafft hat, stellte Landrat Sebastian Schuster
fest. Er nannte Lückert als gutes Beispiel dafür, „wie die
Herausforderungen in der Fläche mit weiteren Wohnflächen für
Familien, Mobilität und schnellem Internet angegangen werden kann.
Ende 2020 sollen 90 Prozent der Haushalte im Kreis 50MB-schnelles
Breitbandnetz haben, versicherte er. Kommissionsvorsitzender Elmar
Henke stellte sich als Bürgermeister der Gemeinde Sommerach in Bayern
vor und freute sich über den herzlichen Empfang der Dorfbevölkerung.
Als Moderator führte Dr. Freerk Baumann die Gäste durch den Ort und
blickte dabei in die Geschichte des bereits 1487 erwähnten Dorfes.
Baumann erzählte, dass man nicht erst eine Satzung erstellt habe,
sondern diese danach festlegte, wie man im Dorf lebt und miteinander
umgeht. Die Dorfstruktur habe sich in den letzten zwei Jahrhunderten
kaum verändert. Heute zählt man 104 Einwohner in 31 Häusern, so wie
in etwa vor 200 Jahren. Es gibt keinen Leerstand von Häusern und es
ist ein junges Dorf mit einem Durchschnittsalter von 39 Jahren, wobei
der jüngste Dorfbewohner ein Jahr und die Dorfälteste mit 91 Jahren
Mia Hambitzer ist. 30 Prozent der Dorfbewohner sind jünger als 19
Jahre. In einem Fragebogen an die Dorfbewohner erkunde man: Was ist zu
verändern? Welche Projekte sind gut? Was ist gut? Was sollte erhalten
werden? - danach versuche man die Projekte auszurichten, sagte
Baumann. Neben den vielen gepflegten Fachwerkhäusern hat Lückert
auch noch 13 gut erhaltene Höfe im Bestand.
Der 900 Meter lange Rundgang durch den grünen Ort führte immer zu
besonderen Haltepunkten, wo Ortsbewohner (Fachbeauftragte) an
Schautafeln und Objekten über die Naturverbundenheit, Artenschutz,
Streuobstwiesen, Selbstversorgung, Bebauung, Landwirtschaft, Medien
und Geselligkeit berichteten. Im „Flötenhof“ zeigte Rainer Pogada
neben dem alten „Backes“ den großen Garten mit Gemüseanbau zur
Selbstversorgung. Natürlich durfte sich die Jury mit frisch
gebackenem Streuselkuchen aus dem „Backes“ und Kaffee stärken. In
der Tenne vom „Hof Hagen“ überraschte die „Dorfband“
musikalisch mit der „Lückert Hymne“, unterstützt von Sängern
der Dorfgemeinschaft und Norbert Zimmermann mit seinem Akkordeon aus
dem Partnerdorf „Plittersdorf“ aus der Eifel. Seit einigen Jahren
gibt es auch einen kleinen Wingert im Ortszentrum mit 20 Rebstöcken,
den Immo Feldkamp als „Hobbywinzer“ betreibt und in guten Jahren
24 Flaschen „Regent“ abfüllt.
Durch Lückert führt auch ein Stück des 6,3 Kilometer langen
Streuobstwiesenwanderweges, an dem 60 Bäume mit alten Obstsorten
gepflanzt wurden. Auch der Klimaschutz ist in Lückert ein Thema. Ein
Drittel der Häuser besitzt eine Photovoltaikanlage, ein Drittel heizt
mit Holzpellets oder Erdwärme. Als Zukunftsprojekt arbeitet man an
einer Dorfkneipe, da die einzige Gaststätte in der Nähe Anfang 2019
schloss. Derzeit gibt es im Dorf einmal im Monat einen
„Kaffeeklatsch“, der besonders die älteren Einwohner erfreut.
Lange Tradition haben die Medien in Lückert. So wusste Dorfarchivar
Immo Feldkamp zu berichten, dass man schon mit einem
„Piratensender“ 1989 Filme im Ort zeigte, es waren die Vorläufer
vom heutigen „Lückert TV“. Eine Dorfzeitung gibt es ebenso wie
die eigene Homepage.
Nach der aussagekräftigen, dreistündigen Begehung prosteten alle zum
Abschluss am Pfingstplatz im Gemeinschaftshaus mit einem
selbstgebrauten „Lückerter Bier“ auf eine ausgezeichnete
Präsentation an. Elmar Henke resümierte, dass Lückerts Slogan:
„100% Lückert“ genau richtig ist, 104 Prozent seien zu viel, 99
zu wenig. Er bedankte sich und man werde sich in Berlin beim Dorffest
auf der Grünen Woche wiedersehen
- Alfred Heimermann
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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