Erhalt des Fachwerks
Zehnjähriges Engagement des Vereins „Westerwälder Fachwerk"
Hennef - Der Verfall und die Vernachlässigung der alten Fachwerkhäuser im
Stadtgebiet Hennef veranlasste vor zehn Jahren den gebürtigen
Asbacher und jetzt in Hennef lebenden Architekten Hans-Georg
Holzhauer, den Verein „Westerwälder Fachwerk“ ins Leben zu rufen.
„Wie die Sau gemacht wird mit Fachwerkhäusern in Hennef“,
ärgerte Holzhauer. Dagegen wollte er etwas tun, suchte sieben
Gleichgesinnte, die er für einen eingetragenen Verein brauchte und
auch fand. So konnte der neue Verein im Februar 2009 ins
Vereinsregister eingetragen werden. Mit einem Jahresbeitrag von 15
Euro können Fachwerkfreunde den Verein als Mitglied unterstützen und
mithelfen, dass die erhaltenswerte Bausubstands der alten
Fachwerkanwesen als Kulturgut instand gesetzt wird und für die
Zukunft erhalten bleibt. Ziel des Westerwälder Fachwerk-Vereins ist
die Katalogisierung, Instandhaltung und der Erhalt der alten
Fachwerkhäuser und das sie zu schützen sind, auch gegenüber
Behörden. Oft erklären die Denkmal- und Baubehörden die alten
Häuser als „einsturzgefährdet“ und erteilen dadurch die
Abbruchgenehmigung.
Mit einem Hohlbohrer, der diagonal in die alten Fachwerkbalken gebohrt
wird, erhält man einen Holzbohrkern, der einer Zigarre ähnelt. Im
Labor werden dann unter einem Mikroskop die Jahresringe daran
vermessen und eine Kurve errechnet, die mit dem „Kalender Bergisches
Land“ anhand der „Denkro-Kurve“ eingeordnet wird. Die
Denkro-Kurve zeigt die Abstände der Jahresringe und besondere
Wachstumsbedingungen in den verschiedenen Jahren der vergangenen
Jahrhunderte, die Jahresringforscher erstellt haben. So kann man genau
ermitteln in welchem Jahr das Holz gefällt wurde und damit das Alter
des Balkens beziehungsweise vom ganzen Fachwerkhaus bestimmen.
Am „Drei-Giebel-Haus“ in Hennef konnte bis auf ein halbes Jahr
genau das Fälldatum der Balken bestimmt werden. Mit dieser Methode
kann jeder Besitzer das Alter seines Fachwerkhauses feststellen
lassen. Holzhauer stellte aber auch fest, dass nicht jedes
Fachwerkhaus im Westerwald auch typisch für die Region ist, denn
früher nahm man oft sein Haus mit, man zerlegte die Fachwerkbalken,
die ja nur nur Holznägel zusammenhielten und auch schnell zu
entfernen waren. Durch die Bauweise war es üblich, sein Haus aus
einer Region in eine andere Region mitzunehmen, was zur Folge hatte,
dass sich die Fachwerkmerkmale der einzelnen Regionen vermischten.
Holzhauer und sein Vereinsfreund Rudolf Thiebes streben an, dass die
„Westerwälder Fachwerkhäuser“ zwischen Lahn, Dill, Rhein und
Sieg Weltkulturerbe werden. Daran arbeitet Holzhauer unermüdlich und
sehr engagiert. Er hat 2009 in Hennef angefangen, die Fachwerkhäuser
zu suchen, zu Katalogisieren und in Lageplänen zu kennzeichnen. An
die 1.000 Häuser hat er im Stadtgebiet Hennef fotografiert und
gelistet. Im Kreis Neuwied hat er alle 3.112 Fachwerkhäuser
„inventarisiert“, wie man es bei den Denkmalschützern nennt.
Insgesamt sind in den letzten zehn Jahren von Holzhauer 8.000
Fachwerkhäuser im Westerwald ausfindig und dokumentiert worden.
Holzhauer erzählt, dass etwa 370 alte Fachwerkhäuser leer stehen. In
Gesprächen mit den Landräten der einzelnen Westerwaldkreise stellte
er auch die Frage, was man damit macht. Man überlegte, diesen
Leerstand an junge Leute zu vermitteln, die dort mietfrei wohnen
können, wenn sie die notwendigen Reparaturen und die Instandsetzung
übernehmen, wobei die Landräte die Patenschaft übernehmen. Das
Projekt „Alte Häuser für junge Leute“ war geboren. Die jungen
Leute brauchen aber eine Reparaturanleitung. Die in der vorhandenen
Fachliteratur gezeigten Maßnahmen befand Holzhauer als
„Blödsinn“ und so erstellte er selber eine Anleitung, die jetzt
als Broschüre auf den Markt kam. In dieser werden Lösungen für die
Fundamente, die Holzinstandsetzung und das Auswechseln morscher Balken
oder Balkenteile anschaulich erklärt. In der nächsten von drei
geplanten Anleitungsbroschüren wird die Ausfachung mit Lehmsteinen
und die Verarbeitungstechnik mit Lehm- und Kalkputz gezeigt. Die
Objekte, die junge Leute restaurieren, bleiben im Besitz der
Eigentümer. Bislang gibt es aber noch kein reales Musterobjekt, wo
die Idee verwirklicht ist. Es stellen sich ja auch noch die Fragen:
Wie wird das Wohnrecht der jungen Leute gesichert? Wie lange gilt das
„mietfrei Wohnen“? und Tragen die Mieter die ganzen Materialkosten
der Instandsetzung? Weil die Dörfer im Westerwald laut Holzhauer gut
mit Glasfaserkabel versorgt sind, sei für die jungen Leute das Wohnen
auf dem Dorf attraktiv, da der Zugang zum Internet und den sozialen
Medien vorhanden und bei den derzeitigen hohen Mieten diese Art des
Wohnens für viele Interessant sei.
- A. Heimermann
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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