Sonntagsmusik mit Akkordeon in St. Aposteln am Neumarkt
Helmut C. Jacobs beeindruckte in einem Solo-Konzert
Köln-Innenstadt. St. Aposteln ist eine von zwölf großen romanischen Kirchen in Köln. Die fast 1000 jährige dreischiffige Basilika St. Aposteln liegt im Herzen Kölns am Neumarkt. Die Kirchenmusik hat dort eine große Bedeutung, sie ist eine Art der Verkündigung des Wortes Gottes. Die Freunde der Kirchenmusik an St. Aposteln ermöglichen mit ihrem Förderverein das, was einem noch so großzügig ausgestattetem Kirchenmusiketat nicht gelingen kann. Unter anderem wird jeden Sonntag um 16 Uhr zur Sonntagsmusik eingeladen. Für eine halbe Stunde können alle - ob Musik-Fans, Spaziergänger, kunstbegeisterte Kirchenbesucher oder Touristen - eine musikalische Unterbrechung erleben.
Am heißen Sonntag konnte Kantor Patrick Cellnik den Akkordeonisten Helmut C. Jacobs begrüßen. Der 1957 in Bonn geborene Musiker erhielt ersten Akkordeonunterricht mit zehn Jahren und anschließend eine solistische Ausbildung bei Guido Wagner. Helmut C. Jacobs befasst sich außer mit der zeitgenössischen Akkordeonmusik auch mit der heute weitgehend vergessenen Literatur für Instrumente wie die englische Concertina oder das Harmonium, die wie das Akkordeon die durchschlagende Zunge als Tonerzeugungsprinzip besitzen.
Seit 1997 ist Helmut C. Jacobs Professor für Romanische Philologie und Literaturwissenschaft an der Universität Duisburg-Essen. Entsprechend finden sich auch vorwiegend spanische Komponisten in seinem Repertoire. Das Programm der Sonntagsmusik war eine Zeitreise durch verschiedene Epochen der Musikgeschichte. Zu Beginn eine kurze Sonata von Vicente Rodríguez (1690-1760), ursprünglich für Orgel oder Cembalo geschrieben und die Sonata de 1º tono para clave o para órgano con trompeta real des spanischen Organisten und Kapellmeisters der Königlichen Kapelle Madrid José Lidón (1752-1827), im 3/8-Takt für Orgel geschrieben.
Einen Hauptteil des Konzertes hatte Jacobs dem tschechischen Komponisten und Musiklehrer Leoš Janáček (1854-1928) gewidmet. 1900 schrieb Janáček zunächst sieben Stücke für Harmonium. Er beschrieb darin Wege, die er gegangen ist, als einen von Gras überwachsenen Pfad: "Verwachsen von zartkleinem Klee ist mir zum Mütterchen der Pfad" heißt es in einem mährischen Hochzeitslied. Fünf davon brachte Jacobs zu Gehör, alle auch eingespielt in seiner neuen CD "Reflections and Self-Reclections". "Auf verwachsenem Pfade" beginnt mit den Abenden, die er mit seiner Tochter verbracht hat, einem Moderato in cis-Moll, dessen klagende Melodie sich in schlicher Linienführung entfaltet und immer wieder beim Ton gis ansetzt. In einem Stück, einem Andante in Des-Dur, sinniert er über ein “verwehtes Blatt”, das von Vergangenem kündet, ein melancholisches “Liebeslied”. Das Grave schildert eine Wanderung zur Frydecker Muttergottes, einem Gnadenbild. Als letztes erklang “Das Käuzchen ist nicht fortgeflogen!”, ein düsteres Stück, das zur Ausgangstonart cis-Moll zurückkehrt. Das “vertrauensvolle Lied des Daseins”, eine Art Choral, wird immer wieder vom “unheilkündenden Motiv des Käuzchens” unterbrochen. Die Harmonik und der Tonsatz sind stark von folkloristischen Elementen geprägt, es finden sich aber auch oft überraschende harmonische Fortschreitungen.
Zum krönenden Abschluss des halbstündigen Konzertes: "Pater Noster", based on the Lutherian Choral „Vater unser im Himmelreich“ for Accordion (2012), des zeitgenössischen spanischen Komponisten Gorka Hermosa (*1976), eine Originalkomposition, die eine besondere Wirkung entfaltet - unter Nutzung des Halls in der Kirche: sie beginnt mit Ricochets, das sind schnelle Triolen-Balgwechsel. Im Sprech-Gesang des Akkordeonisten werden Fragen gestellt: "How many thoughts, how many wars, how many doubts to decide who is Pater noster." Ist es die Sonne, Jesus, Bach, die Mutter? Und der versöhnliche Schluss: "So you deside who is your Pater Noster and I respect your Pater Noster."
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