Paten gegen das Vergessen
Berufskolleg Ehrenfeld stiftet Stolpersteine in Neuehrenfeld
Ehrenfeld - (cb). Sie sind kleine mahnende Denkmäler gegen das Vergessen.
Hundertfach verlegt auf Gehwegen vor Häusern in Köln. Die
Stolpersteine sind ein Projekt des Künstlers Gunter Demnig, das im
Jahr 1992 begann. Mit im Boden verlegten kleinen Gedenktafeln soll an
das Schicksal der Menschen erinnert werden, die in der Zeit des
Nationalsozialismus verfolgt, ermordet, deportiert, vertrieben oder in
den Suizid getrieben wurden. Bis heute hat Demnig über 70.000 solcher
Gedenktafeln in ganz Europa verlegt.
Nun befinden sich auch in Neuehrenfeld, vor dem Haus Liebigstraße
155, sieben solcher Stolpersteine. Sie erinnern an das Schicksal der
jüdischen Familie Kempler, die von den Nationalsozialisten 1939 nach
Polen ausgewiesen wurde und dort in das Ghetto Nowy Sacz kam. Fünf
Familienmitglieder wurden in Polen vermutlich im Rahmen der „Aktion
Reinhardt“ 1942 ermordet. Von den sieben Personen haben nur zwei
überlebt, nämlich Frieda und Isaak Kempler. Isaak Kempler wurde in
verschiedenen Arbeitslagern und Konzentrationslagern zur Zwangsarbeit
verpflichtet, konnte aber unter unbekannten Umständen die NS-Zeit
überleben. Frieda Kempler floh 1939 nach Antwerpen, nach dem
Einmarsch der Wehrmacht in Belgien 1940 nach Frankreich und konnte
sich bis 1944 verstecken. Nach ihrer Verhaftung im August 1944 folgten
Gefängnis und Zwangsarbeit und im Februar 1945 die Deportation ins KZ
Theresienstadt. Dort wurde sie am 8. Mai 1945 von der Roten Armee
befreit.
Ermöglicht haben die Verlegung der sieben Stolpersteine die
Schülerinnen und Schüler des Berufskollegs Ehrenfeld. Sie erliefen
beim Spendenlauf im vergangenen Sommer den Großteil der Kosten für
drei der Stolpersteine. Den restlichen Betrag spendete der
Förderverein des Berufskollegs Ehrenfeld. Vier weitere Steine wurden
von den Familien Backhaus und Hollenbeck aus Ehrenfeld gestiftet. In
einer bewegenden Zeremonie gedachten rund 120 Schüler des
Berufskollegs mit ihren Lehrern und die beiden Stifterfamilien der
Familie Kempler. Extra zur Verlegung aus New York (USA) angereist
waren auch der Sohn der Überlebenden Frieda Kempler, Darryn
Weinstein, und seine Frau Amy. Am Tag der Verlegung wäre Frieda
Kempler 95 Jahre alt geworden. Die Schülerinnen und Schüler lasen
selbst erarbeitete Texte, in denen sie sich an die einzelnen
Biografien der Familienmitglieder annäherten. Auch Ehrenfelds
Bezirksbürgermeister Josef Wirges nahm an der Verlegung der
Stolpersteine teil. Das NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln, das
die Schicksale der ermordeten Opfer recherchiert und Patenschaften
für die Herstellung und Verlegung der Stolpersteine vermittelt,
schlug dem Arbeitskreis Demokratiepädagogik am Berufskolleg Ehrenfeld
Steine zum Gedenken an die Familie Kempler vor. Im Anschluss an die
Verlegung fand in der Aula des Berufskollegs Ehrenfeld ein
Zeitzeugengespräch mit dem Sohn von Frieda Kempler statt.
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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