Interview mit der Vorsitzenden der Overather Tafel
Neue Herausforderungen

Hildegard Schönenborn ist Vorsitzende der Overather Tafel. Foto: Overather Tafel/bvo
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  • hochgeladen von Angelika Koenig

Frage: Deutschland erwartet aktuell bis zu eine Million Flüchtlinge aufgrund des russischen Angriffs auf die Ukraine. Sind sie in Overath auf neue Kunden eingerichtet?
Schönenborn: Selbstverständlich hat sich auch die Overather Tafel sofort mit der neuen Situation auseinandergesetzt. Und wir haben bereits die ersten Menschen, die alles zurücklassen mussten, traumatisiert sind und nur durch die Flucht ihr Leben retten konnten, in unserer Tafel versorgt. Die Zahl unserer Kunden wird deutlich steigen, das ist uns bewusst und das wird alle unsere Kräfte fordern.
Deshalb bitten wir die Bürger um eine gemeinsame Kraftanstrengung. Wer etwas Gutes tun will, kann uns gerne Lebensmittel spenden, die wir dann sofort an alle Bedürftigen weitergeben. Und natürlich sind wir auch den Lebensmittelgeschäften oder Bäckereien in Overath und den umgebenden Gemeinden dankbar, dass sie unsere Arbeit gerade jetzt so intensiv unterstützen.
Frage: Aber ist der Aufwand für die Hilfesuchenden nicht groß, ehe sie bei den Tafeln einkaufen können? Sie benötigen doch Ausweise und Bescheinigungen.
Schönenborn: Nein, bei uns geht es sehr unbürokratisch zu. Wer an den Ausgabetagen mittwochs oder freitags zwischen 11 und 13 Uhr erstmals zur Tafel in die Dr. Ringens-Straße kommt, wird ohne Wenn und Aber mit frischen Lebensmitteln versorgt - auch ohne Ausweis. Wir wissen sehr genau, welche Sorgen und Belastungen Menschen in einer Notlage erleiden, da steht der Gedanke, zum Amt gehen zu müssen, nicht an erster Stelle. Es muss das Überleben am nächsten Tag oder der nächsten Woche gesichert werden. Für diese Soforthilfe sind wir da. Und die entsprechenden Bescheinigungen werden dann einfach nachgereicht.
Frage: Sie geben Lebensmittel nur an Berechtigte ab, warum das denn?
Schönenborn: Wir sind überzeugt, dass besonders benachteiligte Menschen unserer speziellen Hilfe bedürfen – und zwar unabhängig von Herkunft, Kultur und Religion. Natürlich ist jedes Obst, jedes Gemüse und viele weitere Lebensmittel, die nicht weggeworfen, sondern verteilt werden, sehr wertvoll. Leider ist die Lebensmittel-Nachhaltigkeit in Deutschland nicht so ausgeprägt, wie das sein müsste. Es wird viel zu viel weggeworfen. Wir sehen aber eine besondere Verpflichtung darin, die von uns bei Geschäften abgeholten Lebensmittel den Menschen zukommen zu lassen, die wirklich darauf angewiesen sind. Insofern ist das, was wir machen, praktische Solidarität und Nächstenliebe. Die über 70 ehrenamtlichen Helfer der Overather Tafel übernehmen soziale Verantwortung für Menschen in Not.
Frage: Die Corona-Pandemie dürfte auch bei der Tafel Spuren hinterlassen haben?
Schönenborn: Wir haben 2020 sehr schnell einen Weg gefunden, die Menschen auch weiterhin mit den für sie existenziell notwendigen Lebensmitteln zu versorgen, indem wir den Tafelhof unseres neuen Gebäudes zu einer Freiluft-Ausgabestelle umfunktioniert haben. Das hat von Beginn an sehr gut geklappt und sich inzwischen eingespielt. Und ich bin unseren Ehrenamtlichen sehr dankbar, dass sie nie nach den Gefahren der Pandemie gefragt, sondern immer weitergemacht haben. Das ist ein tolles Team mit viel Energie, das die Overather Tafel ausmacht. Und wenn die Pandemie hoffentlich bald Vergangenheit ist, bringen wir im Frühsommer unser Sozial-Café an den Start. Dann wird man sich in der Tafel völlig zwanglos auf einen Kaffee und ein Stück Kuchen treffen, klönen und Menschen kennenlernen können.

Redakteur/in:

RAG - Redaktion

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