Lehrerausbildung ohne Schüler?
Unterrichten in außergewöhnlichen Zeiten
Marienheide - Erster Schultag für drei neue Referendare an der Gesamtschule
Marienheide. Freundlich werden sie von den Ausbildungsbeauftragten der
Schule, Petra Petri und Mathias Deger, sowie Schulleiter Wolfgang Krug
empfangen. Ihnen wird die Schule mit den zahlreichen Klassen- und
Fachräumen gezeigt, die Schlüssel werden übergeben und die drei
jungen Frauen werden mit den sonstigen schulischen Gegebenheiten
vertraut gemacht.
Alles ist gut vorbereitet nur etwas fehlt: die Schüler, die es zu
unterrichten gilt, sowie die Lehrer, von denen man etwas lernen soll.
Die Schule ist coronabedingtseit Wochen geschlossen. Wie soll da eine
qualifizierte Ausbildung für die neuen Lehramtsanwärter stattfinden?
Eine Situation, für die Petri und Deger noch am richtigen Konzept
arbeiten, und die sie zum Improvisieren zwingt.
Zum Glück sind einige wenige Abschlussklassen (Q1 und 10er Klassen)
noch da, die in der Schule unterrichtet werden. Einige wenige Lehrer
des über 100-köpfigen Teams der Gesamtschule Marienheide sind
täglich in der Schule, bei denen die Referendare zunächst
hospitieren und bald hoffentlich erste eigene Unterrichtserfahrungen
sammeln können.
Für eine qualifizierte Ausbildung ist das jedoch viel zu wenig. Das
wissen auch Petri und Deger. Also werden Kolleginnen und Kollegen
gesucht, die die Anfänger mit in ihren Online-Unterricht nehmen. Aber
auch hier ist es für die Lehramtsanwärter schwierig, reale
Unterrichtserfahrungen zu sammeln, läuft doch der Distanzunterricht
unter völlig anderen Bedingungen ab als der normale Unterricht.
Man sieht die Schüler in der Regel am PC nicht und lernt, wenn
überhaupt, nur ihre Namen und ihre Stimmen kennen.
Viele im normalen Unterricht durchgeführte Methoden und Interaktionen
sind am PC nicht möglich und können nicht geübt werden. Die
Kontrolle des Gelernten seitens der Ausbilder ist nur schwer möglich.
Examensprüfung
Mathias Deger erinnert sich an die letzte Examensprüfung des letzten
Durchgangs. Hier konnte eine Unterrichtsstunde wegen fehlender
Schüler nur simuliert werden: Vorne stand die Lehrerin, hinten saßen
die Prüfer. Dazwischen die leeren Bänke mit Namensschildern der
Schüler darauf.
Die Referendarin begrüßte die nicht vorhandenen Schüler und
simulierte etwa 40 Minuten lang jeweils die möglichen Reaktionen der
Schüler. Eine skurrile Situation, die wenig mit der Realität zu tun
hatte und der Refe-
rendarin ein Höchstmaß an Konzentration abverlangte.
Der letzte Referendardurchgang hatte seine Ausbildung unter normalen
Bedingungen mit Schülern und Lehrern beginnen können, aber dann ohne
Schüler beenden müssen. Jetzt ist die Situation genau umgekehrt:
Jetzt sind keine Schüler und keine Lehrer da, von und mit denen man
etwas lernen könnte.
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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