Kunst in Klängen
Fassbender begeistert mit Klangkunst
Reichshof - „Ich bin ein Spieler von Beruf. Ich spiele mit allem, was ich in die
Finger kriege und was Töne erzeugt“, bekennt sich der Hermesdorfer
Klangkünstler Jochen Fassbender zur Improvisation als Quell seiner
einzigartigen Tonschöpfungen. Schon in seiner Kindheit habe er
versucht, den verschiedensten Objekten Klänge zu entlocken.
Speziell abgestimmt auf die Exponate der aktuellen Ausstellung im
Kunstkabinett Hespert spielt der 61-Jährige mit Klöppeln auf
Kupferröhren, über deren Enden frei schwingende Glasröhren hängen
und den Ton verstärken. Dann reibt er mit einem Stab auf
Grünschieferplatten und ruft damit erstaunlich hohe, sphärische
Töne hervor. Ein Schlag auf einen Basaltquader liefert den dazu
harmonierenden Kontrabass.
Oder er streicht mit den Fingern an den Stäben einer Metallharfe
entlang und erzeugt damit eine überirdisch klingende Melodie: „Wenn
ich das Kindern vorspiele, sagen sie häufig: Die Sterne singen.“
Ein besonderes Instrument ist sein Quarzröhrenspiel, über das er mit
angefeuchteten Fingern gleitet und das anders als eine Glasharfe sehr
lange nachhallende Töne erzeugt. Zart schwingt eine frei hängende
Edelstahlplatte, über die er mit einem Geigenbogen streicht, und wird
zum Donnerschlag beim Aufprall eines großen Schlägels.
Der Instrumentenbauer und Meister der Töne taucht ganz in seine
Klangwelten ein und entlockt jedem Objekt ein ganz unerwartetes,
häufig sogar irritierendes Klangspektrum. Die an das Fenster
prasselnden Hagelkörner integriert er ebenso harmonisch in seinen
Vortrag wie er einige Zuhörer zum Finale bittet, mit ihm gemeinsam
auf den im Raum verteilten Instrumenten zu spielen.
Er genießt die Stille nach dem begeisterten Applaus: „Auch Stille
hat einen ganz individuellen Charakter. Nach einem Konzert klingt sie
ganz anders als nach einem Klageschrei.“
Unter dem Motto „Musik verbindet“ musiziert Fassbender häufiger
auch mit Flüchtlingen, die auf diese Weise Gemeinsamkeit finden und
ihre Kultur mit einbringen können. Daneben sieht er therapeutischen
Nutzen in der ursprünglichen Art des Musizierens mit Lithophonen
(Steininstrumente) für Burnout-Patienten: „Der Stein erzählt, was
nach dem Stress kommt.“ Fassbender erklärt, dass dieser Stein,
nachdem er als Lava an die Erdoberfläche kam, Millionen Jahre später
den Stress der Metamorphose erfahren hat, unter dem Druck der über
ihm lastenden Gebirge erneut umgeformt zu werden und nun befreit
klingend den geheimnisvollen Nachhall der Erdgeschichte in sich
trägt.
Parallel zu dem erstaunlichen, gänzlich ungewohnten Hörerlebnis
konnten die Besucher des Konzerts, die bis Ostermontag verlängerte
Präsentation des Kunstkabinetts zum Jahreswechsel auf sich wirken
lassen, die mit ihren mehr als 100 Exponaten von 32 Künstlern eine
der umfassendsten und beeindruckendsten Ausstellungen in der
Geschichte des Kunstkabinett Hespert darstellt.
- Michael Kupper
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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