Die Liebe ist nur Götterspeise
Tragödie „Dido und Aeneas“ im Horizont Theater
Innenstadt - (ha) Mit der aktuellen Inszenierung „Dido und Aeneas“ im Horizont
Theater (Thürmchenswall 25) greift Regisseur und Theaterleiter
Christos Nicopoulos eine antike Tragödie mit zeitlosen
zivilisatorischen Bezügen auf. In Anlehnung an Christopher Marlowes
„Dido, Königin von Karthago“ aus dem späten 16. Jahrhundert
umweht die Produktion über 90 Minuten der Geist William Shakespeares,
der ein Zeitgenosse des Autors war.
Liebe, Tragik, Machtbesessenheit, Demut, Stolz und Verrat prägen die
Story um Aeneas, der nach dem Untergang Trojas aus seiner Heimat
flieht und mit wenigen Gefährten am Hof der karthagischen Königin
Dido Zuflucht findet. Doch die Götter meinen es nicht gut mit dem
Helden. Als allzu umsorgtes „Liebesopfer“ seiner Mutter Venus und
den Allmachtsphantasien des Zeus findet sich Aeneas in einem
Wirbelwind von Emotionen und Pflichtauferlegungen wieder. Soll er sich
der Liebe zu Dido hingeben oder als Krieger weiterziehen, um mit Rom
ein neues Weltreich an fernen Küsten zu gründen?
Die Produktion entfaltet ihre tragikkomische Essenz in der
Bereitschaft des Publikums zur Geduld. Von wenigen amüsanten
Sequenzen abgesehen, bleiben die Figuren auch in Punkto Verzweiflung
gemessen an vergleichbaren Stoffen aus der griechischen Mythologie
dezent. Der bewusste Verzicht auf reißerische Mittel zeichnet ein
mutiges Werk aus. Der Reiz des Stückes liegt im Changieren zwischen
alter Dichtung und moderner, unmittelbarer Sprache sowie einer
vermeintlichen Umkehrung der politischen Verhältnisse: Hier flieht
ein Europäer – wenn für das sagenhafte Troja eine Existenz in der
heutigen Westtürkei angenommen wird – mit seinen Getreuen nach
Karthago/ Nordafrika und findet zunächst respektvolle wie umsorgte
Aufnahme, bis Egoismen und der Neid anderer Charaktere die Situation
eskalieren lässt. Über all dem thronen die Götter, um ihre eigene
Tragik mit einer weiteren angestoßenen Darbietung auf der größten
aller Bühnen zu verschleiern. Mit ihrem besonnenen Spiel sticht
Bettina Muckenhaupt als Dido innerhalb eines konzentriert und
harmonisch agierenden Ensembles hervor.
Weitere Auffühungen finden am 16. Juni (20 Uhr) und am 17. Juni (19
Uhr) statt. Karten unter Telefon 0221/ 131604. Informationen unter
www.horizont-theater.de
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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