Holocaust-Gedenkfeier in Nümbrecht
Oberbergische Gedenkfeier im Rathaus der Gemein ...
Nümbrecht - Der 27. Januar ist ein besonderes Datum in der deutschen Geschichte.
An diesem Tag wird im Zusammenhang mit der Befreiung des
Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz vor jetzt 75 Jahren
an die Opfer des Nationalsozialismus gedacht. Zur zentralen
Gedenkfeier hatten der Freundeskreis Nümbrecht- Mateh Yehuda und die
Gemeindeverwaltung ins Rathaus geladen, das dem Anlass geschuldet bis
auf den letzten Platz besetzt war.
„So viele Menschen hatten wir noch nie hier“, wertete
Bürgermeister Hilko Redenius die riesige Resonanz als ein
eindrückliches Zeichen gegen das Vergessen der
nationalsozialistischen Bestialität.
Im Mittelpunkt der Zusammenkunft stünde nicht die Anklage, sondern
die Klage über den Tod von mehr als sechs Millionen NS-Opfern und die
Erinnerung an das unsägliche Leid. „Wir dürfen unsere Geschichte
weder vergessen noch verdrängen, sondern sollten sie als dringende
Mahnung begreifen, dass sich antisemitische Ansätze nicht
ausweiten“, riet er mit Blick auf die aktuelle gesellschaftliche
Situation.
Einen sehr persönlichen Einblick in seine Erfahrungen, Gefühle und
Gedanken, gestattete Hollenberg-Gymnasiast Malte John, der im Rahmen
der Gedenkstättenfahrt der Stufe 11 das KZ- Ausschwitz-Birkenau im
vorigen Jahr besuchte.
„Beim Anblick der Baracken, des Erschießungsplatzes, unterirdischer
Zellen, der Selektionsrampe und der Gaskammern fühlte ich Leere „,
berichtete der Oberstufenschüler, dem nicht nachvollziehbaren
Schrecken nur mit innerer Distanz getrotzt zu haben. Als unmittelbares
Erleben und überwältigenden Moment hingegen, beschrieb er die
Bildergalerie unzähliger Portraitfotos ehemaliger Häftlinge, in der
Namen und Daten Auskunft über deren menschliche Schicksale gaben. Aus
den schier unfassbaren Zahlen und Fakten des Krieges traten hier
unmittelbar einzelne Menschen mit Träumen und Zukunftsplänen hervor,
die rücksichtslos zunichte gemacht wurden.
„Ich war vieles, war traurig, überfordert, aber vor allem tief
beeindruckt“, legte der Schüler sein nachhaltiges Empfinden des
Erlebten dar.
„Ich bin heute auf Bitten meiner Freundin Marion Reinecke über
meinen Schatten gesprungen“, unterstrich Jeanette Hoffmann, die
überhaupt erst zum zweiten Male öffentlich über die Vergangenheit
ihrer jüdischen Familie redete.
Als Tochter der Auschwitz-Überlebenden Erna Hoffmann schilderte sie
das grauenhafte Erleben der Mutter, die in Block 10, mit 800 weiteren
Jüdinnen, vom SS-Arzt Carl Clauberg als „menschliches
Versuchsmaterial“ für Massen-Sterilisationen missbraucht wurde.
Gegenüber SS-Reichsführer Heinrich Himmler rühmte sich Clauberg,
mit entsprechender Ausstattung und Personal bis zu 1.000 Frauen pro
Tag sterilisieren zu können.
Als eine von 300 Überlebenden musste Erna Hoffmann danach den
Todesmarsch nach Bergen-Belsen antreten, wo sie im April 1945 von den
Briten befreit wurde.
„Meine Mutter hat gegen den Verbrecher Clauberg gesiegt“,
unterstrich die emotional bewegte Jeanette Hoffmann, die nach
glücklicher Rückkehr des Vaters, im August 1946 das Licht der Welt
erblickte.
Wie sehr jüdisches Leben in Deutschland auch heute wieder bedroht
ist, veranschaulichte Marion Reinecke als Vorsitzende des
Freundeskreises Nümbrecht-Mateh Yehuda.
Sie wies auf die massiven Beschimpfungen und antisemitischen
Schmähungen gegenüber dem Rabbiner der Kölner Synagogengemeinde,
Rabbi Yechiel Brukner hin.
„Dass sie so zahlreich hier erschienen sind, macht Mut, denn jeder
Einzelne ist wichtig, damit sich Geschichte nicht wiederholt“.
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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