Olympioniken fordern Unterstützung der Stadt
Was sind uns unsere Stars wert?

Die Kölner Top-Sportler Alexander Wieczerzak, Pia Maertens, Miriam Butkereit, Timur Oruz, Anna-Maria Wagner (o.v.l.), Jean Danneberg, Johannes Grosse, Lukas Schiwy, Leonie Fiebig und Christopher Rühr (u.v.l.) bei einem Medientermin im Frühjahr 2023.
 | Foto: Verbund Kölner Athleten
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  • Die Kölner Top-Sportler Alexander Wieczerzak, Pia Maertens, Miriam Butkereit, Timur Oruz, Anna-Maria Wagner (o.v.l.), Jean Danneberg, Johannes Grosse, Lukas Schiwy, Leonie Fiebig und Christopher Rühr (u.v.l.) bei einem Medientermin im Frühjahr 2023.
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Von Alexander Büge

Sie gehören zu den besten Sportlern der Welt, gewinnen in Paris Olympia-Medaillen oder kämpfen noch darum. Doch ihren Weg dorthin mussten sich die Kölner Top-Sportler hart erkämpfen, da die Voraussetzungen anderswo deutlich besser sind. Denn: Die Stadt unterstützt unsere Stars kein bisschen, weder finanziell noch durch aufmerksamkeitsstarke Kampagnen. Deshalb fordern Athleten aus der Domstadt nun ein Umdenken. Ansonsten müsse man damit rechnen, dass Köln als Standort für sie zukünftig nicht mehr attraktiv sei und weniger Medaillen gewonnen werden.

Insgesamt 21 Kölner Athleten sind bei den Olympischen Spielen von Paris angetreten. Um auf diesem Leistungsniveau anzukommen, haben sie hart trainiert, jahrelang. Ihr ganzes Leben haben sie auf den Sport ausgerichtet. Doch finanziell abgesichert sind die Olympioniken aus Köln deshalb nicht unbedingt, da die meisten von ihnen durch den Sport nur einen Bruchteil von dem verdienen, was beispielsweise Profifußballer von ihren Vereinen erhalten.

Finanziell nicht abgesichert

Zwar werden viele Top-Athleten aus der Domstadt beispielsweise durch die Deutsche Sporthilfe oder die Bundeswehr gefördert, dies reicht aber eben nicht aus, um finanziell abgesichert zu sein oder gar in eine sorgenlose Zukunft blicken zu können. Viele von ihnen studieren deshalb nebenbei oder arbeiten anderweitig an einem zweiten Karriereweg, während sich einige ihrer Konkurrenten voll auf den Sport konzentrieren können.

„Meine Trainingswoche hat 35 Stunden. Dazu kommen aber auch Physiotherapie und die Reisen zu Wettkämpfen. Aus Spaß habe ich das mal ausgerechnet und komme auf einen Stundenlohn von 5,80 Euro“, sagte die Turnerin Sarah Voss im Dezember 2022. In Paris hat sie kürzlich das Mehrkampffinale erreicht, somit gehört sie zu den weltbesten Athletinnen ihrer Sportart. Finanziell spiegelt sich dies aber weiter nicht wider. „Das ist sehr schade, denn ich habe mich bewusst für den Sport entschieden. Ich tue das also nicht aus finanziellen Gründen, aber am Ende des Monats muss ich dann eben schauen.“

Turnerin Sarah Voss mit Hockey-Weltmeister Timur Oruz. | Foto: Verbund Kölner Athelten

Zum Standortwechsel genötigt?

Inzwischen hat sich ihre Situation aber zumindest ein wenig verbessert, da sie im Vorfeld der Spiele von Paris einige Sponsoren dazugewinnen konnte. Zudem zahlt der Verbund der Kölner Athleten seinen Top-Sportlern seit März monatlich 200 Euro aus.

