Reichshof: Ausstellung eröffnet
Hespert fadenscheinig
Reichshof - „Lassen Sie sich von den Fäden einwickeln, und sich in die
fadenscheinige Welt dieser Ausstellung entführen“. Mit diesen
Worten überließ Dr. Linsmann-Dege die Werke der beiden
Künstlerinnen Susanne Waltermann und Carola Willbrand ihrem Publikum
im Kunst-Kabinett Hespert. Sie führte nach der Begrüßung von
Reichshofs Bürgermeister Rüdiger Gennies in die Arbeit der beiden
Künstlerinnen ein.
Ein Kleid auf einen großen Papierbogen genäht mit Ornamenten und
anderen bedeutungsvollen Details bestückt, das lässt die Handschrift
von Susanne Waltermann erkennen. Das Lochpapier hingegen, oder die
Tapete, die mit den schnellen Stichen einer Nähmaschine bearbeitet
wurden, verweist auf die Technik von Carola Willbrand.
Die in Köln lebende Künstlerin stellt zurzeit gemeinsam mit ihrer
Künstlerkollegin Susanne Waltermann ihre Werke im Kunstkabinett
Hespert aus. Waltermanns Material sind ebenfalls Nadel, Faden und
verschiedenste Bildträger. Willbrand näht mit der Maschine,
Waltermann mit der Hand. Doch nicht nur Fäden spielen eine Rolle in
der Arbeit der beiden Künstlerinnen.
Die großen Lochkarten aus der vordigitalen Zeit bilden interessante
Untergründe, Kaffeeinlets und sogar ein Röntgenbild der bereits
verstorbenen Tante Käthe werden von der Künstlerin Carola Willbrand
durch die Nähmaschine gejagt. Die Künstlerin selbst scheint so
vielschichtig wie ihre Arbeiten. Was eine Frau braucht, wenn sie durch
Köln pilgert, findet man in einem Schaukasten und eine Pelzunterhose
gehört auf jeden Fall zum Repertoire.
Tradition und Herkunft sind Carola Willbrand wichtig, woher sonst
sollte all das kommen, was man im Kopf hat? Betont die Künstlerin,
die trotz Nadel, Faden und selbst genähtem Rock nicht so recht ins
traditionelle Frauenbild passen will. Für Susanne Waltermann
hingegen, steht es scheinbar außer Frage, ihre Bildträger mit
weiblichen Kleidern zu bestücken. „Ich lege das Papier auf den
Boden, lege mich dann selbst darauf und male die Kontur um mich
herum,“ beschreibt Waltermann ihre Arbeit.
Das Nähen danach sei ein langer, intuitiver Prozess bei dem die
Wahrnehmung des eigenen Körpers eine große Rolle spiele, „und weil
ich eine Frau bin und kein Mann, deshalb sieht man Kleider auf den
Bildern und keine Hosen.“
Doch Waltermann entfernt sich zurzeit vom Figürlichen hin zu
„konzentrischen Kreisen“ wie sie eines ihrer Werke beschreibt.
Tausende von Stichen in zusammengenähten Papierstücken formen sich
zu einer schwarzen kreisförmigen Scheibe, die den Blick des
Betrachters förmlich aufsaugt.
Einen Materialisierungsvorgang nennt die Künstlerin das Wesentliche
ihrer Arbeit, eine Verdichtung von Gefühl und Vorstellung durch das
Nähen. Die Ausstellung ist im Kunst-Kabinett Hespert noch bis zum 4.
Februar 2018 zu sehen. Infos unter Tel: 0 22 65/93 00.
- Nadja Schwendemann
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.