Gedenkfeier auf dem jüdischen Friedhof
Wunden müssen offen bleiben
Nümbrecht - Über zweihundert Teilnehmer versammelten sich an der Gedenkstätte am
jüdischen Friedhof, in Erinnerung an die Progromnacht am 9. November
vor 80 Jahren, an die Nürnberger Gesetze von 1935 und an die
Wannseekonferenz vom Januar 1942.
Ein „Gebirge menschlichen Leids“ nannte es einst Friedrich von
Weizäcker. Eingeladen hatten der Verein für Christlich-Jüdische
Zusammenarbeit Oberberg, der Freundeskreis Nümbrecht/Mateh
Yehuda-Megliot, der Freundeskreis Wiehl/Jokneam und die Gemeinde
Nümbrecht.
Nach der Begrüßung durch Bürgermeister Hilko Redenius erinnerte
Superintendent Pfarrer Jürgen Knabe an die furchtbaren Verbrechen in
der Zeit des Nationalsozialismus. In seiner eindringlichen Ansprache
appelliert er an die moralische Kraft und die Mitmenschlichkeit eines
Jeden und mahnt, dem Vergessen entgegenzuwirken. Er erinnert an die
jüdischen Familien, die vor 80 Jahren aus dem Ort verschleppt und
umgebracht wurden. Sein Ausdruck „klirrende Vorboten an der Hölle
der KZs“ lassen erahnen, was in einer Progromnacht an Hass und
Zerstörung geschehen sein muss und erinnert auch an die damalige
Hetzrede Josef Göbbels.
Angesichts heutiger verbaler Attacken vieler AFD Politiker, und deren
Anhänger stellt er die Erinnerungskultur in Frage und weist auf eine
neue Art etischer Eruption in unserer Gesellschaft hin, der es gilt
etwas dagegen zu setzen. „Was darf in unserem Zusammenleben nicht in
Frage gestellt werden?“ Unsere Basis seien die Menschenrechte,
Freiheit ohne Unterschied auf die Glaubensrichtung, Herkunft oder
Geschlecht.
Wir müssen uns einsetzen, für ein freiheitliches Miteinander aller
Menschen. Jürgen Knabe steht in seiner Rede auf gegen jede Form von
Diskriminierung. Es gelte ein „Doppelgebot der Liebe“ was heiße,
beide Religionen Christen und Juden gehen gemeinsam im Namen der
Menschlichkeit. Wer die Menschen liebe, könne nur im Recht sein. Man
könne Vergangenheit nicht rückgängig machen, aber die Gettos, die
heute noch in den Köpfen vieler Menschen existierten, müssen
aufgelöst werden.
Die Wunden müssen offen bleiben, es sei schmerzlich aber geboten. Er
ruft auf, Mut zu beweisen und miteinander zu diskutieren. Begleitend
zur Gedenkfeier stellten Schülerinnen und Schüler des
Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasiums Wiehl zwei jüdische Künstler vor, in
deren Werke sie sich eingearbeitet hatten und diese einfühlsam
interpretierten. Ein klangvoller musikalischer Beitrag wurde von Udo
Göckel geleistet. Marion Reinecke vom Freundeskreis Wiehl/Jokneam
verlas das Kaddisch, ein Gebet für die Verstorbenen. Gedenken und
Kranzniederlegung gestaltete die Oberbergische Gesellschaft für
christlich-jüdische Zusammenarbeit mit Frank Norbeteit, Wolfgang
Birkholz und einem Wortbeitrag Pastor Peter Muskolus.
- Nadja Schwendemann
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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