Die Vereinigung hatte sich Ende 2022 zusammengeschlossen, um auf die Situation der hiesigen Kader-Athleten aufmerksam zu machen und so gemeinschaftlich neue Geldgeber zu generieren. „Ich hoffe, dass wir darauf nun aufbauen können, auch durch die gestiegene Aufmerksamkeit bei Olympia“, sagt Voss im Gespräch mit Express – Die Woche. „Natürlich würden wir uns auch ein größeres Engagement der Stadt wünschen und dem Standort Köln alle gerne verbunden bleiben. Wir alle leben in Köln und wir alle lieben die Stadt. Da wäre es natürlich schade, wenn wir aufgrund von fehlenden Ressourcen oder fehlenden Trainingsmöglichkeiten fast schon dazu genötigt würden, über einen Standortwechsel nachzudenken. Das möchte ich auf jeden Fall vermeiden.“

Zusätzlicher Druck würde wegfallen

Miriam Butkereit, die frischgebackene Gewinnerin von Olympia-Silber im Judo, sieht das ähnlich: „Ich bin froh, dass es unsere Fördermaßnahmen gibt und ich bei der Bundespolizei sein darf“, sagt Butkereit im Gespräch mit Express – Die Woche. „In anderen Ländern steckt da teilweise aber wohl schon ein bisschen mehr Geld dahinter und auch die Förderungen sind andere.“

Die aktuelle Aufmerksamkeit könne dazu beitragen, dass sich die Situation der Kölner Athleten weiter verbessert. „Man muss sich zu 100 Prozent auf den Sport konzentrieren können, um oben anzukommen. Durch finanzielle Sorgen entsteht aber zusätzlicher Druck. Wenn dieser Druck nun wegfallen würde, könnten sich die Sportler wirklich auf das Wesentliche konzentrieren“, sagt Butkereit.

„Deshalb würde ich mir wünschen, dass der Sport zukünftig von noch mehr Sponsoren und der Stadt unterstützt werden würde. Und zwar nicht nur wegen uns, sondern vor allem für die jungen Sportler, die hoffentlich bald noch dazukommen.“

Foto: Team Deutschland / Picture Alliance

Düsseldorf macht es vor

Nur: Wie genau könnte eine Förderung der Stadt konkret aussehen? Ausgerechnet Düsseldorf macht es Köln vor. Denn dort werden potenzielle Olympioniken schon seit vielen Jahren unterstützt – finanziell, durch einen eigenen Fuhrpark, aber eben auch durch medienwirksame Pressetermine und Netzwerktreffen.
Genau das möchte Timur Oruz, Hockey-Weltmeister und Mitgründer des Verbunds der Kölner Athleten, etablieren. „In Düsseldorf besteht eine ganz andere Wertschätzung für die Sportler“, sagt Oruz gegenüber dieser Zeitung. „Aber bei der Stadt Köln war bisher niemand gewillt, sich der Sache anzunehmen und das Ganze auf die Agenda zu schreiben.“

Nach den Olympischen Spielen wäre aus Sicht von zahlreichen Top-Sportlern aus Köln also eine gute Gelegenheit, die Förderung auszubauen, zumal sich die Bundesregierung kürzlich dazu bekannt hat, sich für die Austragung der Olympischen Spiele bewerben zu wollen. „Wir sind noch längst nicht 
so weit, dass die Athleten sich voll auf den Sport konzentrieren können“, sagt Oruz. „Doch das muss unser Ziel sein, da Sportler anderer Nationen längst in einer solchen Situation sind.“

Sportministerin Nancy Faeser unterzeichnete im Beisein von DOSB-Präsident Thomas Weikert (r.) und dem DOSB-Vorstandsvorsitzenden Torsten Burmester jüngst eine gemeinsame Erklärung für eine Olympia-Bewerbung Deutschlands.
 | Foto: DOSB / Picture Alliance
  • Sportministerin Nancy Faeser unterzeichnete im Beisein von DOSB-Präsident Thomas Weikert (r.) und dem DOSB-Vorstandsvorsitzenden Torsten Burmester jüngst eine gemeinsame Erklärung für eine Olympia-Bewerbung Deutschlands.
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Am Medaillenspiegel ablesbar

Entsprechend groß seien die Vorteile bei den Anderen, was sich an den Medaillenspiegeln von Paris und den letzten beiden Spielen ablesen lasse. Und tatsächlich: Die Bilanz des deutschen Teams liest sich von Olympiade zu Olympiade schlechter. Auch in Paris hat Deutschland weniger Medaillen geholt als vor drei Jahren bei den Spielen in Tokio. „Wir dürfen nicht mehr warten“, sagt Oruz deshalb. „Wir 
müssen jetzt etwas ändern, nicht erst vor den nächsten Olympischen Spielen.“ Ansonsten würden sich die Situationen weiter verschlechtern und sich Talente gar nicht erst für den Leistungssport entscheiden.

Die Folge wäre eine noch schwächere Medaillenbilanz – aus Kölner wie auch aus gesamtdeutscher Sicht.

Redakteur/in:

EXPRESS - Die Woche - Redaktion aus Köln

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