Gewalttäter oder gewaltige Helden?
Schüler zeigen Nibelungenlied in Theaterszenen

Treue, Macht, Tod anstatt Loyalität, gerechte Gewaltenteilung und Freiheit: Schüler des Berufskollegs an der Lindenstraße setzten sich mit dem Legendenstatus der Nibelungensaga auseinander. | Foto: ha
  • Treue, Macht, Tod anstatt Loyalität, gerechte Gewaltenteilung und Freiheit: Schüler des Berufskollegs an der Lindenstraße setzten sich mit dem Legendenstatus der Nibelungensaga auseinander.
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Innenstadt - (ha) Taugt das Nibelungenlied als mittelalterliches Heldenepos zur
Identifikation mit der Gesellschaft des 21. Jahrhunderts? Und wie
steht es um die Freiheit der Frau 101 Jahre nach dem erstmaligen
Wahlrecht in Deutschland? Diesen Kernfragen gingen mehr als 60
Schüler der Literaturkurse am Berufskolleg an der Lindenstraße nach.
Unter der Regie von Lars Lamers, Irene Martschukat und Luzia Tallon
arbeiteten die angehenden Absolventen des Wirtschaftsgymnasiums sechs
Monate an einer kritischen Umsetzung der klassischen Sage um
Drachentöter Siegfried, seinen späteren Mörder Hagen von Tronje
sowie den im Beziehungsgeflecht konkurrierenden Kriemhild und
Brünhild. Als zentralen Aspekt beleuchteten die Schüler dabei die
Stellung der Frau und transferierten die Story in die Gegenwart, die
nach wie vor von Patriarchaten bestimmt wird.

„Der Stoff ist nach wie vor aktuell, nicht zuletzt in der
Unterhaltungsindustrie, wie etwa die Popularität der Fantasy-Serie
‚Games Of Thrones‘ beweist. Machtansprüche und Gewalt sind dort
wesentliche Faktoren. Wir wollten, unabhängig von der Thematik,
bewusst ein Action-Stück auf die Bühne bringen, das im Zeichen von
Bewegungsszenen steht und die Dynamik der ‚MeeToo-Proteste‘
aufgreift“, berichtet Lehrerin Irene Martschukat.

„Leider ist Gewalt gegen Frauen alltäglich. Aber an unserer Schule
sehe ich das nicht so. Im Gegenteil, wird Respekt hier groß
geschrieben“, erklärt Darsteller Malte (18). Mitschülerin Sonja
bestätigt die Wahrnehmung ihres Ensemblekollegen, registriert jedoch
auch Bemerkungen, die Klischees bemühen: „Da gibt es immer noch
Aussprüche wie ‚Frauen gehören in die Küche‘ oder ähnliches.
Vielleicht ist das auch nur ironisch gemeint, aber ich finde, dass
‚MeeToo‘ definitiv eine Berechtigung hat und eine unglaublich
wichtige Bewegung ist, denn da draußen gibt es noch viele Männer,
die komplett falsche Vorstellungen haben. Frauen sind stärker als
‚Mann‘ denkt“, so die 18-Jährige.

In ihrem Fazit wandten sich die jungen Akteure gegen Sexismus und
überkommene Heldenmythen, die Konflikte mit Schwert, Lanze oder
Kugeln lösen.

Redakteur/in:

RAG - Redaktion

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