Dank und Erinnerung zugleich
Ehemaliger Zwangsarbeiter stiftet Gedenktafel

Lucia van der Lee (Mitte), Enkeltochter des ehemaligen Zwangsarbeiters Gerard van der Lee (l.), enthüllt zusammen mit dem Enkelsohn von Georg Wehner von der Projektgruppe Messelager (2.v.l.) die Gedenktafel zum Dank an die Menschlichkeit der Bewohner des Severinsviertels. | Foto: Wesselmann
  • Lucia van der Lee (Mitte), Enkeltochter des ehemaligen Zwangsarbeiters Gerard van der Lee (l.), enthüllt zusammen mit dem Enkelsohn von Georg Wehner von der Projektgruppe Messelager (2.v.l.) die Gedenktafel zum Dank an die Menschlichkeit der Bewohner des Severinsviertels.
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INNENSTADT - (sw). Zur selben Zeit an eines der schlimmsten Verbrechen der
Menschheit zu erinnern und ebenso seine Dankbarkeit auszudrücken, ist
eine Gratwanderung, wie sie wohl nur selten anzutreffen ist. Der
Niederländer Gerard van der Lee, ehemaliger Zwangsarbeiter zur Zeit
des Nazi-Regimes, hat jetzt eine Plakette gestiftet, die am
Bürgerhaus Stollwerck angebracht wurde, dem Ort an dem er 1945 nur
durch den mutigen Einsatz der Anwohner einen Bombenangriff
überlebte.

Als 17-Jähriger wurde van der Lee im Rahmen der Rotterdamer Razzia am
11. November 1944 zusammen mit 53.000 anderen Niederländern von der
Deutschen Wehrmacht aus seinem Elternhaus gerissen und nach
Deutschland gebracht. Hier musste er unter anderem Schützengräben an
der Front ausheben und andere schwere Arbeiten unter miserablen
Arbeitsumständen und schlechter Ernährung verrichten. Im März 1945
war er krank im heutigen Bürgerhaus Stollwerck untergebracht, als der
letzte große Bombenangriff über Köln niederging.
Als in dem Gebäude eine Bombe einschlug, rannte er zu einem etwa 70
Meter entfernten Luftschutzbunker und wurde von den Anwohnern
eingelassen. Die riskierten damit ihr eigenes Leben, da es strengstens
verboten war, Zwangsarbeitern Schutz zu bieten. Am nächsten Tag wurde
van der Lee wieder zu einem Einsatz geschickt, von dem floh er jedoch
mit zwei weiteren Rotterdamern, und sie fanden wieder Zuflucht im
Luftschutzkeller der Bewohner des Severinviertels, die sie vor der
Gestapo versteckten. Wenige Tage später wurden sie von den
Amerikanern befreit und konnten zurück nach Hause.
2014 kehrte er im Rahmen eines Besucherprogramms, organisiert von der
Projektgruppe Messelager und dem NS-Dokumentationszentrum der Stadt
Köln, wie 533 weitere Zwangsarbeiter in den Jahren zuvor zurück nach
Köln und besuchte hier unter anderem das Severinviertel, mit dem er
sich heute noch sehr verbunden fühlt.
Mit der Gedenkplakette möchte er seinen damaligen Helfern, die er
nicht namentlich kennt, für ihre Menschlichkeit danken und speziell
die junge Generation erinnern, wie wichtig sie ist und heute wieder
umso mehr benötigt wird. „Wenn du einen jungen Flüchtling siehst,
schau nicht weg. Zeige Menschlichkeit, denn auch ein Lächeln kann
für sie ein Licht sein, das ihnen hilft weiterzumachen.“
Angelika Lehndorff-Felsko, Autorin des Buches „Uns verschleppten sie
nach Köln…“ hat sich intensiv mit den ehemaligen Zwangsarbeitern
beschäftigt und betonte bei der Enthüllung die Einzigartigkeit der
Plakette, die nicht wie so viele andere nur dem Gedenken dient,
sondern auch gleichzeitig den mutigen Einsatz hervorhebt: „Es ist
auch eine Erinnerung daran, dass die Menschlichkeit durch die Diktatur
nicht ausgerottet werden konnte.“

Redakteur/in:

RAG - Redaktion

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