Gesperrte Spielplätze
Anwohner kritisieren Informationspolitik der Stadt
Innenstadt - (ha) Die wichtigste Aussage zu den metallbelasteten Böden der
Rathenauspielplätze fiel in ihrer Deutlichkeit erst spät: „Für
Ihre Kinder besteht keine Gefahr, dass sie krank werden“, erklärte
Gerhard Wiesmüller vom Gesundheitsamt. Zuvor hatte er mehrmals
versucht, die wissenschaftliche Perspektive in Bezug auf körperliche
Schäden durch das Spiel oder gar den Sandverzehr auf den gesperrten
Nord- und Süd-Arealen zu vermitteln, die aufgrund von überhöhten
Werten von Blei und weiteren kritischen Elementen gesperrt worden
waren.
Zu unpräzise erschienen den besorgten Eltern die Verlautbarungen
über theoretische Möglichkeiten und Unmöglichkeiten, die der
Experte während einer Informationsveranstaltung in der Aula des
Berufskollegs an der Lindenstraße äußerte. Eine Belastung des
Sandes schließt die Verwaltung dabei kategorisch aus, da dieser
regelmäßig ausgetauscht wurde. Insgesamt 36 Proben aus bis zu 35
Zentimetern Tiefe wurden im Zuge der Überprüfungen in den
vergangenen Wochen entnommen. Kritischen Fragen mussten sich im Rahmen
der Veranstaltung, zu der die Bürgergemeinschaft Rathenauplatz, die
Stadtverwaltung und die Bezirksvertretung geladen hatten, auch die
Repräsentanten des Umweltschutzamtes und des Amtes für
Kinderinteressen stellen. Auf Unverständnis traf vor allem das
Informationsverhalten.
Kommunikationsmanager Steffen Brückner fürchtet den Verlust des
sozialen Platzwertes: „Das war bisher ein vertrauter Ort für alle,
die hier wohnen. Man hat sich regelmäßig zum Austausch getroffen.
Wir haben Angst, dass wir jetzt jahrelang eine Brachfläche haben.
Natürlich finden die Kinder das auch blöd. Sie hoffen, wie wir, dass
jetzt schnell was passiert“, so der dreifache Vater. Den
symbolischen Charakter des Terrains als Ausdruck des friedlichen und
solidarischen Zusammenlebens hob Klaus Adrian von der
Bürgergemeinschaft Rathenauplatz hervor: „Ich glaube, die
emotionale Seite des Spielplatzes ist nicht jedem in der Verwaltung
klar“, wandte sich der Veedelsbewohner an die Behörden. Eine
Steigerung des Unmuts erfuhren die Stadtvertreter nach der
Bestätigung eines Anwohner-Hinweises auf die Bodenbelastungen, der
bereits aus dem Jahr 2017 datiert. „Ich hätte mir gewünscht, das
wäre früher untersucht worden“, zeigte Christina Brammen-Petry vom
Umweltschutzamt Verständnis für die Empörung. Erst nachdem Ende
Januar konkrete Messwerte vorlagen, konnten Risikoeinschätzungen für
das Terrain vorgenommen werden, die letztendlich zur Schließung der
Spielplätze führten. Die aufgefundene bleihaltige Schlacke vermuten
die Wissenschaftler schon seit Errichtung des Areals vor rund 100
Jahren im Boden. Die Verwaltung erklärte dazu, es habe zunächst
geklärt werden müssen, ob es sinnvoller sei, ausschließlich die
Platz- und Wegflächen zu sanieren oder den gesamten Spielplatz neu zu
gestalten.
Einer baldigen Wiederherstellung des Spielplatzes erteilte Monika
Baars vom Amt für Kinderinteressen eine Absage: „Leider geht es
nicht ganz so schnell. Ich kann keinen verbindlichen Termin nennen.
Der Platz bleibt aber weiterhin nutzbar als Grünfläche. Die
Neugestaltung des Rathenauspielplatzes hat höchste Priorität, er
wird anderen Orten vorgezogen, aber die Lieferzeit von neuen
Spielgeräten dauert bis zu fünf Monate. Auch ein
Landschaftsarchitekt wurde schon unter Vertrag genommen. Wir wollen,
dass die Kinder uns sagen, wie sie den Platz gerne hätten. Dazu
besteht während der ersten Phase der Bürgerbeteiligung zwischen dem
29. April und dem 3. Mai die Möglichkeit. Dafür können auch E-Mails
an die Stadt geschickt werden. Die Bürger werden über alle Planungs-
und Gestaltungsschritte auf dem Laufenden gehalten“, versicherte die
Verwaltungsmitarbeiterin. Zudem ist ab der zweiten Osterferienwoche
ein regelmäßiges mobiles Spielangebot mit den Freizeitgestaltern der
„Juppis“ geplant.
„Wir fordern hier eine lückenlose Aufklärung der Sache und das ein
genauer Zeitplan erfüllt wird“, sagte Bezirksbürgermeister Andreas
Hupke. Der Politiker appellierte zudem an die Kreativität der
Veedelsbewohner, nach dem Leitbild des Baui-Spielplatzes in der
Südstadt eigene Maßnahmen zu ergreifen. Um die Umsetzung eines neuen
Areals zu beschleunigen versprach Hupke darüber hinaus die
Verabschiedung eines Dringlichkeitsantrags in der nächsten Sitzung
der Bezirksvertretung. Als ersten Fortschritt in der Angelegenheit
wertete Hupke die Wiedererrichtung der Spielplatzschilder, um gegen
eventuelle Fremdnutzer der Fläche rechtlich gewappnet zu sein.
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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