Kunstkabinett Hespert
Wer bin ich in dieser Welt?
Hespert - „Wer bin ich in dieser Welt und wer will ich sein?“, fragt der
Gummersbacher Künstler Dieter Otten in seiner Ausstellung „abend
land“ im Kunstkabinett Hespert.
Im Dialog mit seinen Arbeiten möchte er die Besucher zu einer
philosophischen Auseinandersetzung mit sich selbst motivieren, um das
eigene „Atmen der Seele“ zu spüren: „Kunst soll nicht nur
dekorativ sein, sondern den Betrachter einladen, sich mit dem Thema
auseinander zu setzen.“
Als Hommage zu Ottens 70. Geburtstag hatten Kabinettsdirektor Franz
Bodo Gerono und Axel Müller, Vorstandsmitglied des Fördervereins,
die auf Fotografien basierenden Kunstwerke eindrucksvoll arrangiert.
Für ihn ist der malerische Aspekt vieler Arbeiten sehr wichtig:
„Ich bin begeistert von der unglaublichen Vielfalt.“ Neben den
Bildern an der Wand können zahlreiche Arbeiten in mehreren Mappen
betrachtet werden. Nachdenklich machende Gedichte und Sinnsprüche auf
Papier mit Wachs runden die Ausstellung harmonisch ab. Beim Rundgang
erschließen sich aus jedem Blickwinkel neue, unterschiedliche
Facetten. Bereits das großformatige Triptychon „Zu Schauer“ auf
der Bühne lässt den Besucher staunend innehalten. Je länger er das
Bild auf sich wirken lässt, umso mehr Details treten plastisch
hervor.
„Wir brauchen einen Anstoß“, meint der Jubilar und müssten uns
die Frage stellen, ob wir Teil einer sprachlosen Menge werden wollen.
Daneben hängt ein vielschichtiges Bild, das gleichermaßen als Ende
einer Weltreise oder als die Frage nach der Zukunft des Automobils
interpretiert werden könnte. Otten ist ein Meister der Ebenen. Die
Freude an der Kunst hat der gebürtige Essener schon von seiner
malenden Mutter und seinem fotografierenden Vater mit in die Wiege
gelegt bekommen.
Seit den 70er Jahren arbeitete er als Werbefotograf und später als
Dozent für Fotografie und neue Medien an der Kunstakademie Heimbach.
In seinen Kunstwerken vereint er all diese Bereiche zu einer
interessanten Ganzheit.Mit Tastatur und Maus schichtet und verfremdet
er ausschließlich eigene Fotografien, mischt grafische und malerische
Effekte. „Das Digitale gibt mir die Möglichkeit, spielerisch die
Ebenen zu vermischen und meine Innenwelt einfließen zu lassen.“ So
gebe es oft 30 bis 60 Versionen von einem Bild, die jeweils eine
andere Welt zeigen.
„Wenn ich mit den Fotos arbeite, verliert sich der Ursprung.“
Wichtig sei eine intuitive Herangehensweise an die Bildbearbeitung:
„Sonst geht die emotionale Aussage verloren.“ „Genauso, wie wir
unsere Umgebung beobachten, betrachten uns auch andere Menschen“,
stellt Otten fest. So sind Augen, die den Betrachter anschauen, ein
immer wiederkehrendes Motiv in seinen Arbeiten. Sie könnten eine
Brücke sein, den Blick auf das eigene Innere zu richten und seinen
Lebensentwurf zu reflektieren: „Die wahre Welt, in der ein Mensch
lebt, ist seine Innenwelt.“ Es sei unbedingt notwendig, sich selbst
wahrzunehmen und sich selbst zuzuhören.
Wegen Corona ist die Ausstellung der Öffentlichkeit derzeit leider
nicht zugänglich und wird daher voraussichtlich bis zum Sommer
verlängert. Auf www.dieterotten.de können Interessierte jedoch schon
vorab einen Eindruck von seinem Portfolio gewinnen. Otten sieht nicht
nur die Nachteile der Pandemie: „Corona kann auch ein Segen sein,
wenn wir die Zeit nutzen, richtig in uns hinein zu hören und zu
spüren, was wirklich wichtig ist.“
- Michael Kupper
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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