Die finanzielle Basis ist hauchdünn
Tierheime in Nöten!
von Ute Roggendorf
Region. Der Tierschutzverein Rhein-Berg hat die Reißleine gezogen und seine Verträge über die Fundtierpauschale fristgerecht zu Ende 2023 gekündigt. Eine kostendeckende Bewirtschaftung des Tierheims Kürten-Weier sei kaum mehr möglich, vor allem seit der aktuellen Preisexplosion. Seit 2010 gab es keine Anpassung der Pauschale mehr, sie ist somit längst überfällig.
Die Unterbringung von Fundtieren ist per Gesetz Aufgabe der kreisangehörigen Städte und Gemeinden. In der Regel schließen sie dafür Verträge mit den ortsansässigen Tierschutzvereinen und zahlen ihnen eine Pauschale. Die Südkommunen kooperieren seit Jahren mit dem Tierschutzverein Rhein-Berg. Die Neugestaltung ihrer Verträge haben viele bereits in die Haushaltsplanungen für 2024 aufgenommen. Damit zeigen sie, dass sie sich der Dringlichkeit durchaus bewusst sind. Sie gehen von Preissteigerungen für eine tierschutzgerechte Unterbringung, für die Versorgung und die medizinische Betreuung der Tiere und den Unterhalt des Hauses aus. Aktuell laufen die Verhandlungen zwischen dem Tierschutzverein und den Ordnungsämtern, in die auch das Veterinäramt des Kreises eng eingebunden ist.
Die Realität
Ein schmales Budget ist Realität für die meisten Tierheime, die in Eigenregie von Tierschutzvereinen geführt werden. In der Regel sind die laufenden Kosten höher als die Einnahmen (Mitgliedsbeiträge, Vermittlungsgebühren). Daher sind die Tierheime auf Spenden, Sponsoren und ehrenamtliche Mitarbeit angewiesen. Außerdem stehen bei vielen Heimen Sanierungs- oder Umbauarbeiten an. Allenfalls die großen städtischen Tierheime mögen besser dastehen. In Deutschland gibt es rund 740 örtliche Tierschutzvereine mit 550 Tierheimen bzw. Auffangstationen. Sie sind in 16 Landesverbänden im Deutschen Tierschutzbund organisiert. In den Tierheimen landen jährlich etwa 350.000 Tiere, die ein liebevolles Zuhause suchen.
Ein Bild der Lage zeichnete der Vorstand des Tierschutzvereins Wipperfürth: Der Anteil an Fundtieren macht in seinem Tierheim am Kaplansherweg rund die Hälfte der 450 Bewohner aus. Für sie muss eine Quarantänestation und ein Wohnquartier vorgehalten werden. „Glücklicherweise finden rund 95 Prozent der gefundenen Hunde wieder zurück zu ihren Besitzern. Bei Katzen ist das leider nicht so. Viele sind nicht angemeldet, so dass sich der Besitzer nicht ermitteln lässt."
Die Fundtiere kommen aus den Gemeinden Wipperfürth, Marienheide, Lindlar und Engelskirchen. Auch hier hat es seit 2011 keine Erneuerung der Verträge gegeben. Die Umsetzung neuer bürokratischer Vorschriften und die Vorbereitung des 40-jährigen Jubiläums hatten viel Zeit verschlungen. Und dann kam Corona. Mit den vier Gemeinden gibt es inzwischen eine Verständigung zur Erhöhung der Pauschalen, die nach Einwohnerzahl berechnet wird: Statt 50 bis 75 Cent gibt es nun 1 Euro bis 1,30 Euro pro Einwohner im Jahr.
In Wipperfürth ist das Futter nicht der Preistreiber: „Wir freuen uns über regelmäßige Sachspenden, so dass wir nur Spezialfutter für kranke Tiere zu kaufen brauchen." Es sind vor allem die aufgrund des Mindestlohngesetzes gestiegenen Lohnkosten. Das Tierheim ist auf Ehrenamtliche angewiesen, die die neun Mitarbeiter*innen unterstützen. Außerdem herrscht bei Tierpfleger*innen ein großer Fachkräftemangel. Zu Buche schlagen außerdem die Kosten für tierärztlichen Behandlungen, denn Ende letzten Jahres wurde die Tierärztegebührenordnung (GOT) neu gefasst und die Gebührensätze pauschal um zwölf Prozent und das Entgelt für Beratungstätigkeit um 30 Prozent angehoben.
Hohe Kosten verursacht in Wipperfürth auch der Energiebedarf: Trotz eigener Photovoltaik-Anlage auf dem Dach muss Strom zugekauft werden für Licht, vor allem aber für den Betrieb der großen Wasch- und Spülmaschinen des Heimes. Der alte Bauernhof ist zudem energetisch nicht optimal. „Über kurz oder lang müssen wir das ändern, denn unser Gaspreis hat sich vervierfacht."
In Wipperfürth freut man sich über die große Spendenbereitschaft der rund 280 Mitglieder im Tierschutzverein, einige davon sind Firmenmitgliedschaften. Zudem kommt die Gebühr für vermittelte Tiere dem Tierheim zugute. „Aber davon allein könnten wir das Tierheim nicht finanzieren", sagt der Vorstand. Die Abkommen, Fundtiere zu beherbergen und zu versorgen, sind somit wichtiger Bestandteil für die Wirtschaftlichkeit eines Tierheims dieser Art. Um ihren tatsächlichen finanziellen Bedarf zu veranschaulichen, hatten die Wipperfürther das Glück, Unterstützung durch einen Finanzberater aus dem Landestierschutzbund Niedersachsen zu finden. Er stellte pro Gemeinde die Fundtiere, die Pauschalen und die tatsächlichen Kosten dar.
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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