Viel Luft nach oben
Leichte Verbesserung für Sankt Augustin beim Fahrradklimatest
Sankt Augustin - Der Fahrradklimatest ist eine bundesweite nicht-repräsentative
Online-Umfrage, die alle zwei Jahre vom Allgemeinen Deutschen
Fahrrad-Club (ADFC) durchgeführt wird. Ziel ist es, die Stimmung der
Radfahrer im Bundesgebiet einzufangen und den Kommunen durch die
Umfrageergebnisse Verbesserungsvorschläge machen zu können. Neben
der Beantwortung von 27 Fragen gab es die Möglichkeit, in einer
zusätzlichen offenen Frage spezifische Kritik zu äußern. Für Sankt
Augustin haben 220 Personen an der Umfrage teilgenommen.
In diesem Jahr kommt Sankt Augustin auf die Note 3,93. Damit liegt die
Stadt im kreisweiten Vergleich im vorderen Mittelfeld. „Es muss aber
auch gesehen werden, dass Sankt Augustin einen Standortvorteil
besitzt, da die Topographie überwiegend flach ist“, so Peter
Lorscheid, verkehrspolitischer Sprecher des ADFC für den
rechtsrheinischen Rhein-Sieg-Kreis.
2018 lag die Bewertung Sankt Augustins noch bei 4,12. Die Stadt konnte
sich also um 0,2 Notenpunkte verbessern. Großen Einfluss auf diese
Verbesserung hatte insbesondere die Einführung des öffentlichen
Fahrradleihsystems RSVG-Bike, obwohl dieses erst während des
Befragungszeitraums eingeführt wurde. Es handelt sich hierbei um ein
interkommunales Leihsystem, dessen Konzept vom Rhein-Sieg-Kreis sowie
der Rhein-Sieg-Verkehrsgesellschaft (RSVG) ausgearbeitet wurde. Durch
die interkommunale Zusammenarbeit wurde gewährleistet, dass die
Leihräder auch über die Stadtgrenzen hinweg genutzt werden können.
Langfristig sollen möglichst alle Kommunen im Rhein-Sieg-Kreis an das
Fahrradnetz angeschlossen werden. „Eine Harmonisierung mit dem
Leihsystem der Stadt Bonn wird noch in diesem Jahr kommen“,
verspricht Rainer Gleß, Technischer Beigeordneter der Stadt Sankt
Augustin. Außerdem ist auch eine Einführung von Lastenrädern sowie
Pedelecs in der Planung.
Neben der Einführung eines öffentlichen Leihsystems wurden vor allem
die Erreichbarkeit des Zentrums sowie die Zügigkeit des Radverkehrs
am besten bewertet. Schlecht schnitten in Sankt Augustin dagegen
sogenannte „Infrastrukturthemen“ ab. Hierunter fällt neben der
Beschaffenheit der Radwege - wie Breite und Oberfläche -
beispielsweise auch der Verlauf von Radwegen im Mischverkehr mit
Autos, die Ampelschaltung für Radfahrer oder auch das
Sicherheitsgefühl. „Auffällig“, so Lorscheid, „ist hier, dass
die am schlechtesten bewerteten Punkte den Umfrageteilnehmern
besonders wichtig sind“. In der Kommentarfunktion der Umfrage
beklagen viele insbesondere die Führung von Fahrradwegen. „Ein
Punkt, der vielen aufstößt, ist die geänderte Fahrradführung an
der B 6 vorbei an der Tankstelle“, weiß Manfred Monreal,
amtierender Sprecher der Ortsgruppe Sankt Augustin vom ADFC. Durch
eine Änderung der Verkehrsführung werden Radfahrer hier aus Richtung
Hangelar kommend an der Kreuzung vor der Tankstelle auf die Straße
geführt. Grund für die Änderung waren zwei Unfälle, die sich
zwischen kreuzenden Radfahrern und auf den Parkplatz einer Bank
abbiegenden Autofahrern ereigneten. Monreal kritisiert aber, dass
Fahrradfahrer sofort auf die Fahrbahn gezwungen wurden, anstatt
zunächst Warnsignale für Autofahrer wie Schilder oder eine rote
Markierung auf dem Boden aufzustellen. Tatsächlich führt die
geänderte Verkehrsführung nun zu einer noch größeren Gefahr für
die Radfahrer: Nicht nur, dass Autofahrer nicht verstehen können,
dass sie auf der Straße unterwegs sind (schließlich ist ja eine
bauliche Trennung des Radwegs vom Fußweg noch vorhanden und für
Autofahrer dadurch erkennbar) - gefährliche Überholmanöver mit
nicht genügend Abstand sind auf Sankt Augustins meistbefahrener
Straße durch die Änderung an der Tagesordnung. Hinzu kommt, dass ein
Ortsbesuch zeigt, dass viele Radfahrer die neue Änderung gar nicht
wahrnehmen. Dies kann ihnen auch nicht vorgeworfen werden -
schließlich ist die geänderte Verkehrsführung durch den noch
bestehenden ursprünglichen Radweg mehr als verwirrend und für viele
nicht nachvollziehbar. Das Ignorieren der geänderten Verkehrsführung
führt auch zu verheerenden Folgen für die Radfahrer: Sollten sie
beim Abbiegeversuch eines Autofahrers übersehen werden, läge die
Schuld beim Radfahrer. Denn dieser hat durch die Änderung der
Verkehrsführung nicht mehr dort zu fahren. „Wir können nur hoffen,
dass hier schnell eine vernünftige Lösung gefunden wird“, so
Monreal. „So wie die Situation momentan ist, kann sie nicht
bleiben“. Konfrontiert mit der Kritik stellt Rainer Gleß in
Aussicht, dass langfristig ein Umbau der B56 erfolgen wird. Wann dies
aber der Fall ist, sei noch nicht absehbar.
Ein weiterer Punkt, der in der Kommentarfunktion oft genannt wird, ist
der Wunsch nach einer Verstärkung von Pendlerrouten. Hiermit befasst
sich zurzeit der Mobilitätsausschuss der Stadt in Zusammenarbeit mit
umliegenden Kommunen.
Als weiteres Projekt der Verbesserung des Radverkehrs ist die
Errichtung einer Fuß- und Radwegbrücke über die Sieg zwischen Sankt
Augustin und Troisdorf in Planung. Hierdurch soll die Verbindung der
beiden Städte für Fußgänger und Radfahrer verbessert werden.
Optimal wird die Lösung aber auch dann nicht sein - die gewählte
Breite von drei Metern ist für Rad- und Fußverkehr aus beiden
Richtungen nicht ausreichend. Im Übrigen führt die gewählte Stelle
dazu, dass auf Troisdorfer Seite am Ende der Brücke ein 90
Grad-Winkel gefahren werden muss, um wieder auf den Radweg zu kommen.
„Wir hätten uns eine Verschiebung der Brücke gewünscht, dann
hätte man die Radfahrer sanfter wieder auf den Radweg führen
können“, so Monreal. Da der Baubeginn dann aber aufgrund der
demnächst ebenfalls entstehenden Brücke für die Bahnlinie S13
hätte verschoben werden müssen, hat man sich dagegen entschieden.
Wer selbst Verbesserungsvorschläge oder Kritik zur Situation der
Radwege und Fahrradstrecken in Sankt Augustin hat, kann sich bei
Ulrich Kalle von der Stadt Sankt Augustin unter 02241-243726 melden.
- Bianca Gaebel
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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