800 Jahre Dürscheid
Das Rätsel um die alte Mühle
Kürten/Dürscheid - In diesem Jahr hätte Dürscheid ein Jubiläum feiern können, sein
inoffizielles 800-jähriges Bestehen. Inoffiziell deshalb, weil sich
die Historiker beziehungsweise Heimatforscher nicht einigen können,
um welches Dürscheid es sich handelt, das 1217 urkundlich erwähnt
wurde.
Graf Adolf III. von Berg bestätigte urkundlich eine Schenkung seines
Vaters der Mühle in Dürscheid an die Johanniter im Jahre 1217. Die
Urkunde, die im Landesarchiv in Düsseldorf aufbewahrt wird, gibt
keine Auskunft darüber, um welches Dürscheid es sich handelt.
Handelt es sich dabei um eine Mühle in der Gemeinde Kürten, die
heute nicht mehr existiert und an der Stelle stand, wo sich seit 1770
die Dürscheider Hütte befindet oder war es eine Mühle in Dürscheid
zwischen Lützenkirchen und Burscheid.
Marie-Luise Mettlach, 1935 in Köln geboren, hat Germanistik,
Geschichte und Kunstgeschichte studiert. Sie lebt in Burscheid und hat
mehrere Bücher zu heimatgeschichtlichen Themen veröffentlicht, unter
anderem „Dürscheid: Ein Ort mit eigenem Charakter“. Hier schreibt
sie: „Dürscheid ist ein alter Ort. Die erste Erwähnung stammt aus
dem Jahre 1202. ….. Die Dürscheider Mühle, die 1217 in einer
Schenkungsurkunde des Grafen Adolf von Berg erstmalig erwähnt wird,
gibt es dagegen heute noch.
Das unter Denkmalschutz stehende ehemalige Mühlengebäude stammt in
seiner ursprünglichen Form allerdings aus dem Jahre 1775.“ In einer
Fußnote weist Mettlach darauf hin, dass eine Mühle bis 1775 nicht
mehr erwähnt wird und bezweifelt deren Existenz im Jahre 1217, da
auch die Ploennies-Karte keine Angaben enthält.
R. Engelhardt, A. M. Frese, S. Wurmbach teilen diese Ansicht in der
Broschüre „Mühlen an Burscheider Bächen“ aus dem Jahre 2009 und
verweisen auf die Inschrift an der Mühle „Henrichs Wirtz und
Rütger Wirtz gebrüder von bornheim haben diese Neu erbaute Mühle
hiehin laßen setzen. Sign. Wirtzmühl den 21. Aug. 1775“ und auch
auf die Karte von Ploennies.
Erich Philipp Ploennies, Mathematiker, Baumeister und Kartograph, hat
im Auftrag des Kurfürsten Johann Wilhelm das Herzogtum Jülich-Berg
vermessen (Topographie des Herzogtums Berg, 1715). Er hat mit Karte
und Text ein vielseitiges Bild der Landschaft des beginnenden 18.
Jahrhunderts dargestellt. Er zeichnete Dürscheid als „Vollhof“ in
die Karte des Amtes Miselohe.
Aber auch im hiesigen Dürscheid bei Kürten schien es 1715 keine
Mühle gegeben zu haben, denn Ploennies hat sie in seiner Karte nicht
eingezeichnet. Und auch hier wurde von 1217 bis 1824 keine Mühle mehr
erwähnt.
Der Dürscheider Heimatforscher Kunibert Förster hat sich intensiv
mit dem Thema auseinandergesetzt. Förster lebt seit 1980 in
Dürscheid. Der Diplom-Ingenieur hat sich nach seiner Pensionierung
der Erforschung der lokalen Geschichte verschrieben.
Er ist Mitglied des Geschichtsvereins für die Gemeinde Kürten und
Umgebung, war langjährig im Vorstand des Vereins tätig und hat
mehrere Beiträge in den Kürtener Schriften veröffentlicht. Er ist
der Meinung, dass es sich bei der in der Schenkungsurkunde erwähnten
Mühle in Dursgeidhe, um das heutige Dürscheid in der Gemeinde
Kürten handelt.
Als Ursprung des Ortes Dürscheid gilt ein einzelnes Gehöft,
entstanden gegen Ende des 10. Jahrhunderts, mit dem Namen Dursen oder
Dursten. Es war ein Lehnshof des freiadeligen Stiftes St. Maria im
Kapitol zu Köln.
Die 1217 urkundlich erwähnte Mühle könnte dort gestanden haben, wo
sich seit 1770 die Dürscheider Hütte befindet. Der Standort lag am
Kurfürstenweg, einem bedeutenden Parallelweg zum Heerweg, der sich
für die Anlage einer Mühle geradezu anbot.
Das Fehlen eines Eintrages könnte darauf hindeuten, dass die Mühle
schon über Jahrhunderte nicht mehr existierte, so dass lediglich
Reste der Anlage im Gelände vorhanden waren. Generalmajor Karl
Freiherr von Müffling, der nach dem Befreiungskrieg die von Napoleon
in Auftrag gegebene Kartographierung des Rheinlands im Auftrag der
preußischen Regierung von 1817 bis 1828 fortsetzte, zeichnete 1824 in
seine Karte die Eisenhütte ein und hat neben die Bezeichnung „Petri
Pauls Eisenhütte“ ein Mühlensymbol gesetzt.
Dieses Symbol wäre ein Hinweis auf die Reste der 1217 genannte
Mühle, denn Mühlensymbole gibt es lediglich in Verbindung mit
Hämmern, die von Wasserrädern angetrieben wurden. Die Kombination
mit einer Eisenhütte ist unüblich.
Weitere Schenkungen in der Region unterstützen die Ansicht Försters.
Der Sohn Adolfs von Berg, Engelbert, Graf von Berg und Erzbischof von
Köln, schenkte den Johannitern wenige Jahre später den Büchelter
Hof in Herkenrath. Ritter Dietrich von Dorendorp übertrug 1224 den
Johannitern das Patronatsrecht über die Pfarrkirche von Herkenrath.
Nach und nach erwarben die Johanniter weitere Höfe in Dürscheid und
Umgebung, um 1300 ein Gut in Steeg. Zu diesem Zeitpunkt stand mit
großer Wahrscheinlichkeit der romanische Kirchturm, dessen Holzbalken
laut Altersbestimmung aus dem Jahre 1280 plus/minus 40 Jahre stammen.
1351 wurde das Kirchspiel Dürscheid, also die Pfarrei, erstmals in
einer Urkunde erwähnt.
„Da die Herren von Berg schon Anfang des 13. Jh. in Bensberg
ansässig waren und neben Herkenrath auch Dürscheid immer schon zu
Bensberg gehört hat, ist es auch sehr wahrscheinlich, dass der
Bergische Graf eine Mühle aus dieser Region an die Johanniter
verschenkte. Nach meinem Dafürhalten, auch wegen Dürscheids
vielfältiger Verflechtungen mit den Johannitern, die über
Jahrhunderte das indirekte Patronats- oder Kollationsrecht über die
Dürscheider Kirche, als Filialkirche Herkenraths ausübten, kann es
sich nur um unser Dürscheid handeln,“ so Kunibert Förster.
Es ist Anfang Dezember, das Jahr ist fast vorbei und die Gelegenheit
das 800-jährige Jubiläum zu feiern, ist verpasst. Die Entscheidung,
ein Datum für das 850-jährige Jubiläum festzulegen und auch ein
Fest zu veranstalten, liegt nun bei den folgenden Generationen.
- Gabriele Wisskirchen
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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